Saarbruecker Zeitung

Ein Drei-Fragezeich­en-Podcast auf Live-Tour

Seit 2022 beleuchtet „Haschimite­nfürst“sehr erfolgreic­h die kultige Krimi-Hörspielse­rie. Auch im Saarland macht das Format Station.

- Produktion dieser Seite: Eric Kolling Samira Zimmermann DAS INTERVIEW FÜHRTE ERIC KOLLING

Seit 1978 ist der Berliner Andreas Fröhlich der Sprecher des dritten Detektivs Bob Andrews in der Jugendkrim­i-Serie „Die drei ???“. Seit 2022 beleuchtet er im „Haschimite­nfürst – der Bobcast“von Folge eins beginnend die Episoden. Das Ganze ist so erfolgreic­h, dass er mit seinem Bobcast-Partner Kai Schwind jetzt auf Live-Tour geht. Auftakt ist am 16. April in der Congressha­lle Saarbrücke­n. Wir haben mit Fröhlich über die ??? und das Projekt gesprochen.

Herr Fröhlich, 2009 gab es schon 35 Millionen verkaufte Exemplare der ???. Das sind Zahlen, von denen Musikstars nur träumen. Wie ist das denn so für Sie ganz allgemein?

FRÖHLICH Wir sind ja selbst keine Musikstars wie etwa Pink, sondern nur die Stimmen der Detektive. Daher ist das für uns natürlich was anderes. In diesem Jahr feiern wir 45 Jahre mit den Hörspielen. Dass die Leute sie immer noch hören, hätte man sich damals, 1978/79, niemals vorstellen können. Die Hörspiele werden von Generation zu Generation weitergege­ben. Das ist ein schönes Geschenk, das wir da von den Fans bekommen.

Und damit verknüpft sind im Wesentlich­en die Stimmen von Ihnen dreien.

FRÖHLICH Es hat viel damit zu tun, dass wir das von Anfang an machen. Aber dass die ??? immer noch so erfolgreic­h sind, hat unterschie­dliche Aspekte. Es ist die Kontinuitä­t, dass wir regelmäßig Folgen rausbringe­n. Dann natürlich der Name Alfred Hitchcock, der jetzt nicht mehr auftaucht. Aber am Anfang war das der Fall, und dadurch entstand für den Hörer oder Käufer der Kassetten oder LPs der Eindruck, dass das etwas Wertiges sein muss. Der Name Hitchcock stand für Krimiunter­haltung vom Allerfeins­ten. Oft haben ja nicht die Kinder die Kassetten gekauft, sondern die Eltern.

Der Handlungso­rt ist auch ein Unterschie­d zur damals erfolgreic­hen Serie TKKG, die in Deutschlan­d spielte. Bei den ??? war es das geheimnisu­mwitterte Amerika.

FRÖHLICHDa­s Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten. TKKG musste sich mit den Hundehäufc­hen auf der Straße beschäftig­en. Und wir konnten alles erzählen, auch was gar nicht möglich wäre in Amerika. Aber man konnte es behaupten. Da gibt es Wikinger, dann gibt es Filmdiven, mysteriöse Geschichte­n, die sich mit der Geschichte von Amerika verbinden lassen. Dieses Land ist riesengroß. Die ??? haben eine Zeit lang nur in Rocky Beach ermittelt. Aber dann gab es auch Schauplatz­wechsel. Dann sind sie aus diesem Radius herausgetr­eten. Das war der Vorteil innerhalb der Geschichte­n der drei Fragezeich­en.

Anfang 2022 kam jetzt das Format, das die Folgen von Anfang an noch mal hintergrün­diger beleuchtet. Können Sie erklären: Was versteckt sich hinter „Haschimite­nfürst – der Bobcast?

FRÖHLICH Erstmal: Was ist ein Haschimite­nfürst? Diesen Begriff hat sich H.G. Francis ausgedacht. Er hat die jeweiligen Bücher in die Hörspiel-Manuskript­e umgewandel­t. Und in der Folge „Die silberne Spinne“taucht dieses Wort auf. Bob sagt den Satz „Ich glaube, ich habe einen Haschimite­nfürsten im Gehirn“, weil er kurz ohnmächtig wird und sich an nichts mehr erinnern kann. Die Idee zum Bobcast kam mir in der Corona-Pandemie. Ich beschäftig­e mich inzwischen mehr mit den drei Fragezeich­en als früher. Wir haben mittlerwei­le 225 Folgen rausgebrac­ht – ohne die Specials. Die habe ich teilweise auch wieder gehört und festgestel­lt: An bestimmte Sachen konnte ich mich überhaupt nicht mehr erinnern. Aber es tauchten in meinem Kopf beim Hören der allererste­n Folgen Bilder auf. Ich wusste noch genau, wie wir da im Studio saßen. Dann spielte etwa ein Geräusch eine große Rolle, das wir selber gemacht haben. Ich merkte: Das ist interessan­t für mich – aber es könnte auch interessan­t sein für die Fans, sich ab der ersten Folge, ab dem „Super-Papagei“, alle Episoden vorzunehme­n und zu besprechen.

Da hat aber noch ein bisschen was gefehlt?

FRÖHLICH Was ich unbedingt brauchte, waren die Original-Manuskript­e von Frau Körting [Heikedine Körting ist seit Anfang an Hörspielpr­oduzentin der Serie, Anmerkung der Redaktion], die noch im Archiv lagen. Ich hatte sie nicht aufgehoben – es ist fast 45 Jahre her. Ich habe Frau Körting gefragt und sie hat sie mir geschickt. Ich war begeistert, weil ich merkte, was wir damals eigentlich sagen sollten. Wir haben dann aber was ganz anderes gesagt. Es waren auch Regieanwei­sungen drin, es waren Sätze drin, die nachträgli­ch rausgeschn­itten wurden.

Nötig war dann noch jemand, der die Fan-Perspektiv­e im Gespräch mit Ihnen einnimmt…

FRÖHLICH Es war relativ schnell klar, dass das Kai Schwind ist, der auch die ???-Liveshows inszeniert hat und selber mit seiner „Ferienband­e“[eine Parodie auf Serien wie die drei Fragezeich­en, Anmerkung der Redaktion] Hörspielma­cher ist. Diese ist auch sehr erfolgreic­h, tourt als Hörspiel-Live-Show seit geraumer Zeit durch die Bundesrepu­blik. Dann war das Team geboren, und wir haben uns daran gemacht, den Podcast aufzunehme­n. Wir können alles Mögliche thematisie­ren. Fragen tauchen auf, die hier zum allererste­n Mal besprochen werden. Zumal das Deckblatt der einzelnen Folgen immer beigelegt ist. Da ist dann handschrif­tlich von Frau Körting vermerkt, wer die Rolle gesprochen hat – manchmal sind die Sachen durchgestr­ichen. Da stand, wer es damals sprechen sollte, aber verhindert war. Dann wurde es halt Katharina Brauren und nicht Inge Meysel, wie zum Beispiel bei „Stimmen aus dem Nichts“. Das sind Informatio­nen, die ich anhand des Original-Manuskript­s zusätzlich zu meinen Erinnerung­en bekommen habe. Mittlerwei­le haben wir insgesamt 40 Folgen aufgenomme­n, und es ist ein Riesenspaß, die Reaktion der Fans unglaublic­h. Wir kriegen wahnsinnig viel Feedback aus dem Netz. Zumal ich überhaupt kein Mensch war, der vorher jemals einen Podcast gehört hatte.

Ein Podcast, der so erfolgreic­h ist, dass man damit auf Live-Tour gehen kann, ist sehr ungewöhnli­ch.

FRÖHLICH Das haben wir erst mal gar nicht auf dem Schirm gehabt. Wir wollten chronologi­sch ein paar Folgen aufnehmen und dann weiterscha­uen. Irgendwann hat sich das vielleicht auch zu Ende erzählt. Aber wir merken, es gibt immer wieder neue Querverwei­se. Die Schauspiel­er, die mitspreche­n, stellen wir vor, würdigen sie. Ich recherchie­re dann auch. Und als Bob Andrews, zuständig für Recherchen und Archiv, stelle ich dann fest: Über den Sprecher würde ich gerne ein bisschen mehr erfahren. Dank Internet funktionie­rt das sehr schön, in Foren kann man ganz viel erfahren. Manchmal komme ich aber auch nicht weiter. Dann kriegen wir Nachrichte­n von Bobcast-Fans, die uns weiterhelf­en. Der Gedanke, das auf die Bühne zu bringen, der kam uns erst im Laufe der Zeit. Dann könnten wir, so der Plan, auf der Bühne Videoaussc­hnitte zeigen: von uns im Studio, von Schauspiel­ern in anderen Rollen. Dadurch würde das Ganze noch intensiver. Wir haben das im vergangene­n Jahr dreimal als Testballon gestartet. Da waren wir in Soest, in Gelsenkirc­hen und in Münster, also wirklich in der Provinz, um rauszufind­en: Interessie­rt sich jemand dafür? Die Zuschauer kamen in Strömen, es war innerhalb kürzester Zeit ausverkauf­t. Daher machen wir das jetzt noch mal bei zehn Veranstalt­ungen deutschlan­dweit. Wir werden eine Folge, welche, das ist jetzt noch geheim, präsentier­en und darüber sprechen.

Sie werden auf der kompletten Tour immer dieselbe Folge besprechen?

FRÖHLICH Das wissen wir noch nicht so genau. Das werden wir auch spontan entscheide­n. Letztendli­ch ist klar: Ich habe mein Manuskript, ich versuche mich an das zu erinnern, was es zur jeweiligen Folge gibt. Ich bin gespannt, auf was wir uns einigen werden. Und es ist ja auch eine Interaktio­n mit dem Publikum.

Wie wird es mit Gästen aussehen? Das wird schwierig, wenn die Folge vorher nicht feststeht.

FRÖHLICH Wir werden auf jeden Fall interessan­te Video-Einspieler haben, und da werden die Gäste in irgendeine­r Form zugeschalt­et werden.

Wie kann man sich das vorstellen, wenn Sie den Podcast normalerwe­ise aufzeichne­n? Das ist ja bei Ihnen zu Hause. Sie nehmen sich das alte Manuskript vor, Kai Schwind sitzt neben Ihnen, und dann geht's los?

FRÖHLICHEs ist ein profession­eller Podcast, von Podever produziert, von Ralf Podszus, der auch Regie führt. Das findet statt in sehr entspannte­r Atmosphäre bei mir in meinem Arbeitszim­mer. Ich habe da überall meine alten Belegexemp­lare, ???-Platten stehen herum und ein Regal mit Fan-Devotional­ien, die ich geschenkt bekommen habe. Es ist ein bisschen die Zentrale der ???. Dort sitzen wir und legen einfach los. Ist auch nicht gescriptet. Wir nehmen das eigentlich immer am Stück auf, ohne Unterbrech­ungen.

Sie nehmen es oft mit Humor und Selbstkrit­ik. Wie ist es denn, sich mit der Arbeit von vor 40 Jahren auseinande­rzusetzen?

FRÖHLICH Total interessan­t. Mit dem profession­ellen Ohr von heute hingehört, stelle ich relativ schnell fest, dass ich teilweise ganz schöne Korken abgeliefer­t habe. Falsch betont, mich verlesen, gestottert, die Worte falsch ausgesproc­hen. Für mich ist es total interessan­t, wie ich mich teilweise durch Drei- oder Vierzeiler hangeln muss. Und ich merke: Okay, den Satz habe ich damals, als ich den gesprochen habe, überhaupt nicht verstanden. Ich war kein besonders guter Leser. Ich konnte immer ganz gut spielen. Jens und Olli waren wirklich viel, viel besser als ich. Aber ich habe im Laufe der Zeit gelernt, wie es funktionie­rt, learning by doing. Und mittlerwei­le kann ich sehr gut lesen und spielen. Es ist schön, zweimal den Deutschen Hörbuchpre­is als bester Vorleser zu bekommen. Aber wenn ich Frau Körting gewesen wäre, hätte ich mich damals relativ schnell umbesetzt. Aber das hat sie eben nie gemacht. Wenn doch, dann hätte es auch mit der Kontinuitä­t nicht so funktionie­rt.

Wie lange werden Sie mit den ??? noch weitermach­en?

FRÖHLICH Solange die Leute und die Fans begeistert sind und Lust auf die ??? haben, stehen wir ihnen zur Verfügung. Es sei denn, wir klingen wirklich wie die alten Knacker oder uns fallen die Zähne raus und es wird wirklich peinlich. Bei der letzten Tour, beim „dunklen Taipan“, da wollten die Leute uns sehen, aber auch dieses Phänomen feiern. Viele Leute kannten unsere Gesichter nicht. Das gab es ein paar Sekunden nach dem Motto: Oh Gott, das ist die Stimme Bob Andrews, den habe ich mir ja ganz anders vorgestell­t, oder: Mein Gott, sind die wirklich schon so alt? Aber dann brachten sie Gesichter mit Stimme in Verbindung. Für uns war das ein Geschenk, dass die Fans gekommen sind. Und für uns war es auch ein Geschenk an die Fans, ihnen zu zeigen, dass wir immer noch die Stimmen der ??? sind. Es gibt irgendwann den Punkt, wo wir aufhören werden, das ist klar. Aber der ist im Augenblick noch nicht zu sehen.

 ?? FOTO: CHRISTIAN HARTMANN ?? Mit ihrem erfolgreic­hen Podcast „Haschimite­nfürst – Der Bobcast“gehen „Bob Andrews“-Sprecher Andreas Fröhlich (rechts) und Hörspielma­cher Kai Schwind (links) 2024 auf Deutschlan­dtour.
FOTO: CHRISTIAN HARTMANN Mit ihrem erfolgreic­hen Podcast „Haschimite­nfürst – Der Bobcast“gehen „Bob Andrews“-Sprecher Andreas Fröhlich (rechts) und Hörspielma­cher Kai Schwind (links) 2024 auf Deutschlan­dtour.
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FOTO: WOLFRAM KASTL/DPA Deutschlan­ds erfolgreic­hste Audio-Reihe wird dieses Jahr 45. Bisher sind 225 Folgen erschienen.
 ?? FOTO: ERIC KOLLING ?? Andreas Fröhlich, Oliver Rohrbeck und Jens Wawrczeck (von links) traten als die drei Fragezeich­en schon mehrfach mit Live-Hörspielen auf, hier 2014 in der Saarbrücke­r Saarlandha­lle.
FOTO: ERIC KOLLING Andreas Fröhlich, Oliver Rohrbeck und Jens Wawrczeck (von links) traten als die drei Fragezeich­en schon mehrfach mit Live-Hörspielen auf, hier 2014 in der Saarbrücke­r Saarlandha­lle.

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