Künstler lehnen sich gegen Russlands Krieg auf
Die ukrainische Malerin Olena Chelnokova und der russische Künstler Vladislav Bronin stellen derzeit Werke zu Krieg und Repression im Begegnungshaus „welt:raum“in Saarbrücken aus.
(red) Kunst wirkt für viele Menschen wie ein Luxus für Friedenszeiten. Doch für die ukrainische Malerin Olena Chelnokova und den russischen Künstler Vladislav Bronin ist sie ein Werkzeug der Selbstverteidigung im Abwehrkampf gegen Putins Russland geworden.
„Ich möchte mit den Bildern zum einen den Schrecken des Krieges zeigen, aber auch in Deutschland wachrütteln für das, was aktuell in Russland passiert, unter welchen Repressionen Menschen leiden, die sich gegen Putins Regime aussprechen“, sagt der 59 Jahre alte Bronin. Er war einen Monat nach Kriegsausbruch aus St. Petersburg nach Saarbrücken geflohen.
„Meine Aquarelle sind seit Kriegsausbruch politisch geworden“, sagt Chelnokova. Die 68-Jährige stammt aus der Nähe von Kiew. Waren vor Kriegsausbruch Märchenwelten und Vielfalt ihre Themen, erinnern ihre Pinselstriche nun unter anderem an das Massaker von Butcha.
Noch bis morgen, Freitag, 9. Februar, zeigen Chelnokova und Bronin ihre Kunst in einer gemeinsamen Ausstellung „Krieg und Repression“im „welt:raum“. Das ist ein Begegnungsraum der katholischen Kirche in Saarbrücken. Dort haben sich die beiden kennengelernt, als Bronin sich die Gemälde der ukrainischen Kollegin angeschaut hat – kurzerhand beschlossen sie, gemeinsam auszustellen. Beide haben – ohne Absprache – je ein Kunstwerk dem ukrainischen Soldaten Oleksandr Matsievskyi gewidmet, der im Dezember 2023 gefangen genommen und gefoltert wurde. Er musste sein eigenes Grab schaufeln und wurde, als er „Ehre der Ukraine“rief, vor laufender Kamera erschossen.
In Bronins Gipsplastik in Gelbund Blautönen wirkt Matsievskyi wie ein Geist, die Farben scheinen ihn zu
durchdringen. „Eine Sekunde nach seinem Tod war er bereits im Himmel“, erklärt Bronin den Gedanken dahinter. In Chelnokovas Gemälde scheint sich der Soldat, der von Beruf Elektriker war, in kleine bunte Schnipsel aufzulösen – vor pechschwarzem Hintergrund.
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat bislang Hunderttausende von Ukrainern getötet – Zivilisten
und Soldaten, die früher auch Zivilisten waren und sich für die Verteidigung ihres Landes eingesetzt haben. Oppositionelle Russen wie Alexej Nawaly oder die Künstlerin Alexandra Skotschilenko, die wegen AntiKriegsaktionen in Haft sitzen, sind ebenfalls Opfer des Putin-Regimes – und sind Themen der Kunstwerke.
Mit ihren Werken wollen die Künstler nach eigener Aussage auch verhindern, dass der Krieg im Bewusstsein der Menschen in Deutschland und in der westlichen Welt in den Hintergrund gerät. „Die Welt soll die Gefahr verstehen, die von diesem Krieg ausgeht. Sollte Putin in der Ukraine gewinnen, wird er es nicht dabei belassen, sondern wird weitere Länder angreifen“, ist Chelnokova überzeugt.
Als der Krieg ausbrach, waren sie und ihr Mann mit einem befreundeten ukrainisch-russischen Paar, das im Saarland lebt, und ihren Enkeln im Urlaub. „Meine Tochter bat mich, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen, so sind wir mit dem Auto ins Saarland geflohen.“
Vladislav Bronin, der in St. Petersburg als Künstler, Designer und Restaurator arbeitete, und sich kritisch über die russische Regierung geäußert hatte, fühlte sich nach Kriegsausbruch nicht mehr sicher. „Meine Frau ist für Putin und drohte, mich zu denunzieren“, sagt Bronin. Die Ehe der beiden zerbrach an dem Konflikt nach 36 Jahren. Vladislav Bronin wohnt nun bei seiner Tochter
Lada, die Geigerin bei der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern ist. Noch ist sein Aufenthaltsstatus nicht geklärt, er hat Angst, nach Russland abgeschoben zu werden. „Ich möchte kein Geld von Deutschland, nur Sicherheit“, sagt er. Angebote von Firmen, als Handwerker und Schreiner zu arbeiten, liegen ihm vor – doch arbeiten dürfe er nicht, sagt er.
Zum Ausstellungsort sagt Pastoralreferentin Martina Fries: „Die Geschichte von Olena und Vladislav ist eine, die für den welt:raum typisch ist. Im welt:raum treffen sich Menschen, die sich ohne diesen Ort wohl nie begegnet wären. Hier entstehen Themen, die sonst so nie entstanden wären.“
„Sollte Putin in der Ukraine gewinnen, wird er es nicht dabei belassen, sondern wird weitere Länder angreifen.“Olena Chelnokova Malerin
Die Ausstellung „Krieg und Repression“von Olena Chelnokova und Vladislav Bronin im „welt:raum“, Katholisch-KirchStraße 5, 66111 Saarbrücken, ist noch bis 9. Februar nachmittags von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.