Eine verlorene Generation
Die Dokumentation „Das Hamlet-Syndrom“lässt junge Ukrainer zu Wort kommen.
SAARBRÜCKEN( ry) Der Krieg in der Ukraine hat die junge Generation seit der Annexion der Krim 2014 biszumBeginn des russischen Angriffskriegs tiefgreifend beeinflusst. EinigeMonate vorRusslands großangelegter Invasion derUkraineim Februar 2022 nahmen fünf junge Frauen und Männer unter der Leitung der jungen Regisseurin Rosa Sarkissjan in Kiew an einer modernen und einzigartigen Bühnenproduktion teil, die versucht, ihre Kriegserfahrungen mit denen von Hamlets Dilemma vom Sein oder Nichtsein zu verbinden. Sie konfrontieren sich mit Fragen zu Krieg, Rache sowieAngst und stellen sich schmerzhaft und zugleich befreiend ihren Erinnerungen. Das polnische Regie-Duo ElwiraNiewiera und Piotr Rosolowski begleitet für den Dokumentarfilm „Das Hamlet-Syndrom: Sein oder Nichtsein in der Ukraine“die Proben und porträtiert eine „verlorene“Generation, die trotz allerWidrigkeiten ihr Land zum Besseren verändern will.
Jeder Protagonist kämpft gegen seine eigene Enttäuschung, Ohnmacht undWut. Slavik ging als Soldat durch die Hölle von Krieg und Gefangenschaft. Katya möchte, dass ihreMutter ihr verzeiht, dass sie in den Krieg gezogen ist. Rodion, ein schwuler Mann, der aus dem von Konflikten heimgesuchten Donbass geflohen ist, sieht sich nun mit wachsender Homophobie konfrontiert. Roman, der als ungelernter Kriegssanitäter verletzte und tote Soldaten auf dem Schlachtfeld versorgte, kämpft noch immer mit diesen traumatischen Erinnerungen. Und Oxana ringt als Schauspielerin an einer künstlerischen Front.
Für alle ist die Bühne eine Plattform, auf der sie ihreBeschwerden und Sorgen über Hamlets Frage „Sein oder Nichtsein?“ausschütten können, auf der sie das Dilemma ihres Lebens reflektieren. Mit Fokus auf der ersten Generation, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geboren wurde, entwickelt sich „Das Hamlet-Syndrom“zu einem Dokumentarfilm, der lebhafte junge Menschen porträtiert, die versuchen, ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen, während sie gleichzeitig gezwungen sind, ihre traumatisierenden Erfahrungen zu verarbeiten. So schenken dieRegisseure Piotr Rosolowski und Elwira Niewiera der ukrainischen Jugend Gehör und geben den Zuschauern einen Einblick in deren Sichtweisen. Dadurch entsteht ein kraftvolles, berührendes Porträt, welches sich intensiv mit der schmerzhaften Vergangenheit der Ukrainer und Ukrainerinnen auseinandersetzt, dem Zuschauer die Augen öffnet und den Darstellern die Möglichkeit gibt, verdrängte Erfahrungen gemeinsam zu verarbeiten.
Das Hamlet-Syndrom, 0.15 Uhr, Arte