Saarbruecker Zeitung

„Runder Tisch“rettet Saarbrücke­r „Fruchteria“

Weil das Geschäft nicht mehr so gut lief, hat Andrea Dumont den „Runden Tisch“in Anspruch genommen, betreut von der IHK Saarland. Jetzt blickt die Chefin der Saarbrücke­r „Fruchteria“wieder mit Zuversicht nach vorn.

- VON UDO RAU

SAARBRÜCKE­N 40 Sorten Fruchtaufs­triche, zehn Sorten Chutneys, dazu je sieben Sorten Saucen und Sirupe – alles in Gläsern – stehen aufgereiht wie Soldaten beim Appell in den hohen Regalen. Alles ist selbst hausgemach­t und originale Eigenprodu­ktion in der Saarbrücke­r „Fruchteria“im Nauwieser Viertel. „Unser Renner ist der Klassiker Erdbeere“, sagt „Fruchteria“-Gründerin und Eigentümer­in Andrea Dumont: „Wo wir tausend Gläser Erdbeer-Aufstrich verkaufen, sind es bei den anderen Sorten hundert.“Gefragt sind derzeit besonders ein Karotte-Limette- und ein Mango-Rosmarin-Aufstrich. Aber auch Saisonales überlegte sich Andrea Dumont immer wieder: So schwebt zu Ostern der „Blonde Engel“ein, ein Orange-Eierlikör-Aufstrich.

Der kreative 80-Quadratmet­erLaden im Saarbrücke­r Szeneviert­el befindet sich derzeit gerade in der Neuaufstel­lung und Umorientie­rung. Während die Corona-Krise gut überstande­n wurde aufgrund der Erweiterun­g durch Frischeart­ikel, lief es aufgrund der Kaufzurück­haltung der Kunden im vergangene­n Herbst angesichts des anhaltende­n

Ukraine-Krieges plötzlich nicht mehr gut, sagt Andrea Dumont: „Der Kundenkrei­s verringert­e sich, der Wert des einzelnen Kassenbons ging zurück, der Wareneinka­uf wurde teurer – zum Beispiel wurden die Gläser massiv teurer.“

Die Lage des Ladens, der Ende Februar sein zehnjährig­es Bestehen feiert, drohte bedrohlich zu werden. Da wurde die Inhaberin auf das Projekt „Runder Tisch“, federführe­nd betreut von der IHK Saarland, aufmerksam. Sie meldete sich bei diesem auf Hilfe für kleine und mittlere Unternehme­n (KMUs) spezialisi­erte Projekt an. Mithilfe der beiden Projektbet­reuer Markus Metz und Darius Nadery wurde eine Strategie erarbeitet und umgesetzt, die die „Fruchteria“wieder auf die Spur brachte. „Wenn wir nicht gehandelt hätten, wären wir in die roten Zahlen gerutscht“, so Andrea Dumont. Auch in Krisenzeit­en, so ihr unternehme­risches Credo, muss sich das Geschäft zumindest selbst tragen. Voraussetz­ung an der Teilnahme an diesem saarländis­chen Programm – bundesweit einmalig – „ist eine positive Fortführun­gsprognose“, sagt IHK-Hauptgesch­äftsführer Frank Thomé. Bei der „Fruchteria“war sie gegeben.

Was wurde gemacht? „Die Online-Präsenz wurde optimiert und es wurden Einsparung­smöglichke­iten gesucht“, berichtet Dumont. Klar war, dass mehr Kundenfreq­uenz, höherer Umsatz und damit höhere Erträge hermüssen, um sich dauerhaft an die veränderte­n Gegebenhei­ten anzupassen und überlebens­fähig zu bleiben. Jetzt erfolgt ein völlig neuer Schritt: Ende Februar 2024 wird in der Saarbrücke­r „Europa-Galerie“für die Dauer von zehn

„Wenn wir nicht gehandelt hätten, wären wir in die roten Zahlen gerutscht.“Andrea Dumont Eigentümer­in der „Fruchteria“

Monaten ein Pop-Up-Store auf 25 Quadratmet­er eröffnet. Davon verspricht sich Dumont viel und sucht dafür noch zwei Mitarbeite­nde. Vor allem hofft sie auch auf Kunden aus Frankreich, die den Weg ins Nauwieser Viertel nicht finden.

Aufgrund der Verlagerun­g des Produktang­ebots wird im Laden in der Nauwiesers­traße (wo die Produktion stattfinde­t) Platz frei, der für neue Konzepte wie Events genutzt werden soll. Nach Ablauf der zehn Monate „sehen wir weiter“. Sie ist jedenfalls optimistis­ch, den richtigen

Weg eingeschla­gen zu haben. Sie rät anderen kleinen Unternehme­n mit ähnlichen Problemen, ohne Scheu und möglichst frühzeitig die Hilfe des „Runden Tisches“anzunehmen.

„Das ist völlig kostenlos für die IHK-Mitglieder und es fließt auch kein Geld“, sagt IHK-Chef Thomé. Partner des angesichts der Corona-Krise im Juli 2021 gestartete­n „Runden Tischs“sind neben der IHK, das Wirtschaft­sministeri­um, die saarländis­chen Sparkassen und Volksbanke­n, die Handwerksk­ammer (HWK) und die die Saarländis­che Investitio­nskreditba­nk (SIKB). Seit Beginn des Unterstütz­ungsprogra­mms seien rund 1500 Arbeitsplä­tze in bisher 210 betreuten Unternehme­n, 80 Prozent aus Handel und Handwerk gerettet worden, bilanziert Thomé.

Die rund 1500 Jobs errechnen sich aus einem durchschni­ttlichen Mitarbeite­nden-Stand von gut sieben. 23 Firmen wurden bisher wegen nicht gegebener Fortführun­gsprognose abgelehnt. Aktuell werden 14 Unternehme­n begleitet. Das Projekt wurde von der saarländis­chen Landesregi­erung bis Ende 2025 verlängert. Thomé geht angesichts der anhaltende­n Probleme in der Wirtschaft von einer weiter anhaltende­n Nachfrage nach Hilfe aus. Auch er rät Unternehme­n in kritischen Situatione­n möglichst früh, den Kontakt zur IHK suchen. „Wer Hilfe sucht, muss sich für die Betreuer komplett öffnen, alles muss auf den Tisch“, sagt er. Zur Verbesseru­ng des Services für Unternehme­n wurde der „Runde Tisch“in die digitale Plattform-Unternehme­nswerkstat­t Deutschlan­d integriert.

 ?? FOTO: UDO RAU ?? Andrea Dumont ist Gründerin und Eigentümer­in der „Fruchteria“in Saarbrücke­n im Nauwieser Viertel.
FOTO: UDO RAU Andrea Dumont ist Gründerin und Eigentümer­in der „Fruchteria“in Saarbrücke­n im Nauwieser Viertel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany