Japanisch baden, Elsässisch genießen
In Deutschland hat die Bäderkultur eine lange Tradition. In Frankreich dagegen ist sie erst seit einiger Zeit im Kommen. Ein Besuch im elsässischen Obernai in einem brandneuen Badetempel, dem Yonaguni Spa: Asiatische Klarheit und Ästhetik verbinden sich h
Lebensart in mittelalterlichem Flair – dafür ist das kleine Städtchen Obernai, 30 Autominuten von Straßburg entfernt, bekannt. Nicht weit vom entzückenden Ortskern mit seinen alten Fachwerkhäusern entfernt liegt ein Hotel, das sich ebenfalls einen Namen weit über die Grenzen des Elsass hinaus gemacht hat: das „Le Parc“. Es ist heute ein Vier-Sterne-Haus mit einem der besten Wellness-Angebote der Region, wenn nicht sogar ganz Frankreichs.
Das jedenfalls suggerieren die vielen internationalen Auszeichungen, die die Hotelier-Familie Wucher für ihr „Yonaguni Spa“seit dessen Eröffnung im Herbst 2020 bereits gesammelt hat. Auch wenn man auf diese Preise nicht viel gibt – das neue asiatisch inspirierte Badehaus im Garten des „Le Parc“gleich neben dem Hotel ist tatsächlich beeindruckend. Auf 3500 Quadratmetern und über zwei Etagen bietet es eine außergewöhnliche Bade- und Saunalandschaft. In Frankreich ist das eher selten.
Man kann im Yonaguni Spa durch ein Labyrinth schwimmen und in überraschenden Themen-Nischen abtauchen – und auftanken. Neben verschiedenen Saunen ist es ein großer Spaß, die vielen unterschiedlichen Erlebnisduschen auszuprobieren. Relaxt wird auf Wasserbetten im „Himalaya-Raum“, auf heißen Steinen im japanischen „Ganbanyoku“oder in kuscheligen Schaukel-Liegen. Wer Hunger hat, geht im Bademantel in die „Yuzu Bar“: Dort erwartet die Gäste ein Buffet mit exotischen Aromen und Gerichten, vor Ort an der Theke zubereitet. Für Gäste von außerhalb ist das Spa nur mit Mittag- oder Abendessen buchbar. 110 Euro muss man dafür hinlegen. Das ist – verglichen mit deutschen Bäder-Preisen gleich gegenüber im Schwarzwald beispielsweise – kein Schnäppchen. Und doch sei das „Yonaguni Spa“auf Monate hin ausgebucht,so Marc Wucher, Senior-Chef des Familienbetriebes. Denn die Franzosen entdeckten erst seit einigen Jahren die „Wasser- und Badekultur“, die in Deutschland dagegen eine lange, reiche Tradition habe. Gerade im grenznahen Elsass sind die großen deutschen Bäder, zum Beispiel das berühmte Baden-Baden, nicht weit. Das Yonaguni Spa profitiert davon.
Das nackte Saunieren konnten wir aber leider nicht bei uns durchsetzen“, lacht Marc Wucher. Da seien die Franzosen irgendwie verklemmt, findet er. Zusammen mit seiner Ehefrau Monique ist der 75-Jährige weiterhin die gute, gut gelaunte Seele des Hauses, dessen Führung mittlerweile Sohn Maxime als Direktor übernommen hat. Tochter Marie, preisgekrönte Patissière, und deren Ehemann, Gourmet-Koch Cyril Bonnard, bringen kulinarisch das gewisse Etwas mit. Ihre Kochkunst gelernt haben die beiden in Top-Küchen weltweit.
Obwohl das „Yonaguni Spa“gerade mal seit drei Jahren steht, wird das Hotel schon wieder erweitert: Zurzeit entsteht ein weiterer, ebenfalls asiatisch-puristisch inspirierter Anbau mit neuen Zimmern, neuen Restaurants, Tiefgarage und einem größeren Hotel-Pool. Neben dem
neuen „Yonaguni Spa“, für das auch die Hotelgäste 30 Euro zusätzlich bezahlen müssen, gibt es das „Asiane Spa“im Hotel selbst, das damit ebenfalls erneuert wird. Und auch das „Yonaguni“soll demnächst schon aufgestockt werden, so gut läuft es. „Wir haben hier alle fünf, sechs Jahre
angebaut“, lacht Marc Wucher. Dementsprechend verwinkelt ist sein Hotel, um dessen Ursprung sich heute mehrere Anbauten gruppieren. So wie sich Stil und Geschmack mit der Zeit änderten, änderten sich auch die Zimmer: Die älteren sind mit viel Holz im elsässischen Stil dekoriert. Die neuen asiatisch-nüchtern. So wie es den Junior-Chefs des Hauses gut gefällt.
Marie und Cyril lernten sich 2006 im Drei-Sterne-Restaurant von Joel Robuchon in Las Vegas kennen. „Beide sind viel gereist und haben dabei jede Menge Inspirationen in den besten Küchen der Welt gesammelt, vor allem in Asien“, erzählt Marc Wucher. „Das prägt unsere Küche.“Die hat zwar Anlehnungen an traditionell elsässische Spezialitäten. Wer auf Gugelhupf und Gänseleberpaste steht, findet diese im ausgezeichneten hoteleigenen Gourmet-Restaurant. Ansonsten verzichtet man dort auf schwere Kost und setzt vielmehr auf asiatische Leichtigkeit.
Asiatisch – genau genommen japanisch – geprägt ist auch das neue „Yonaguni Spa“. „Wir haben vier Jahre daran geplant und viel miteinander gekämpft“, erzählt Marc Wucher lachend. Der 75-Jährige ist ein Hotelier, wie er im Buche steht. Morgens empfängt er persönlich seine Gäste im großen Frühstücksraum mit „Live-Cuisine“vor den Augen der Gäste. Der Raum ist komplett mit Zeichnungen – und Frivolitäten – à la Tomi Ungerer gestaltet. Die Rückenlehnen der Stühle zum Beispiel tragen hier geschnürte rote Korsetts. Das ist nicht jedermanns Sache, aber es spiegelt den Humor des Senior-Chefs, der nach eigener Aussage „Deutsch auf dem Kopfkissen gelernt hat“. Und es sehr gut beherrscht.
Das „Le Parc“ist also ein sinnenfrohes Haus, das seine Attitude in seiner Einrichtung spiegelt, einem wild-witzigen Stilmix aus elsässischer Gemütlichkeit und üppiger Deko kombiniert mit asiatischer Klarheit und Eleganz. Der Stil ist gewagt, hat aber einen ganz eigenen Charme. Und man setzt sich damit wohltuend ab von der Hotel-DesignLangeweile so manch anderer Häuser. Das „Le Parc“– entstanden aus einer kleinen Pension,die Wuchers Mutter und Großmutter Anfang der 1950er Jahre eröffneten – ist also ein Familienbetrieb mit Herz, Seele und Traditionsbewusstsein, der sich ständig weiterentwickelt hat. „Wir zeigen in unserem Haus ausschließlich elsässische Künstler“, ist Wucher stolz. Auch die rot gehaltene, gemütliche Bar, benannt nach und gestaltet von Waydelich, ist ein Gesamtkunstwerk.