CDU und CSU in der Zeitschleife
Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur ist für die großen Parteien eine kritische Phase, denn damit sind oft schwere Machtkämpfe verbunden, die die Wähler abschrecken. Die Union hat das bei der letzten Bundestagswahl erfahren müssen, als Armin Laschet und Markus Söder wie die Kesselflicker um das Spitzenamt stritten – und so der SPD zur Macht verhalfen.
Danach war in der Union diskutiert worden, endlich ein Verfahren zu installieren, das das wilde Hauen und Stechen zivilisiert. Doch nichts ist seitdem geschehen, und nun balgen sich Friedrich Merz, Markus Söder und Hendrik Wüst schon wieder um die vielleicht wichtigste Personalie der Nation. Es ist wie eine Zeitschleife.
Diadochenkämpfe prägen die Geschichte der Union, selten zum Guten. Das fing mit Konrad Adenauer an, dessen Abgang Mitte der 1960er Jahre so schwere Verwerfungen mit sich brachte, dass die SPD die Macht übernehmen konnte. Dann in den 1970ern der Streit zwischen Helmut Kohl und Franz-Josef Strauß, von dem die SPD profitierte. So auch 2002, als sich Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber lange nicht über die Spitzenkandidatur einigen konnten, ehe Merkel Stoiber den Vortritt ließ, damit der sich eine blutige Nase hole. Was auch geschah.
Doch man will aus den Erfahrungen nicht lernen. Auch bei den jüngsten Neujahrsklausuren wurde nichts geklärt. Natürlich ist die Lösung kompliziert. Beide Schwesterparteien müssen mitentscheiden, außerdem die gemeinsame Bundestagsfraktion. Die starken Landesverbände der CDU wollen mitreden, ebenso die Arbeitsgemeinschaften. Notwendig wäre eine Bestimmung im Parteistatut, die eindeutig regelt, welches Gremium das Vorschlagsrecht hat und wie entschieden wird, falls es mehrere Kandidaten gibt. Etwa mit einer Urabstimmung nach SPD-Vorbild. Letzteres kann sogar attraktiv sein, denn es mobilisiert eigene Leute und Wähler. Wovor also haben die großen Zampanos von CDU und CSU eigentlich so viel Angst, dass sie den Kleinkrieg, die Intrigen und sogar das Risiko einer Wahlniederlage immer wieder einem geordneten Verfahren vorziehen?