„Wir Bürger“-Fraktionen geschrumpft
Im Stadt- und im Ortsrat Völklingen gibt es Ärger in den „Wir-Bürger“-Fraktionen. Im Stadtrat profitieren davon die Freien Wähler. Auch von den Grünen gibt’s Neues – die Hintergründe.
„Namen sind Nachrichten“, heißt es in der Journalisten-Branche – was besonders dann gilt, wenn es personelle Wechsel im lokalpolitischen Gefüge gibt. Im Völklinger Stadtrat hat Manfred Becker die Fraktion „Wir Bürger Völklingen“verlassen und ist der Fraktion „Freie Wähler“beigetreten. Im Ortsrat Völklingen hat Frank Ames „Wir Bürger“verlassen und ist jetzt fraktionsloses Ratsmitglied.
Im Stadtrat hat damit die „WirBürger“-Fraktion nun acht statt bisher neun Sitze, die Freien Wähler drei statt zwei, was deren Position in Bezug auf die Besetzung der Ratsausschüsse verbessert. Die beiden weiteren Mitglieder der Fraktion sind Berthold Annel (Freie Wähler) und Denise Baldauf (FDP).
Den Austritt von Manfred Becker hatte der Fraktionsvorsitzende von „Wir Bürger“, Stephan Tautz, in einer Presseerklärung mitgeteilt; er ist auch Völklinger Ortsvorsteher und als solcher Vorsitzender des Ortsrates, zudem Kandidat von „Wir Bürger Völklingen“für die Oberbürgermeisterwahl am 9. Juni. Manfred Becker sei ohne Angabe von Gründen aus der Fraktion ausgetreten.
„Wir Bürger Völklingen“, so Tautz, hat bereits eine Liste der Kandidaten für die Kommunalwahl am 9. Juni aufgestellt. Becker sei dort eigentlich für Platz 7 oder 8 vorgesehen gewesen. Das sei, wenn man das vorige Wahlergebnis und auch die anstehende Vergrößerung des Stadtrates zugrunde lege, ein durchaus sicherer Listenplatz gewesen. Unabhängig davon strebe man grundsätzlich eine Verjüngung der Fraktion an, zudem seien die meisten Fraktionsmitglieder aus Wehrden, man wolle aber gerne auch andere Stadtteile mehr berücksichtigen.
Die Trennung, so Manfred Becker,
sei von ihm ausgegangen: „Wenn man an einen Punkt kommt, an dem man unterschiedliche Meinungen oder unterschiedliche Denkweisen oder unterschiedliche Ansichten über bestimmte Themen – die Entwicklung, Strategie oder Führung – hat und man sie nicht zusammenbringen kann, war es für mich besser, einen eigenen Weg zu gehen.“
Becker ärgert sich auch über seine Platzierung auf der Kandidatenliste zu den Kommunalwahlen – beim vorigen Mal Platz zwei und nun Platz acht, was auch nicht vorab mit ihm besprochen worden sei. Der 74-Jährige hatte vor seiner Pensionierung 46 Jahre lang in verschiedenen Bereichen der Völklinger Stadtverwaltung gearbeitet, zuletzt lange als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes. Er sieht die Platzierung als Missachtung seiner langjährigen Erfahrung gerade auch im Bereich kommunaler Finanzen – ein wichtiges Thema in Völklingen.
Er sei der Auffassung gewesen, dass „Erfahrungswerte eine große Rolle spielen könnten. Da habe ich mich aber ganz gewaltig getäuscht.“Dass die Fraktionsarbeit grundsätzlich nicht leicht sein würde, sei ihm auch vorher klar gewesen, „aber man lief kontinuierlich gegen Windräder, wie Don Quijote.“Becker geht zudem davon aus, dass man auch sein Alter vorgeschoben habe, „um
einen sehr erfahrenen Mann loszuwerden“, wobei er auch von „Altersdiskriminierung“spricht und darauf hinweist, dass Stephan Tautz im Falle eines Wahlerfolgs und mit Amtsantritt am 1. Oktober 2024 wegen seines Alters nur noch drei Jahre im Amt bleiben könnte, dann Neuwahlen erforderlich seien. – Stephan Tautz würde knapp zwei Monate nach Amtsantritt 65 Jahre alt. Bei der Oberbürgermeisterwahl 2017 war er sehr knapp auf Platz zwei gelandet, inzwischen hat er bereits angekündigt, bei einem Wahlsieg in diesem Jahr gegen diese Altersgrenze im Kommunalen Selbstverwaltungsgesetz Klage einzureichen, unter anderem mit Verweis auf Altersdiskriminierung und EU-Recht. (Bis auf das Saarland und SachsenAnhalt können inzwischen in allen anderen Bundesländern begonnene Bürgermeister-Amtszeiten auch zu Ende gebracht werden.)
Tautz widerspricht dem Vorwurf der Altersdiskriminierung, es gehe vom allem um die oben angespro
chene bessere Verteilung in den Ortsteilen. Und eine Verjüngung der Fraktion anzustreben, sei sicher nichts Ungewöhnliches. Ein anderes Fraktionsmitglied habe durchgerechnet, dass es Ende der nächsten Legislaturperiode 80 Jahre alt wäre und wolle dementsprechend aus Altersgründen nicht mehr antreten, was ja nachvollziehbar sei.
Der im Völklinger Ortsrat aus der „Wir-Bürger“-Fraktion ausgetretene Frank Ames legt Wert darauf, dass sein Rückzug nicht – wie es die Runde mache – von Manfred Becker angestachelt worden sei. Er sei ursprünglich in die Fraktion eingetreten, um etwas in Völklingen zu bewegen, es gehe aber nicht in die Richtung, wie er sich das wünsche. Zudem sei „produktives Arbeiten
nicht mehr erfolgt“, er nennt in diesem Zusammenhang die Völklinger Wildschwein-Problematik – in bestimmten Stadtgebieten herumlaufende Tiere –, „da ist keine Unterstützung gekommen“. Tautz erklärte, ein Ortsrat habe, anders als der Stadtrat, kaum Entscheidungsbefugnisse. Bezüglich der Wildschweine hätte Herr Ames, statt sich mit einer zum Thema geplanten Arbeitsgruppe zu organisieren, einen Alleingang gemacht. Ames wiederum sagte, ein „Grüppchen“entscheide alles, „andere bleiben außen vor“. Aber wenn er auch enttäuscht sei, so gehe er doch nicht im Groll. Sein Ortsratsmandat nehme er weiter wahr und er wolle sich auch weiterhin kommunalpolitisch engagieren.