Strategien gegen hohe Bauzinsen
In einer Zeit, in der die Bauzinsen spürbar ansteigen, stehen viele Bauwillige und Immobilienkäufer vor großen Herausforderungen. Trotz der hohen Zinsen existieren Wege, wie diese ihr Vorhaben erfolgreich realisieren können.
(rps) Viele Immobilienkäufer erinnern sich gerne an die 2010er-Jahre. Ab Herbst 2014 waren die Zinsen bei zehnjähriger Bindung auf unter zwei Prozent gefallen und lagen dann zwischen August 2019 und Mai 2021 sogar unter ein Prozent. Und dann kamen der Krieg in der Ukraine einhergehend mit einer rasant steigenden Inflation und entsprechenden Zinsschritten der internationalen Notenbanken. Die Bauzinsen mit zehnjähriger Bindung stiegen in der Folge bis November 2023 auf mehr als 4,2 Prozent und lagen im Januar bei rund 3,4 Prozent. Dieser Rückgang ist das Resultat der Stabilisierung der Zinspolitik durch die Notenbanken.
Aufgrund dieser Entwicklung sagt Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin bei der Interhyp Gruppe: „Wir sehen eine bessere Leistbarkeit als 2023 und deutlich mehr Planbarkeit als in den letzten Jahren. Aktuell treffen Faktoren aufeinander, die Kaufen wieder attraktiver machen und gute
Chancen eröffnen.“Dazu gehören eben ein Zwischentief mit deutlich niedrigeren Bauzinsen als noch vor drei Monaten, gesunkene Immobilienpreise und bessere Verhandlungsmacht bei Kaufinteressierten. Dazu mehr Immobilienangebote im Markt und längere Verweildauer der Objekte und deutlich steigende Mieten. Für Kaufinteressierte gebe es daher keinen Grund zu warten. Ihr Rat: „Beratung statt Bauchgefühl. In einer persönlichen Finanzierungsberatung findet man heraus, was möglich ist.“
Aus Finanzierungssicht sieht auch Marc Ulbrich, Partner der Quadrilog Beratergruppe aus Düsseldorf, gerade im historischen Vergleich keine dramatische Entwicklung für Bauherren und Immobilienkäufer. Vor gut 15 Jahren lagen die Bauzinsen noch bei mehr als 5,3 Prozent, und zwischen 1994 und 2002 reichten die Effektivzinsen für Hypothekendarlehen in Deutschland noch bis zu 8,8 Prozent. Der Höchststand lag Anfang der 90er-Jahre sogar bei rund elf Prozent. „Das war also eine völlig andere Situation als heute, zumal laut dem Statistischen Bundesamt die Haushaltseinkommen seit 1980 deutlich stärker gestiegen sind als die Immobilienpreise. Dadurch ist Wohneigentum für viele Menschen erschwinglicher geworden und liegt aktuell auf dem Niveau von 1995. Wer eine Immobilie als langfristige Investition ansieht, kann seine Finanzierung auch auf mehrere Jahrzehnte anlegen und somit sicherstellen, dass die monatliche Belastung nicht allzu hoch ausfällt.“
Durch eine langfristige Ausrichtung und 20 bis 30 Prozent Eigenkapital wird damit auch in diesen Zeiten eine gut strukturierte Finanzierung möglich, betont Marc Ulbrich. „Der Fokus liegt auf der Substanz einer Immobilie, die sich gerade bei Investmentobjekten mit einer professionellen, langfristigen Wirtschaftlichkeitsberechnung sicherstellen lässt. Und bei der Privatimmobilie geht es eben darum, Vermögen und laufende Einnahmen mit den finanziellen Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Für die Darlehensrate sollten Bauwillige höchstens 35 Prozent ihres Nettoeinkommens aufwenden.“Unter anderem sei eine detaillierte Kalkulation der laufenden freien Liquidität insbesondere vor dem Anstieg der Strom- und Heizkosten zu erstellen, um die Kapitaldienstfähigkeit langfristig zu garantieren.
In diesem Kontext ist es somit entscheidend, dass Käufer und Bauherren ihre Finanzierung sorgfältig planen und flexible Strategien entwickeln, um trotz der gestiegenen Zinsen ihre Immobilienprojekte erfolgreich umzusetzen. Der Quadrilog-Finanzexperte stellt daher
„Die Nutzung staatlicher Förderprogramme kann zusätzliche finanzielle Vorteile bringen und die Zinsbelastung reduzieren.“Marc Ulbrich Quadrilog Beratergruppe
bestimmte Punkte für die Finanzierung in den Mittelpunkt. Zum einen rät er zu einer langfristigen Zinsbindung. Diese könne Sicherheit bieten und vor weiteren Zinserhöhungen schützen. Dabei sei es ratsam, die Zinsbindungsfrist an die individuelle Lebenssituation anzupassen.
Auch ein höherer Eigenkapitalanteil könne die Zinskosten senken
und die Gesamtfinanzierung stabiler gestalten. Sparmaßnahmen oder die Nutzung von Eigenleistungen könnten dazu beitragen, das benötigte Eigenkapital zu erhöhen. „Die Wahl eines Darlehens mit flexiblen Tilgungsmöglichkeiten ermöglicht es, auf veränderte finanzielle Situationen zu reagieren. Sondertilgungen oder Tilgungssatzwechsel sollten bei der Kreditwahl berück
sichtigt werden. Und die Nutzung staatlicher Förderprogramme, vor allem KfW-Kredite, kann zusätzliche finanzielle Vorteile bringen und die Zinsbelastung reduzieren. Das ist besonders bei Sanierungsund Bauvorhaben mit nachhaltiger Ausrichtung möglich.“