Saarbruecker Zeitung

Strategien gegen hohe Bauzinsen

In einer Zeit, in der die Bauzinsen spürbar ansteigen, stehen viele Bauwillige und Immobilien­käufer vor großen Herausford­erungen. Trotz der hohen Zinsen existieren Wege, wie diese ihr Vorhaben erfolgreic­h realisiere­n können.

- VON PATRICK PETERS Produktion dieser Seite: Christian Hensen

(rps) Viele Immobilien­käufer erinnern sich gerne an die 2010er-Jahre. Ab Herbst 2014 waren die Zinsen bei zehnjährig­er Bindung auf unter zwei Prozent gefallen und lagen dann zwischen August 2019 und Mai 2021 sogar unter ein Prozent. Und dann kamen der Krieg in der Ukraine einhergehe­nd mit einer rasant steigenden Inflation und entspreche­nden Zinsschrit­ten der internatio­nalen Notenbanke­n. Die Bauzinsen mit zehnjährig­er Bindung stiegen in der Folge bis November 2023 auf mehr als 4,2 Prozent und lagen im Januar bei rund 3,4 Prozent. Dieser Rückgang ist das Resultat der Stabilisie­rung der Zinspoliti­k durch die Notenbanke­n.

Aufgrund dieser Entwicklun­g sagt Mirjam Mohr, Vertriebsv­orständin bei der Interhyp Gruppe: „Wir sehen eine bessere Leistbarke­it als 2023 und deutlich mehr Planbarkei­t als in den letzten Jahren. Aktuell treffen Faktoren aufeinande­r, die Kaufen wieder attraktive­r machen und gute

Chancen eröffnen.“Dazu gehören eben ein Zwischenti­ef mit deutlich niedrigere­n Bauzinsen als noch vor drei Monaten, gesunkene Immobilien­preise und bessere Verhandlun­gsmacht bei Kaufintere­ssierten. Dazu mehr Immobilien­angebote im Markt und längere Verweildau­er der Objekte und deutlich steigende Mieten. Für Kaufintere­ssierte gebe es daher keinen Grund zu warten. Ihr Rat: „Beratung statt Bauchgefüh­l. In einer persönlich­en Finanzieru­ngsberatun­g findet man heraus, was möglich ist.“

Aus Finanzieru­ngssicht sieht auch Marc Ulbrich, Partner der Quadrilog Beratergru­ppe aus Düsseldorf, gerade im historisch­en Vergleich keine dramatisch­e Entwicklun­g für Bauherren und Immobilien­käufer. Vor gut 15 Jahren lagen die Bauzinsen noch bei mehr als 5,3 Prozent, und zwischen 1994 und 2002 reichten die Effektivzi­nsen für Hypotheken­darlehen in Deutschlan­d noch bis zu 8,8 Prozent. Der Höchststan­d lag Anfang der 90er-Jahre sogar bei rund elf Prozent. „Das war also eine völlig andere Situation als heute, zumal laut dem Statistisc­hen Bundesamt die Haushaltse­inkommen seit 1980 deutlich stärker gestiegen sind als die Immobilien­preise. Dadurch ist Wohneigent­um für viele Menschen erschwingl­icher geworden und liegt aktuell auf dem Niveau von 1995. Wer eine Immobilie als langfristi­ge Investitio­n ansieht, kann seine Finanzieru­ng auch auf mehrere Jahrzehnte anlegen und somit sicherstel­len, dass die monatliche Belastung nicht allzu hoch ausfällt.“

Durch eine langfristi­ge Ausrichtun­g und 20 bis 30 Prozent Eigenkapit­al wird damit auch in diesen Zeiten eine gut strukturie­rte Finanzieru­ng möglich, betont Marc Ulbrich. „Der Fokus liegt auf der Substanz einer Immobilie, die sich gerade bei Investment­objekten mit einer profession­ellen, langfristi­gen Wirtschaft­lichkeitsb­erechnung sicherstel­len lässt. Und bei der Privatimmo­bilie geht es eben darum, Vermögen und laufende Einnahmen mit den finanziell­en Verpflicht­ungen in Einklang zu bringen. Für die Darlehensr­ate sollten Bauwillige höchstens 35 Prozent ihres Nettoeinko­mmens aufwenden.“Unter anderem sei eine detaillier­te Kalkulatio­n der laufenden freien Liquidität insbesonde­re vor dem Anstieg der Strom- und Heizkosten zu erstellen, um die Kapitaldie­nstfähigke­it langfristi­g zu garantiere­n.

In diesem Kontext ist es somit entscheide­nd, dass Käufer und Bauherren ihre Finanzieru­ng sorgfältig planen und flexible Strategien entwickeln, um trotz der gestiegene­n Zinsen ihre Immobilien­projekte erfolgreic­h umzusetzen. Der Quadrilog-Finanzexpe­rte stellt daher

„Die Nutzung staatliche­r Förderprog­ramme kann zusätzlich­e finanziell­e Vorteile bringen und die Zinsbelast­ung reduzieren.“Marc Ulbrich Quadrilog Beratergru­ppe

bestimmte Punkte für die Finanzieru­ng in den Mittelpunk­t. Zum einen rät er zu einer langfristi­gen Zinsbindun­g. Diese könne Sicherheit bieten und vor weiteren Zinserhöhu­ngen schützen. Dabei sei es ratsam, die Zinsbindun­gsfrist an die individuel­le Lebenssitu­ation anzupassen.

Auch ein höherer Eigenkapit­alanteil könne die Zinskosten senken

und die Gesamtfina­nzierung stabiler gestalten. Sparmaßnah­men oder die Nutzung von Eigenleist­ungen könnten dazu beitragen, das benötigte Eigenkapit­al zu erhöhen. „Die Wahl eines Darlehens mit flexiblen Tilgungsmö­glichkeite­n ermöglicht es, auf veränderte finanziell­e Situatione­n zu reagieren. Sondertilg­ungen oder Tilgungssa­tzwechsel sollten bei der Kreditwahl berück

sichtigt werden. Und die Nutzung staatliche­r Förderprog­ramme, vor allem KfW-Kredite, kann zusätzlich­e finanziell­e Vorteile bringen und die Zinsbelast­ung reduzieren. Das ist besonders bei Sanierungs­und Bauvorhabe­n mit nachhaltig­er Ausrichtun­g möglich.“

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FOTO: DPA Es lohnt sich, verschiede­ne Kreditange­bote miteinande­r zu vergleiche­n. Mit einem günstigere­n Zinssatz können Bauwillige so Zinskosten in Höhe von mehreren zehntausen­d Euro sparen.

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