Seit 125 Jahren vertreibt Aspirin Schmerzen
Ob bei einer Erkältung oder nach einer durchzechten Nacht – Kopfschmerzen sind eine Plage. Mit Aspirin gibt es aber seit 125 Jahren ein Allzweckmittel dagegen.
(kna) Fast 23 Millionen Deutsche nutzen laut einer Studie der Techniker Krankenkasse mindestens einmal pro Woche ein Schmerzmittel; für knapp 2Millionen Menschen gehört es sogar zum täglichen Gebrauch. Nicht selten heißt das Mittel der Wahl dabei Acetylsalicylsäure.
Nicht nur zur Schmerzlinderung ist der schwer auszusprechende Wirkstoff gut. Acetylsalicylsäure, kurz ASS, wird auch als Blutverdünner eingesetzt. Medizinisch ist das laut der Deutschen Herzstiftung zwar nicht ganz zutreffend, dennoch kann es zur Vorsorge bei Herzkrankheiten mitunter lebensrettend sein.
Verwendet wird ASS deshalb inzwischen von verschiedenen Herstellern. Als Wirkstoff auf den Markt gebracht wurde sie jedoch vom deutschen Pharmaunternehmen Bayer vor nunmehr 125 Jahren. Ursprünglich hatte das Unternehmen geplant, sich ASS patentieren zu lassen.
Dieses Vorhaben scheiterte zwar. Doch das Patent auf den Markennamen Aspirin wurde akzeptiert: „A“für Acetyl, „spir“als Abkürzung für den lateinischen Namen des Gewächses
Echtes Mädchensüß, Spiraea ulmaria, und die für Arzneimittel gängige Schlussformel „in“.
Um die Urheberschaft des Wirkstoffes entspinnt sich indes eine tragische Kontroverse. Als Erfinder gilt offiziell der Pharmazeut Felix Hoffmann (1868-1946), der seit 1894 als Chemiker bei der „Farbenfabrik vorm. Friedr. Bayer & Co“– so der damalige Name des Unternehmens – im damals noch eigenständigen Wuppertaler Stadtteil Elberfeld eingestellt. Als solchem gelang ihm erst
mals die Synthetisierung von ASS in Reinform.
Später wurde diese Urheberschaft jedoch bestritten von Arthur Eichengrün, zu dieser Zeit ebenfalls Chemiker im Unternehmen und Hoffmanns Kollege. In einem Brief, den der jüdischstämmige Eichengrün 1944 aus dem Konzentrationslager Theresienstadt an die I.G. Farben in Frankfurt schickte, gab er an, den Plan für die Synthetisierung selbst erstellt zu haben. Hoffmann habe lediglich Anweisungen ausgeführt.
Diesen Vorwurf erhob Eichengrün nach dem Krieg erneut, jedoch blieb der Bayer-Konzern seitdem bei seiner Version mit Hoffmann als Urheber. Der schottische Historiker Walter Sneader hingegen forschte in den 1990er Jahren über den Ursprung von Aspirin. Er resümierte, dass die Urheberschaft Eichengrüns wahrscheinlicher sei; nur seine jüdische Herkunft habe seine Anerkennung verhindert.
Die Marke Aspirin wurde für Bayer in der Folgezeit jedenfalls zum Welterfolg. Auch in den USA und Großbritannien konnte der Name patentiert und das Mittel verkauft werden. Obwohl es inzwischen viele Hersteller gibt, die ASS nutzen, konnte sich „Aspirin“doch gleichsam vom Markenzum Gattungsnamen für eine ganze Reihe von schmerzhemmenden Medikamenten durchsetzen.
Trotz weltweiter Verbreitung ist die größte Produktionsstätte für Aspirin auch heute noch in Deutschland verortet, genauer in Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt. Rund drei Milliar
Obwohl es viele Hersteller gibt, die ASS nutzen, konnte sich „Aspirin“vom Markenzum Gattungsnamen durchsetzen.
den Tabletten werden dort jährlich produziert. Mit einem Umsatz von regelmäßig um eine Milliarde Euro ist Aspirin zudem die drittstärkste Marke des Konzerns im PharmaBereich.
Es wundert daher nicht, dass die Verknüpfung von Bayer und Aspirin in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin sehr stark ist – nicht zuletzt auch durch das auf die Tabletten gestanzte Bayer-Kreuz. Für den Chemie-Riesen eine willkommene Abwechslung taucht der Firmenname in der internationalen Berichterstattung zuletzt doch hauptsächlich in Gerichtsverfahren um den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat auf.