20 Jahre offenes Mikro in Saarbrücker City
Die Montagsdemonstranten sind gegen die Hartz-Gesetze auf die Straße gegangen. Auch die AfD wird Thema.
An jedem ersten Montag im Monat gehören sie fest zum Saarbrücker Stadtbild: die Montagsdemonstranten und ihr Mikro, an dem jeder für maximal drei Minuten seine Meinung sagen kann. Wie immer traf man sich vor der Europa-Galerie – an diesem kalten Februarabend bereits zum 518. Mal. Rund zehn Menschen und ein vierbeiniger Begleiter versammelten sich um 18 Uhr und liefen dann gemeinsam zur Thalia-Buchhandlung in der Bahnhofstraße.
Entstanden ist die Bewegung 2004 als Protestaktion gegen die Hartz-Gesetze des Saarländers Peter Hartz (SPD). Dieser hat kürzlich eine neue Idee vorgestellt: eine App, mit der Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Berufsleben flexibler gestalten können. Doch auch diese Idee sieht die Sprecherin der Demo eher skeptisch: „Diese hilft am Ende vermutlich eher dem Arbeitgeber und nicht dem Arbeitnehmer“, befürchtet Sabine Fricker. Sie wünscht sich grundlegende Reformen für den Arbeitsmarkt: „Die 35-Stunden-Woche ist lange überfällig.“Aktuelle Änderungen der Ampelregierung in Bezug auf das Bürgergeld lehnt sie ab: „Dass das Bürgergeld über Monate total sanktioniert werden kann,
darf nicht sein.“
Bei der Montagsdemo im Februar ging es aber nicht primär um den Arbeitsmarkt, sondern um den aktuellen Rechtsruck. Leitfrage der Demo: Sollte die AfD verboten werden? „Jeder darf etwas dazu sagen!“, ermutigte Sabine Fricker in der Fußgängerzone. Es dauerte nicht lange – und ein Mann meldete sich. Er erzählte von seiner Teilnahme an der großen Demo gegen die AfD in Saarbrücken am 3. Februar. Auf die Leitfrage geht er weniger ein, was allerdings kein
Problem ist. „Hier kann jeder völlig frei sprechen“, betonen die Organisatoren. Mit einer Ausnahme: „Nazis haben kein Rederecht.“
Nach einer kurzen Pause ruft jemand „Palästina“aus der Fußgängerzone. „Auch über dieses Thema müssen und sollten wir reden!“, bestätigen die Veranstalter – der Mann aber möchte nicht ans Mikro. Kurz darauf traut sich ein anderer junger Mann: „Jeder Mensch sollte mit Respekt behandelt werden.“
Eine andere Wortmeldung greift eine zentrale Sorge auf: „Wenn die AfD stärker wird, werden wir Migranten womöglich einfach abgeschoben.“Ein Teilnehmer positioniert sich klar: „Die AfD sollte verboten werden. Faschistische Organisationen brauchen keine öffentliche Bühne“, sagt er. Ein anderer Sprecher sieht das ähnlich: „Die AfD ist keine Protestpartei, sondern verschleiert die eigene, demagogische Politik. Man muss sie aufhalten“, sagt er. Sabine Fricker betont auch, dass der Rechtsruck gestoppt werden muss: „Die Festung Europa darf nicht ausgebaut werden!“Es kamen jedoch auch Gegenargumente von Passanten. Ein Sprecher weist darauf hin, dass die AfD bei einem Verbot schlechter kontrolliert werden könne. Ein Gegenargument: „Sie agiert leider auch jetzt bereits verdeckt, wie das Potsdamer Treffen zeigte.“
Das offene Mikro der Saarbrücker Montagsdemo bot wieder eine Plattform, um über aktuelle Themen zu sprechen – und es wurde viel diskutiert. Die demokratische Veranstaltung feiert bald einen wichtigen, runden Geburtstag: „Im August sind wir 20 Jahre auf der Straße“, berichten die Sprecher.