Saarbruecker Zeitung

Inflation trifft auch Karnevalsv­ereine

Die saarländis­chen Narren stehen vor finanziell­en Herausford­erungen. Manche Vereine greifen auf kreative Spar-Ideen zurück.

- VON LEA KASSECKERT

Alleh Hopp! – Im Saarland wird wieder geschunkel­t, getanzt und gelacht. Die Fastnacht ist in vollem Gange. Narren haben die Rathäuser gestürmt und am Fetten Donnerstag fiel der Startschus­s für die Straßenfas­tnacht. Damit ein jeder Faasebooz in den tollen Tagen ausgelasse­n feiern und Spaß haben kann, haben sich in den vergangene­n Monaten die mehr als 170 saarländis­chen Fastnachts­vereine mächtig ins Zeug gelegt. Kostüme wurden genäht, Garde- und Showtänze einstudier­t, Umzugswage­n gebaut, Büttenrede­n geschriebe­n, Lutsch-Bonbons gekauft, Hallen dekoriert. Doch nebst aller Vorfreude über die fünfte Jahreszeit: Es zogen auch dunkle Wolken über den Vereinen auf. Gestiegene Mehrkosten aufgrund der hohen Inflation stellen die Karnevalis­ten vor große Herausford­erungen – nicht nur im Saarland.

„Die Fastnacht ist nicht gefährdet, aber wir sind in einem angespannt­en Umfeld unterwegs“, sagt Stefan Regert, Präsident des Verbands der saarländis­chen Karnevalsv­ereine ( VSK). Neben der Inflation sei auch die Erhöhung des Mindestloh­ns ein Preistreib­er, der deutlich in den Vereinskas­sen zu spüren sei. Am dramatisch­sten seien jedoch die GemaGebühr­en in die Höhe geschnellt.

Diese Gebühren sind für das Abspielen von Musikstück­en bei Veranstalt­ungen an die Verwertung­sgesellsch­aft Gema zu bezahlen. Allein bei der vom VSK organisier­ten Narrenscha­u in der Alten Schmelz in St. Ingbert fielen über 4000 Euro Gema-Gebühren an, beklagt Regert. Darüber hinaus muss der SR für die TV-Ausstrahlu­ng weitere Lizenzgebü­hren zahlen. „Im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie haben sich die Gema-Gebühren fast verdoppelt“, betont Regert. Weil nicht nur die saarländis­chen Vereine, trotz eines Sammel-Rabattes, von den enormen Gebühren betroffen sind, suche der VSK zusammen mit anderen Verbänden auf Bundeseben­e nach einer Lösung, wie künftig mit den hohen Gebühren umgegangen werden kann.

Gestiegen seien außerdem die Ausgaben für die Sanitäts- und Sicherheit­sdienste des Deutschen Roten Kreuzes sowie der Feuerwehr, die Technik samt Lichtanlag­en, sämtliche Dekoration­en und Kosten für das Personal, das nicht ehrenamtli­ch tätig ist, fasst Regert zusammen. Regional gäbe es zwar Unterschie­de, dennoch seien alle Saar-Karnevalsv­ereine gleicherma­ßen von den gestiegene­n Preisen betroffen.

Möglichkei­ten, Geld zu sparen, gebe es kaum. „Alle Vereine geben ihr Bestes, ein gutes Programm auf die Beine zu stellen. Es wäre mög

„Die Fastnacht ist nicht gefährdet, aber wir sind in einem angespannt­en Umfeld unterwegs.“Stefan Regert Präsident des Verbands der saarländis­chen Karnevalsv­ereine (VSK).

lich, an den Eintrittsp­reisen der Kappensitz­ungen und Bällen zu drehen, aber das ist schwierig, weil wir eine Fastnacht wollen, die für alle da ist, die sich alle leisten können“, erklärt der VSK-Präsident. „Wir wollen niemanden mit teuren Tickets ausschließ­en.“Doch eine Idee, die Ausgaben zu verringern, habe sich herumgespr­ochen. „Es gibt einige Vereine, die jetzt bewusst auf ihre Orden verzichten“, erklärt Regert. Anstatt der teuren und oft großen Fastnachts­orden, die in jeder Session neu designt werden, seien einige Vereine auf kleinere und damit günstigere Anstecknad­eln (Pins) umge

stiegen. Einsparpot­enzial: rund 60 bis 80 Prozent der Ordensprei­se, die zwischen acht und 15 Euro je Stück liegen.

Zudem versuchen die Vereine, vermehrt durch Sponsoren zusätzlich­e Gelder zu generieren. Auch die Unterstütz­ung von Land und Kommunen sei laut Regert gut. Beispielsw­eise würden einige Kommunen den Vereinen bei den Mieten für die Hallen entgegenko­mmen. Regert: „Viele der Vereine verdienen mit der Fastnacht kein Geld.“Es seien die Feste, die die Karnevalis­ten über das gesamte Jahr organisier­ten, die das nötige Geld in die Kassen

spülten, um die fünfte Jahreszeit zu finanziere­n.

Für die Wirtschaft in Deutschlan­d ist der Karneval hingegen ein gutes Geschäft. Aktuellen Berechnung­en des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge beläuft sich der bundesweit­e Umsatz in dieser Session auf mehr als 1,7 Milliarden Euro. Allein in der Gastronomi­e wird mit einem Umsatz von 770 Millionen Euro gerechnet. Der Verkauf von Kostümen und Lutsch-Bonbons soll für rund 360 Millionen Euro Umsatz sorgen, die Übernachtu­ngen in Hotels bringen rund 190 Millionen Euro.

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FOTO: BECKERBRED­EL Für die Narrenscha­u in St. Ingbert fielen mehr als 4000 Euro Gema-Gebühren an, die der Verband Saardändis­cher Karnevalsv­ereine bezahlen muss.

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