Saarbruecker Zeitung

Per Whatsapp zum neuen Job

Immer mehr Personalab­teilungen setzen bei der Mitarbeite­rsuche auf den beliebten Messenger. Darunter auch sehr traditione­lle Branchen.

-

(dpa) Eine kurze Mitteilung per Whatsapp, Zeugnisse hochladen – und schon steht der neue Job? Bei den meisten Unternehme­n ist das noch Zukunftsmu­sik. Doch immer mehr Personalab­teilungen setzen bei der Mitarbeite­rsuche auf den beliebten Messenger. Darunter auch sehr traditione­lle Branchen.

Der Bremer Hafenlogis­tiker BLG etwa startete im Januar eine erste Testphase für Bewerbunge­n per Whatsapp, zunächst für Kraftfahre­r und Lagerlogis­tiker. Per QR-Code, den Interessen­ten mit dem Smartphone einscannen können, werden sie direkt zur Whatsapp-Bewerbung geleitet. Schließlic­h, so BLG-Personalvo­rständin Ulrike Riedel, sei Whatsapp für die meisten Menschen ein alltäglich­es und ein selbstvers­tändliches Kommunikat­ionsmittel. Das wolle man nun auch für Jobbewerbu­ngen nutzen.

Auch der private Bahn- und Busbetreib­er Transdev will noch in diesem Monat ein entspreche­ndes Pilotproje­kt starten. Im ersten Schritt gehe es zunächst um Busfahrer, die man gezielt ansprechen wolle, sagt ein Sprecher. Der Reisekonze­rn Tui und der Paketdiens­t Hermes bereiten nach eigenen Angaben ebenfalls entspreche­nde Versuche vor, nennen aber noch keine Termine.

Wie die Bewerbung per Smartphone funktionie­rt? Nach dem Einscannen des QR-Codes müssten die Bewerber einige vorab definierte Fragen beantworte­n und könnten die Bewerbung dann direkt per Whatsapp an die Personalab­teilung schicken, erläutert ein Transdev-Sprecher das Verfahren. „Der gesamte Bewerbungs­prozess wird somit über Whatsapp möglich sein.“Danach geht es jedoch auf anderem Wege weiter: Die Kontaktauf­nahme zum Bewerber durch das Unternehme­n erfolgt wieder klassisch per Telefon. Bei der BLG soll es auch möglich sein, Zeugnisse und Lebenslauf per Whatsapp hochzulade­n.

Bereits im Einsatz ist die Bewerbung per Whatsapp bei der DHL Group, zu der auch die Deutsche Post gehört – wenn auch nur in einigen Regionen, wie eine Sprecherin erklärt. Man setze den Messenger bereits seit 2019 ein, in der Regel aber nur zur Kontaktanb­ahnung. „Unserer Erfahrung nach ist es ein unkomplizi­erter Weg der Kontaktauf­nahme, um etwa schnell Fragen zu klären“, so die Sprecherin. „Die Hemmschwel­le scheint geringer als bei Telefon oder Brief, insbesonde­re für jüngere Zielgruppe­n.“

Diese Erfahrung hat auch der Personaldi­enstleiste­r Manpower gemacht. Dort setzt man Whatsapp schon seit 2015 bei der Mitarbeite­rsuche ein. „Und wir bewerten die Resonanz auf dieses Angebot als positiv“, sagt eine Sprecherin. Im Schnitt würden zehn bis 25 Prozent der Bewerbunge­n per Whatsapp eingehen. Der große Vorteil sei, dass sich Interessen­ten schnell und unkomplizi­ert bewerben können. „Der Messenger hilft Bewerbende über die erste Hemmschwel­le.“Das sei ein echter

„Der gesamte Bewerbungs­prozess wird somit über Whatsapp möglich sein.“Ein Sprecher des Bahn- und Busbetreib­ers Transdev

Pluspunkt bei der Suche nach neuen Mitarbeite­rn, denn komplizier­te und langwierig­e Einstellun­gsverfahre­n würden oft eher abschrecke­n. Beschränku­ngen auf bestimmte Berufe sieht sie hierbei nicht. Im Grunde sei die Messenger-Bewerbung für alle Berufsgrup­pen geeignet, vom Ingenieur über Fachkräfte bis hin zum Aushilfsjo­b.

Insgesamt hat der Einsatz von Social Media bei der Mitarbeite­rsuche in den vergangene­n Jahren rasant zugenommen. Laut der jüngsten Erhebung des Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB),

dem Forschungs­institut der Bundesagen­tur für Arbeit in Nürnberg, wurden 2022 bereits bei 42 Prozent aller erfolgreic­h besetzten Stellen auch über soziale Netzwerke wie Facebook, Whatsapp oder Xing angeboten, meist zusätzlich zu anderen Ausschreib­ungswegen. Bei jeder vierzehnte­n Stelle war Social Media sogar der entscheide­nde Besetzungs­weg.

„In rund sieben Prozent der sozialvers­icherungsp­flichtigen Neueinstel­lungsproze­sse ist die Nutzung sozialer Medien also mittlerwei­le entscheide­nd für die

Personalfi­ndung“, erklärt Alexander Kubis vom IAB. 2015 habe der Wert nur bei 1,2 Prozent gelegen. Damals waren nur 15 Prozent der Stellen überhaupt auf Social Media inseriert. Inzwischen seien soziale Netzwerke bereits das viertwicht­igste Instrument zur Mitarbeite­rsuche nach persönlich­en Kontakten, Internet-Jobbörsen und der eigenen Homepage des Unternehme­ns. Welche Rolle Whatsapp innerhalb der sozialen Medien spielt, hat das IAB nicht gesondert erfasst.

Ein Allheilmit­tel gegen den Arbeitskrä­ftemangel ist Whatsapp aber

offenbar nicht. Ein Handwerker aus Oldenburg, der 2018 zu den Pionieren bei der Bewerbung per Whatsapp gehörte, zeigt sich inzwischen zumindest ernüchtert. Anfangs hatte man sich noch erfreut gezeigt und schon nach wenigen Monaten einen neuen Auszubilde­nden gefunden. Doch zuletzt habe es per Messenger im Schnitt kaum mehr als eine Bewerbung pro Jahr gegeben, berichtet der Chef der Firma.

Und alle seien nach ersten Rückfragen im Sande verlaufen. „Daraufhin haben wir das Ganze wieder eingestamp­ft.“

 ?? FOTO: WERONIKA PENESHKO/DPA ?? Nur ein paar Klicks, und die Bewerbung ist raus – Deutsche Unternehme­n setzen zunehmend auf ein bequemes Verfahren per Whatsapp.
FOTO: WERONIKA PENESHKO/DPA Nur ein paar Klicks, und die Bewerbung ist raus – Deutsche Unternehme­n setzen zunehmend auf ein bequemes Verfahren per Whatsapp.

Newspapers in German

Newspapers from Germany