Was die neuen Trump-Drohungen für die Nato bedeuten
(dpa) Wie sieht die Zukunft der Nato aus, wenn Donald Trump noch einmal US-Präsident wird? Diese Frage stellt sich seit dem vergangenen Wochenende drängender als je. Der Republikaner machte da bei einem Wahlkampfauftritt deutlich, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. Die Empörung ist groß. Zu Recht?
Was hat Trump gesagt?
Der Republikaner erzählte seinen Anhängern bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat South Carolina, dass ihn der „Präsident eines großen Landes“einmal gefragt habe, ob die USA dessen Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle. Er habe dann geantwortet: „Nein, ich würde Euch nicht beschützen.“Vielmehr noch: Er würde Russland „sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“.
Wer könnte Trump die Frage gestellt haben?
Darüber sagte Trump nichts – letztlich ließ er sogar offen, ob er von einer wahren oder erfundenen Begebenheit berichtete. Der Republikaner sagte nämlich auch: „Nehmen wir an, das ist passiert.“
EU-Kommissar Thierry Breton äußerte im französischen Sender LCI die Vermutung, dass sich Trump auf ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezogen habe dürfte und nur wegen eines „kleinen Erinnerungsproblems“vom Präsidenten eines großen Landes geredet habe. Nach Angaben des Nachrichtenportals „Politico“hatte Breton darüber kürzlich schon bei einer Parteiveranstaltung berichtet. Trump soll bei dem Gespräch im Jahr 2020 beim Weltwirtschaftsforum in Davos gesagt haben: „Sie müssen verstehen, dass wir niemals kommen werden, um Ihnen zu helfen und Sie zu unterstützen, wenn Europa angegriffen wird – und übrigens: Die Nato ist tot, und wir werden die Nato verlassen.“
Warum gelten die Äußerungen Trumps als problematisch?
Die Nato setzt als Verteidigungsbündnis auf das Prinzip Abschreckung und dafür ist vor allem Artikel 5 des Nordatlantikvertrags relevant. Er regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird. Indem Trump deutlich macht, dass Alliierte mit aus seiner Sicht zu niedrigen Verteidigungsausgaben unter ihm als Präsident nicht auf US-Hilfe zählen könnten, konterkariert er das Abschreckungsprinzip. Besonders kritisch ist die Sache, weil die USA eine atomare Supermacht sind, deren Abschreckungspotenzial von anderen Alliierten nicht kompensiert werden kann.
Welche europäischen Alliierten zahlen aus Trumps Sicht zu wenig?
Spezifiziert hat Trump das zuletzt nicht – gemeint sein dürften aber zumindest alle Bündnispartner, die nicht die Nato-Zielvorgabe von Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen. Das waren zuletzt insbesondere südund westeuropäische Länder wie Belgien, Luxemburg, Spanien und Portugal. Nato-Alliierte in unmittelbarer Nähe zu Russland würden – abgesehen von Norwegen – nicht unter die Trump-Definition fallen und müssten sich eigentlich keine Sorgen machen. Finnland, Lettland und Estland lagen 2023 deutlich über zwei Prozent. Ebenfalls Polen und Litauen, die an die russischen Exklave Kaliningrad grenzen.
Was ist mit Deutschland?
Die Bundesrepublik kam im vergangenen Jahr nach vorläufigen Nato-Zahlen nur auf Verteidigungsausgaben von 1,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts. In diesem und den kommenden Jahren soll die Zwei-Prozent-Marke aber mithilfe eines Sondervermögens von 100 Milliarden Euro erreicht werden. Wenn Trump nur Staaten mit Ausgaben von unter zwei Prozent die Unterstützung versagen würde, wäre Deutschland damit sicher. Nach Nato-Angaben werden in diesem Jahr vermutlich etwa 20 der derzeit 31 Alliierten das Zwei-Prozent-Ziel erreichen.