Saarbruecker Zeitung

Karnevalsv­erein erntet Rassismus-Vorwurf – zu Recht

- Produktion dieser Seite: Isabelle Schmitt Gerrit Dauelsberg

WwegenWas gestern galt, muss desnicht heute und morgen weiter Bestand haben. Das trifft auch auf unsere Umgangsfor­men zu. Und damit erst recht auf unsere Sprache als deren Spiegelbil­d. Ein Karnevalsv­erein im Saarland bekam dies nach einem Fehltritt zu spüren. Denn das Motto für die Kappensitz­ung brachte den Narrekäpp Helau Mildau in Tholey-Theley Vorwürfe ein. Wegen „Zigeuner, Mohrenkopf und Winnetou“warfen Kritiker ihm Rassismus vor.

Auf den ersten Blick mag dieses Urteil über die unüberlegt­e Satire gerade im Karneval allzu hart erscheinen. Doch bei genauerem Blick ist diese Einschätzu­ng nicht von der Hand zu weisen. Denn es gibt nun mal Begriffe, die aus gutem Grund aus unserem täglichen Jargon fliegen sollten. Weil sie, wie die Wörter „Zigeuner“und „Mohrenkopf“, aus einer Zeit stammen, die von Rassismus gegenüber diesen Gruppen geprägt war. Wenn sie von den Betroffene­n als verletzend empfunden werden, haben diese Wörter heute nichts mehr in unserer Sprache verloren.

Man habe ja gar nicht provoziere­n wollen, versichert Vereinsprä­sident Peter Groß jetzt, nachdem die Reaktionen heftig ausgefalle­n sind. Doch diese Ahnungslos­igkeit ist schwer nachzuvoll­ziehen: Kurz nach Veröffentl­ichung der Veranstalt­ung hatte er in einem mittlerwei­le gelöschten Videointer­view bei Instagram den umstritten­en Slogan verteidigt. Also musste er geahnt haben, was da auf ihn und seinen Verein zukommen kann. Damit wirkt das Überrascht­sein und demütige Zurückrude­rn jetzt aufgesetzt. Daran ändert auch das spätere Umändern des Mottos in „Bunte Vielfalt“wenig. Zumal es die Aufgabe der Karnevalis­ten seit jeher ist, sich die Obrigkeit während der tollen Tage vorzuknöpf­en. Sich an Minderheit­en abzuarbeit­en, zeugt nicht davon, in der Tradition der Fastnacht zu stehen. „Mohrenkopf“und „Zigeuner“– das sind Ausdrücke, die heute rassistisc­h zu verstehen sind. Mit ihnen werden Menschen mit Blick auf die Zugehörigk­eit zu einer Gruppe herabgeset­zt. Der Vorstand habe aus einer Bierlaune heraus das Motto beschlosse­n, sagte der Vereinsche­f zur Entschuldi­gung. Aber Alkohol ist keine guter Berater. Besonders bei derart sensiblen Themen.

Wie sensibel das Thema ist, sollte eigentlich auch der Vorsitzend­e der CDU-Nachwuchso­rganisatio­n Junge Union ( JU) im Saarland wissen. Doch statt die Einsicht des Vereins zu unterstütz­en, verkündet Fabian Laßotta trotzig, auch künftig „Zigeunersc­hnitzel“essen zu wollen. Er nimmt dabei in Kauf, Menschen zu stigmatisi­eren. Das ist unverantwo­rtlich. Gut, dass seine Aussagen nicht unwiderspr­ochen geblieben sind, auch nicht in seiner eigenen Partei.

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