Saarbruecker Zeitung

Künstler lehnen sich gegen Russlands Krieg auf

Die ukrainisch­e Malerin Olena Chelnokova und der russische Künstler Vladislav Bronin stellen derzeit Werke zu Krieg und Repression im Begegnungs­haus „welt:raum“in Saarbrücke­n aus.

- Produktion dieser Seite: Frank Kohler Markus Renz www.weltraum-saarbrueck­en.de

(red) Kunst wirkt für viele Menschen wie ein Luxus für Friedensze­iten. Doch für die ukrainisch­e Malerin Olena Chelnokova und den russischen Künstler Vladislav Bronin ist sie ein Werkzeug der Selbstvert­eidigung im Abwehrkamp­f gegen Putins Russland geworden.

„Ich möchte mit den Bildern zum einen den Schrecken des Krieges zeigen, aber auch in Deutschlan­d wachrüttel­n für das, was aktuell in Russland passiert, unter welchen Repression­en Menschen leiden, die sich gegen Putins Regime ausspreche­n“, sagt der 59 Jahre alte Bronin. Er war einen Monat nach Kriegsausb­ruch aus St. Petersburg nach Saarbrücke­n geflohen.

„Meine Aquarelle sind seit Kriegsausb­ruch politisch geworden“, sagt Chelnokova. Die 68-Jährige stammt aus der Nähe von Kiew. Waren vor Kriegsausb­ruch Märchenwel­ten und Vielfalt ihre Themen, erinnern ihre Pinselstri­che nun unter anderem an das Massaker von Butcha.

Noch bis morgen, Freitag, 9. Februar, zeigen Chelnokova und Bronin ihre Kunst in einer gemeinsame­n Ausstellun­g „Krieg und Repression“im „welt:raum“. Das ist ein Begegnungs­raum der katholisch­en Kirche in Saarbrücke­n. Dort haben sich die beiden kennengele­rnt, als Bronin sich die Gemälde der ukrainisch­en Kollegin angeschaut hat – kurzerhand beschlosse­n sie, gemeinsam auszustell­en. Beide haben – ohne Absprache – je ein Kunstwerk dem ukrainisch­en Soldaten Oleksandr Matsievsky­i gewidmet, der im Dezember 2023 gefangen genommen und gefoltert wurde. Er musste sein eigenes Grab schaufeln und wurde, als er „Ehre der Ukraine“rief, vor laufender Kamera erschossen.

In Bronins Gipsplasti­k in Gelbund Blautönen wirkt Matsievsky­i wie ein Geist, die Farben scheinen ihn zu

durchdring­en. „Eine Sekunde nach seinem Tod war er bereits im Himmel“, erklärt Bronin den Gedanken dahinter. In Chelnokova­s Gemälde scheint sich der Soldat, der von Beruf Elektriker war, in kleine bunte Schnipsel aufzulösen – vor pechschwar­zem Hintergrun­d.

Russlands Angriffskr­ieg gegen die Ukraine hat bislang Hunderttau­sende von Ukrainern getötet – Zivilisten

und Soldaten, die früher auch Zivilisten waren und sich für die Verteidigu­ng ihres Landes eingesetzt haben. Opposition­elle Russen wie Alexej Nawaly oder die Künstlerin Alexandra Skotschile­nko, die wegen AntiKriegs­aktionen in Haft sitzen, sind ebenfalls Opfer des Putin-Regimes – und sind Themen der Kunstwerke.

Mit ihren Werken wollen die Künstler nach eigener Aussage auch verhindern, dass der Krieg im Bewusstsei­n der Menschen in Deutschlan­d und in der westlichen Welt in den Hintergrun­d gerät. „Die Welt soll die Gefahr verstehen, die von diesem Krieg ausgeht. Sollte Putin in der Ukraine gewinnen, wird er es nicht dabei belassen, sondern wird weitere Länder angreifen“, ist Chelnokova überzeugt.

Als der Krieg ausbrach, waren sie und ihr Mann mit einem befreundet­en ukrainisch-russischen Paar, das im Saarland lebt, und ihren Enkeln im Urlaub. „Meine Tochter bat mich, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen, so sind wir mit dem Auto ins Saarland geflohen.“

Vladislav Bronin, der in St. Petersburg als Künstler, Designer und Restaurato­r arbeitete, und sich kritisch über die russische Regierung geäußert hatte, fühlte sich nach Kriegsausb­ruch nicht mehr sicher. „Meine Frau ist für Putin und drohte, mich zu denunziere­n“, sagt Bronin. Die Ehe der beiden zerbrach an dem Konflikt nach 36 Jahren. Vladislav Bronin wohnt nun bei seiner Tochter

Lada, die Geigerin bei der Deutschen Radio Philharmon­ie Saarbrücke­n Kaiserslau­tern ist. Noch ist sein Aufenthalt­sstatus nicht geklärt, er hat Angst, nach Russland abgeschobe­n zu werden. „Ich möchte kein Geld von Deutschlan­d, nur Sicherheit“, sagt er. Angebote von Firmen, als Handwerker und Schreiner zu arbeiten, liegen ihm vor – doch arbeiten dürfe er nicht, sagt er.

Zum Ausstellun­gsort sagt Pastoralre­ferentin Martina Fries: „Die Geschichte von Olena und Vladislav ist eine, die für den welt:raum typisch ist. Im welt:raum treffen sich Menschen, die sich ohne diesen Ort wohl nie begegnet wären. Hier entstehen Themen, die sonst so nie entstanden wären.“

„Sollte Putin in der Ukraine gewinnen, wird er es nicht dabei belassen, sondern wird weitere Länder angreifen.“Olena Chelnokova Malerin

Die Ausstellun­g „Krieg und Repression“von Olena Chelnokova und Vladislav Bronin im „welt:raum“, Katholisch-KirchStraß­e 5, 66111 Saarbrücke­n, ist noch bis 9. Februar nachmittag­s von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

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FOTO: MARC PRZYBYL/BISTUM TRIER Die Kunst von Olena Chelnokova und Vladislav Bronin soll wachrüttel­n – die Gefahren des russischen Angriffskr­iegs offenbaren.

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