Der nunmehr teuerste Regierungsbau der Welt
Die Erweiterung des Kanzleramts kostet mehr als das ursprüngliche Gebäude, das Helmut Kohl nach der Wende in Auftrag gab. Daran entzündet sich Kritik.
BERLIN Über den Neubau des Kanzleramts in Berlin waren nicht alle glücklich. Er galt als protzig, herrschaftsbetont und überdimensioniert. Die Berliner verspotteten ihn als „Waschmaschine“. Trotzdem hat ihn der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) immer glühend verteidigt. Er sonnte sich eben ein bisschen in der gewachsenen Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland. Immerhin war das Werk der beiden Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank in nur vier Jahren Bauzeit bezugsfertig. Auch die Kosten in Höhe von damals 513 Millionen Mark sprengten nicht weit den Rahmen der damals veranschlagten knapp 400 Millionen Mark. Kohls Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) lästerte zwar über den Bau, zog aber 2001 dort gerne ein. Und auch die eher bescheidene Angela Merkel (CDU), die Vorgängerin von Kanzler Olaf Scholz, fühlte sich im „Protzbau“sichtlich wohl.
Doch wie es so oft kommt, weisen auch „Bauten für die Ewigkeit“schnell Mängel auf. Und die gewachsenen Aufgaben für das Kanzleramt wie Finanzkrise, Pandemie, Ukraine-Krieg, Cyberkriminalität, Digitalisierung verlangen nach allgemeiner Auffassung nach mehr Büroraum. Hausherr Scholz ist jedenfalls fest entschlossen, den seit vier Jahren geplanten Erweiterungsbau am Spreebogen durchzuziehen.
Nach bisheriger Planung soll er nun 777 Millionen Euro kosten, also mehr als der Bestandsbau. Die Kosten liegen schon jetzt über der ursprünglich angesetzten Summe von 485 Millionen Euro. Zugegeben, da kamen seit 2019 deutliche Baupreissteigerungen hinzu. Und 140 Millionen Euro sind als Sicherheitspuffer inzwischen eingeplant. Andererseits wird intern bereits davon gesprochen, dass der Bau 400 neuer Büroräume auf der anderen Spreeseite letztlich auch gut eine Milliarde Euro kosten könnte.
Klar, dass in einer Haushaltskrise solche Planungen wieder auf dem Prüfstand stehen. Der Regierungschef hat schon frühzeitig abgewunken. „Wir haben Entscheidungen getroffen schon in der letzten Legislaturperiode, und die entsprechenden Abarbeitungsschritte sind im Gange, wie man ja sehen kann, wenn man sich umguckt“, sagte der Kanzler schon vor Monaten, als erste Kritik an dem neuen repräsentativen Bau aufkam. Seither hüllt der Bundeskanzler sich in Schweigen, aber auf das Vorhaben verzichten will er keinesfalls. Als Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Planungen infrage stellte, soll Scholz getobt haben. Immerhin hat der Chef-Liberale auf seinen Erweiterungsbau in Höhe von 600 bis 800 Millionen Euro verzichtet.
Unlängst haben Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der in einem ähnlich repräsentativen Gebäude in München residiert, und der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, das Prestigeobjekt scharf kritisiert. Es sei unnötig, ließ der Christsoziale verlauten. „Ein Stopp der Kanzleramtspläne sollte Grundlage für eine Generalrevision sein“, meint Holznagel.
Der Erweiterungsbau des Kanzleramts, der den Sitz des Bundeskanzlers wohl zur teuersten Regierungszentrale der Welt macht, ist nicht das einzige Großbauprojekt in der Hauptstadt. Ebenso umstritten ist das neue Bundespräsidialamt, das nur für die Dauer von fünf Jahren als Unterkunft für das Staatsoberhaupt und seine Mitarbeiter dienen soll. Es kostet über 200 Millionen Euro und soll in gleicher Weise arbeiten wie der jetzige Sitz des Bundespräsidenten, das Schloss Bellevue. Der eigentliche Sitz der ersten Person im Staat soll in der Zeit von 2026 bis 2031 komplett renoviert werden. Er gilt als völlig marode.
Rundum kann der Hochgeschwindigkeitsausbau der Bundesbauten jedenfalls in diesem Tempo angesichts der Haushaltsnöte nicht weitergehen. So wichtig der Sitz des Bundeskanzlers ist – von den Sparmaßnahmen dürfte er wohl kaum gänzlich ausgenommen werden.
Wie es so oft kommt, weisen auch „Bauten für die Ewigkeit“schnell Mängel auf.