Internationale Kritik an geplanter israelischer Offensive in Rafah
GAZA/TEL AVIV (dpa) Die israelischen Pläne für eine Militäroffensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens, wo Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht haben, stoßen international auf Kritik. Außenministerin Annalena Baerbock warnte, dies wäre „eine humanitäre Katastrophe mit Ansage“. Der britische Außenminister David Cameron zeigte sich „zutiefst besorgt“. „Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Gazas sucht in der Gegend Zuflucht“, schrieb er auf der Plattform X. Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sicherte den Zivilisten einen „sicheren Korridor“zu. Die islamistische Hamas drohte am Sonntag für den Fall einer israelischen Offensive in Rafah mit einem Abbruch der Gespräche über ein mögliches GeiselAbkommen.
Netanjahu hatte der Armee am Freitag den Befehl erteilt, eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. Die Armee soll deshalb die Evakuierung der Zivilisten vorbereiten. Nach Angaben von Augenzeugen griff Israel bereits mehrfach Ziele in der Stadt aus der Luft an. Israelische Bodentruppen waren dort bislang aber nicht im Einsatz. Vor dem Gaza-Krieg hatte die an Ägypten grenzende Stadt rund 300 000 Einwohner, inzwischen sollen sich dort mindestens 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge aufhalten. Die meisten von ihnen flohen aus anderen Teilen des Küstenstreifens dorthin, teils auf Anordnung des israelischen Militärs. Baerbock mahnte, dass die Not in Rafah schon jetzt unfassbar sei. „Die Menschen in Gaza können sich nicht in Luft auflösen“, schrieb sie am Samstag auf X.
Die US-Regierung hatte sich schon vor Netanjahus Ankündigung deutlich gegen ein militärisches Vorgehen in Rafah ausgesprochen. UN-Generalsekretär António Guterres hatte vor einer weiteren Verschärfung der humanitären Lage und Folgen für die Region gewarnt. „Wir sind in dieser Sache nicht leichtsinnig“, versicherte der israelische Regierungschef in einem Interview des US-Senders ABC. Man werde der Zivilbevölkerung einen „sicheren Korridor gewähren, damit sie das Gebiet verlassen kann“.
Rafahs Bürgermeister Ahmed alSufi warnte, ein Militäreinsatz in der Stadt werde zu einem Massaker führen. Bei Angriffen aus der Luft auf zwei Häuser sollen am Samstag mehr als 20 Menschen getötet worden sein. Der Bürgermeister bestätigte die Opferzahl.
Israel erhob derweil erneut schwere Vorwürfe gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen. Unter dessen Hauptquartier in der Stadt Gaza habe man einen Tunnel entdeckt, der der Hamas als Datenzentrale für den militärischen Geheimdienst der Miliz gedient habe, teilte das israelische Militär am Samstagabend mit. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini erklärte dazu, man habe das Gebäude bereits in der Anfangsphase des Kriegs geräumt und von einem Tunnel darunter nichts gewusst. Israels Außenminister Israel Katz wies dies als „absurd“zurück und forderte die Ablösung des UNRWA-Chefs.