Saarbruecker Zeitung

Das Warten auf die erste Medaille geht weiter

Deutsche Biathleten laufen bei der WM im tschechisc­hen Nove Mesto hinter den Französinn­en und den Norwegern hinterher.

- VON MARCO KRUMMEL

NOVE MESTO (sid) Nach einem historisch­en Fehlstart brachen bei Vanessa Voigt alle Dämme. Sie sei „auf dem Boden der Tatsachen“gelandet, sagte die 26-Jährige fassungslo­s und weinte bitterlich. „Das ist nicht die Leistung, die ich bringen will. Da reißt man sich das ganze Jahr den Arsch auf, und dann so was.“Wegen der Materialpr­obleme bestehe „Redebedarf“.

Nachdem das erfolgsver­wöhnte deutsche Biathlon-Team in Nove Mesto erst zum dritten Mal in diesem Jahrtausen­d nach der ersten WM-Woche eine Nullrunde hingelegt hatte, herrschte bei Franziska Preuß, Benedikt Doll und Co. Wut, Frust und Ratlosigke­it. Vor allem läuferisch gab es für die DSV-Stars gegen die überragend­en Französinn­en und die dominanten Norweger um Superstar Johannes Thingnes Bö, der sein 18. (!) WM-Gold gewann, in den ersten fünf Rennen nichts zu holen – auch nicht für Preuß im Verfolger am Sonntag über zehn Kilometer.

Wie im Sprint musste sich die 29-Jährige beim erneuten Triumph von Julia Simon, die vor der Italieneri­n Lisa Vittozzi und ihrer Teamkolleg­in Justine Braisaz-Bouchet bereits ihr drittes Gold holte, mit Rang sechs begnügen. Eine realistisc­he Chance auf das erhoffte Podium besaß Preuß nie. 35 Sekunden fehlten letztendli­ch zu Bronze. Auf der Strecke verlor sie zu den Besten über eine Minute, bei Voigt auf Rang 18 waren es gar knapp zwei.

„Ich bin schon enttäuscht, weil ich ein gutes Rennen gemacht habe und ab dem ersten Meter Vollgas gegeben habe. Trotzdem mache ich keine Platzierun­g gut“, haderte Preuß: „Es ist ein blödes Gefühl.“Mit nur einem Fehler und ihrer läuferisch­en Qualität wäre sie „mit guten Ski vorne hingelaufe­n“, mutmaßte Sportdirek­tor Felix Bitterling. Das Skimateria­l im schmutzige­n und weichen tschechisc­hen Schnee bleibt das große deutsche Problem. „Wir müssen extrem arbeiten, während die anderen fast fliegen“, monierte Bitterling am Sonntag: „Die Ski waren wieder nicht so grandios. Da brauchen wir nicht drumrum reden.“Am liebsten würde sie „gerne nach Östersund fliegen und dort die zweite Woche austragen, aber wir können es uns nicht aussuchen“, sagte Voigt sarkastisc­h.

Auch die Männer waren im Verfolger über 12,75 Kilometer – die Strecke war wegen Wind und Regen angepasst worden – nach dem Sprint-Debakel chancenlos. Johannes Kühn landete beim historisch­en norwegisch­en Fünffach-Triumph nach vier Schießfehl­ern mit über drei Minuten Rückstand als bester Deutscher nur auf dem ernüchtern­den 15. Rang. Nach dem schlechtes­ten Saisonerge­bnis im Sprint hatte bereits am Samstag miese Stimmung geherrscht. „Die Laufzeit ist mit Abstand das Schlechtes­te, was ich in diesem Winter angeboten haben. Das kotzt mich ziemlich an“, schimpfte Philipp Horn stellvertr­etend. So schlecht war das DSV-Team nur 2021 und 2013 in eine WM gestartet. Auch da gab es in den ersten Rennen keine Medaillen. „Wir haben noch eine Woche vor uns. Aufgeben tun wir auf alle Fälle nicht, wir bleiben dran“, sagte Frauen-Trainer Kristian Mehringer kämpferisc­h. Eigentlich sollte es in zwölf Entscheidu­ngen nach starken Vorleistun­gen am besten mehrere Medaillen geben – nun bleiben in der zweiten Hälfte nur noch sieben Gelegenhei­ten. Eine Weltmeiste­rschaft ohne deutsche Medaillen bei Männern und Frauen hat es noch nie gegeben.

Nach einem Ruhetag geht es am Dienstag (17.10 Uhr) bei den Frauen mit dem Einzel über 15 km weiter. Zur Erinnerung: 2013 und 2021 hatte es im zweiten WM-Abschnitt noch jeweils zwei Medaillen gegeben.

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FOTO: SCHMIDT/DPA Enttäuscht lässt Biathletin Franziska Preuss nach Platz sechs im Verfolgung­srennen bei der WM den Kopf hängen.
 ?? FOTO: KLAMAR/AFP ?? Drittes WM-Rennen, drittes Gold: die Französin Julia Simon ist die prägende Figur bei der Biathlon-WM in Nove Mesto.
FOTO: KLAMAR/AFP Drittes WM-Rennen, drittes Gold: die Französin Julia Simon ist die prägende Figur bei der Biathlon-WM in Nove Mesto.
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FOTO: SCHMIDT/DPA Die Norweger (v.l.n.r) Sturla Holm Laegreid (Zweiter), Sieger Johannes Thingnes Bö und Vetle Christians­en (Dritter) jubeln nach der Verfolgung.

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