AOK sieht Gefahr durch zu häufigen Antibiotika-Einsatz im Saarland
Nirgendwo sonst in Deutschland wurden zuletzt so viele Antibiotika verordnet, berichtet die Krankenkasse. Die Medikamente könnten bei zu häufigem Einsatz ihre Wirkung verlieren.
Die AOK warnt eindringlich vor einem zu häufigen Einsatz von Antibiotika im Saarland. „Umso öfter Antibiotika und ReserveAntibiotika verordnet werden, desto resistenter werden die Bakterien. Die einstigen effektiven Wunderwaffen gegen Infektionskrankheiten werden durch ihren häufigen Einsatz sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tierhaltung zunehmend kraftloser“, sagte Dr. Martina Niemeyer, die Vorstandsvorsitzende der AOK im Saarland und in Rheinland-Pfalz.
Wie aus einer aktuellen Analyse der Krankenkasse hervorgeht, wurden allein im Jahr 2022 im Bundesschnitt je 1000 gesetzlich Krankenversicherte 191 Standard-Antibiotika und 176 Reserve-Antibiotika verordnet. Das Saarland liegt bei beiden Medikamenten-Gruppen zusammen mit 228 Standard- und 216 Reserve-Antibiotika je 1000 Versicherten an der Spitze aller Bundesländer. Niemeyer empfiehlt regionale Infokampagnen, damit jede Antibiotika-Verordnung kritisch hinterfragt wird und Reserve-Antibiotika nur eingesetzt werden, wenn es unbedingt erforderlich ist.
Insgesamt haben Ärzte 2022 im Saarland der AOK-Analyse zufolge knapp 400 000 Mal Antibiotika für gesetzlich krankenversicherte verschrieben. Vor Beginn der CoronaPandemie im Jahr 2019 gab es im Saarland 460 000 Verordnungen. In den Corona-Jahren 2020 und 2021 wurde deutlich weniger verschrieben, pro Jahr rund 300 000.
Auch bundesweit wurden in den Corona-Jahren deutlich weniger Antibiotika verschrieben als im Jahr 2019. Damals waren es 34 Millionen.
Die Zahl der Verordnungen ist 2022 wieder auf 31 Millionen gestiegen.
Der Anteil von Reserve-Antibiotika blieb trotz des insgesamt wieder steigenden Antibiotika-Einsatzes stabil und lag bundesweit bei 42 Prozent. Im Saarland waren es 46 Prozent. Das wissenschaftliche Institut der AOK verzeichnet für die Reserve-Antibiotika bereits seit 2013 sinkende Verordnungszahlen. Trotzdem würden sie immer noch zu oft verordnet. Sie sollten nur im Bedarfsfall bei schweren bakteriellen Erkrankungen eingesetzt werden, bei denen die üblichen Antibiotika nicht mehr helfen.
Auch der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung verstärke das Problem der Resistenzbildung, da die Wirkstoffe zum Beispiel über den Konsum von Fleisch oder über das Grundwasser auch vom Menschen aufgenommen würden, erklärt die AOK. Zur medizinischen Versorgung der Patienten in Deutschland seien im Jahr 2022 insgesamt rund 272 Tonnen Antibiotika zum Einsatz gekommen, während es im Bereich der Tierhaltung laut einer Auswertung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit rund 540 Tonnen waren.
„Umso öfter Antibiotika und Reserve-Antibiotika verordnet werden, desto resistenter werden die Bakterien.“Dr. Martina Niemeyer Vorstandsvorsitzende der AOK im Saarland und in Rheinland-Pfalz