Zahl der Niedriglohnjobs geht um mehr als eine Million zurück
Allerdings arbeitete zuletzt noch immer knapp jeder sechste Beschäftigte im Niedriglohnsektor. Der Sozialverband Deutschland warnt vor Altersarmut.
(dpa) Millionen Menschen in Deutschland müssen weiterhin mit Niedriglöhnen auskommen. Allerdings ist die Zahl der Niedriglohnjobs zuletzt von 7,5 Millionen auf 6,4 Millionen gesunken. Ein Grund dafür ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag der gestiegene Mindestlohn. Nach Einschätzung des Sozialverbands Deutschland (SoVD) wirkt der Mindestlohn, er müsse aber ausreichend hoch sein.
Knapp jeder sechste abhängig Beschäftigte arbeitete im April 2023 im Niedriglohnsektor und verdiente weniger als 13,04 Euro brutto je Stunde. Der Anteil dieser Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen lag den Statistikern zufolge bei 16 Prozent, nach 19 Prozent im April 2022. Zum Niedriglohnsektor zählen Jobs
mit weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttostundenverdienstes. Die Auswertung erfolgt einmal jährlich jeweils für den Monat April, der als repräsentativ gilt.
Die Vorsitzende des Sozialverbands, Michaela Engelmeier forderte, den Millionen Betroffenen eine Perspektive oberhalb der Niedriglohnschwelle zu bieten, „da diese sonst akut von Altersarmut bedroht sind“. Zudem müsse der Mindestlohn erhöht werden. „Angesichts der anhaltend hohen Inflation fordern wir einen Mindestlohn von 15,02 Euro“, sagte Engelmeier. Seit Jahresbeginn gilt ein Mindestlohn von 12,41 Euro brutto je Stunde. Der Mindestlohn stellt die Untergrenze für Niedriglöhne dar.
Besonders groß ist der Niedriglohnsektor im Gastgewerbe. Dort war im April 2023 gut jedes zweite Beschäftigungsverhältnis (51 Prozent) betroffen. In der Land-, Forstund Fischereiwirtschaft (43 Prozent) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (36 Prozent) war der Anteil der Beschäftigten, die weniger als 13,04 Euro brutto je Stunde verdienten, ebenfalls überdurchschnittlich hoch.
Am kleinsten war der Niedriglohnsektor in der öffentlichen Verwaltung (vier Prozent), in der Finanz- und Versicherungsbranche (sechs Prozent), in der Informations- und Kommunikationsbranche (sieben Prozent) sowie im Bereich von Wasser, Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen (sieben Prozent).
Frauen sind stärker betroffen als Männer. Knapp jede fünfte Frau (19 Prozent) arbeitete im Niedriglohnsektor. Bei den Männern war es knapp jeder siebte (13 Prozent). In beiden Fällen sank der Anteil innerhalb eines Jahres. Bei Frauen etwas stärker von 23 Prozent als bei Männern von 16 Prozent.
Deutschlandweit wurden im vergangenen April den Angaben zufolge 2,4 Millionen Jobs exakt mit dem damals gültigen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro vergütet. Das entspricht 6,2 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse, für die der Mindestlohn gilt. Die meisten lagen darüber. In gut einer Million Fällen lag der rechnerische Stundenverdienst darunter. Dabei handele es sich aber nicht automatisch um Verstöße gegen das Mindestlohngesetz, erläuterten die Statistiker. Nicht alle Regelungen des Gesetzes, wie beispielsweise Praktika, könnten trennscharf in der Statistik abgegrenzt werden.
In Deutschland gibt es seit 2015 einen Mindestlohn. Besonders große Anhebungen erfolgten 2022: In drei Schritten ging es von 9,60 Euro auf zwölf Euro – zuletzt per Gesetz durch die Ampel. Seit Jahresbeginn gilt ein Mindestlohn von 12,41 Euro.