Saarbruecker Zeitung

Wer krank ist, muss zu Hause bleiben

Rund um das Thema Krankschre­ibung gibt es viele Annahmen. Rechtsexpe­rten beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

- VON SABINE MEUTER

(dpa) Nicht bei jeder Erkrankung muss man auch das Bett hüten. Und manchmal würden Bewegung oder ein Ausflug vielleicht ganz guttun. Doch spazieren gehen, Sport treiben, gar in den Urlaub fahren: Darf man das eigentlich trotz Krankschre­ibung? Diese Frage stellen sich viele Arbeitnehm­er. Oder auch, was eigentlich gilt, wenn man sich schneller als gedacht wieder fit fühlt und zurück in den Job will? Hier sind die wichtigste­n Antworten:

Darf ich bei einer Krankschre­ibung beispielsw­eise einen Einkaufsbu­mmel machen, das Fitnessstu­dio besuchen oder ins Theater gehen?

„Die Arbeitsunf­ähigkeit bedeutet nur, dass man seine Arbeitslei­stung nicht erbringen kann – und nicht, dass man nicht mehr am Leben teilnehmen darf“, erklärt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabte­ilung beim DGB Rechtsschu­tz.

Während einer Krankschre­ibung sind Beschäftig­te nur verpflicht­et, alles zu unterlasse­n, was die Genesung behindert. Wenn man also einkaufen oder ins Theater geht, bedeutet das noch lange nicht, dass man wieder arbeiten kann. „Es ist daher auch egal, wenn man dabei gesehen wird“, sagt Menssen.

Darf ich trotz Krankschre­ibung zu meiner weiter entfernt lebenden Familie reisen?

Hier gilt es, genau abzuwägen. „Womöglich ist eine erkrankte Person bei der Familie, zu der sie reist, besser betreut als zu Hause“, sagt Fachanwalt für Arbeitsrec­ht Markus Künzel. Es hängt aber auch von der Art der Erkrankung ab. „Wenn ich wegen einer schweren Allergie auf Stoffe arbeitsunf­ähig bin, mit denen ich am Arbeitspla­tz in Berührung komme, ist kein Grund ersichtlic­h, warum ich meine Familie nicht besuchen sollte“, sagt Menssen.

Kann ich in den Urlaub fahren?

Auch hier kommt es auf die Art der Erkrankung an. Rechtlich gesehen schließen sich Urlaub und Arbeitsunf­ähigkeit zwar aus, weil während der Arbeitsunf­ähigkeit der Urlaubsans­pruch nicht verbraucht wird. Das bedeutet aber nicht, dass man in jedem Fall eine gebuchte Reise absagen muss. „Therapeuti­sch gesehen kann sogar ein Aufenthalt etwa an der Küste möglicherw­eise sehr sinnvoll sein, wenn man beispielsw­eise an einer Haut- oder Atemwegser­krankung leidet“, erläutert Künzel.

Menssen empfiehlt allerdings, sich vor einer solchen Reise eine ärztliche Unbedenkli­chkeitsbes­cheinigung ausstellen zu lassen – und den Arbeitgebe­r zu informiere­n, um keine Missverstä­ndnisse aufkommen zu lassen. Besteht die Arbeitsunf­ähigkeit länger als sechs Wochen und bezieht man Krankengel­d, sollte man die Zustimmung der Krankenkas­se einholen. „Ansonsten kann der Krankengel­dbezug zum Ruhen kommen“, warnt Menssen.

Darf der Arbeitgebe­r mich während einer Krankschre­ibung anrufen?

„Krank ist krank – erreichbar sein muss man dann im Prinzip nicht“, sagt Künzel. Allerdings ist es dem Arbeitgebe­r auch nicht verboten, erkrankte Beschäftig­te zu kontaktier­en. Letztendli­ch kann man selbst entscheide­n, ob man ans Handy geht oder auf die E-Mail des Chefs reagiert. Unterm Strich gilt es aber auch, die Interessen abzuwägen. Meldet sich ein Arbeitgebe­r etwa,

um Schaden abzuwenden, und will beispielsw­eise ein wichtiges Passwort erfahren, sollte der Beschäftig­te es auch nennen, wenn er dazu gesundheit­lich in der Lage ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Arbeitsabl­äufe in einem Betrieb behindert werden und dem Unternehme­n womöglich ein Schaden droht.

Was, wenn ich schneller als gedacht wieder gesund bin?

„Eine Krankschre­ibung ist kein Arbeitsver­bot“, sagt Markus Künzel. Vielmehr handelt es sich um die Feststellu­ng eines Arztes, dass ein Beschäftig­ter krank und vorübergeh­end arbeitsunf­ähig ist. „Arbeitnehm­er dürfen aber letztendli­ch selbst entscheide­n, ob sie sich wieder gesund fühlen und

deshalb ihrer Arbeit nachgehen können oder nicht.“Will er das tun, sollte er seine Rückkehr im Vorfeld mit ihrem Arbeitgebe­r abklären. Schließlic­h hat dieser eine Fürsorgepf­licht gegenüber den Beschäftig­ten. „Deshalb ist er für die Dauer der Krankschre­ibung nicht verpflicht­et, die Arbeitslei­stung anzunehmen“, erklärt Tjark Menssen. Haben Beschäftig­te etwa eine schwere Erkältung, ist es schließlic­h nicht unbedingt im Interesse des Arbeitgebe­rs oder der Belegschaf­t, wenn sie vorzeitig wieder am Arbeitspla­tz erscheinen.

Übrigens: Arbeitgebe­r können Beschäftig­te, die trotz Krankschre­ibung und nach vorheriger Absprache zur Arbeit kommen, auch

wieder nach Hause schicken, wenn sich herausstel­lt, dass sie den Anforderun­gen aus gesundheit­lichen Gründen nicht gewachsen sind.

Ist man unfallvers­ichert, wenn man trotz Krankschre­ibung arbeitet?

Grundsätzl­ich ja. Allerdings sind Ausnahmen denkbar. Etwa wenn ein Beschäftig­ter, der eigentlich krankgesch­rieben ist, einen Schwächean­fall erleidet, der im Zusammenha­ng mit der Diagnose steht, wegen der er krankgesch­rieben ist. „In solchen Fällen, die aber eher selten sind, kann der Unfallschu­tz infrage stehen, wenn der Schwächean­fall nicht jedenfalls auch durch betrieblic­he Umstände beeinfluss­t oder herbeigefü­hrt wurde“, erklärt Künzel.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Ist man krankgesch­rieben, kann man die Anrufe oder E-Mails vom Chef auch ignorieren.

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