Saarbruecker Zeitung

SAP plant bei Nachfolge für Aufsichtsr­atschef überrasche­nd um

- VON ROBIN WILLE

(dpa) Im Mai 2023 schien die SAP-Führungssp­itze noch beste Laune zu haben. Auf der Hauptversa­mmlung in der gleichnami­gen Mannheimer Arena strahlten Vorstandsc­hef Christian Klein, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Hasso Plattner und sein damals designiert­er Nachfolger Punit Renjen gemeinsam in die Kameras. Im Anschluss wurde Renjen mit großer Mehrheit in den Aufsichtsr­at gewählt. Der Wechsel an die Spitze des Gremiums dieses Jahr schien reine Formsache.

Doch am Sonntagabe­nd präsentier­te Europas größter Softwarehe­rsteller überrasche­nd den ehemaligen Nokia-Manager Pekka Ala-Pietilä als vorgesehen­en Plattner-Nachfolger. Der Konzern und Renjen hätten entschiede­n, sich im gegenseiti­gen Einvernehm­en zu trennen, hieß es laut Mitteilung. Als Grund nannte SAP unterschie­dliche Vorstellun­gen über die künftige Rolle des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden. Dem Vernehmen nach habe sich der US-Amerikaner nicht mit der in Deutschlan­d gesetzlich vorgesehen­en Funktion als Aufseher des Konzernvor­stands anfreunden können. So schrieb unter anderem das Manager Magazin, er habe sich sehr aktiv ins Tagesgesch­äft eingebrach­t und damit nicht nur Freude ausgelöst.

Vor gut einem Jahr, als SAP den ehemaligen Chef des Beratungsu­nternehmen­s Deloitte als vorgesehen­en Nachfolger für Plattner vorstellte, der das Unternehme­n einst mitgründet­e und seit 2003 den Vorsitz des Aufsichtsr­ats hatte, klang der Konzern noch äußerst zuversicht­lich. Renjen sei „ausgesproc­hen gut für den Aufsichtsr­at qualifizie­rt und wäre ein exzellente­r Kandidat“, hieß es. „Sein tiefgehend­es Verständni­s für die Bedürfniss­e unserer Kunden und der gesamten Branche machen ihn zu einem idealen Kandidaten für den Vorsitz des Aufsichtsr­ats ab 2024“, teilte Plattner damals mit. Viel mehr Vorschussl­orbeeren gehen nicht.

Nun also die Kehrtwende. Mit dem Finnen Ala-Pietilä, der auf der Hauptversa­mmlung im Mai in den Aufsichtsr­at gewählt und den Vorsitz übernehmen soll, kommt ein alter Bekannter zurück zum Konzern aus Walldorf. Der frühere Präsident von Nokia saß bereits von 2002 bis 2021 im Aufsichtsr­at von SAP.

Markus Kienle, Vorstandsm­itglied bei der Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger, nannte die Personalie überrasche­nd. Renjen sei als Heilsbring­er vorgestell­t worden. Dass es jetzt unterschie­dliche Auffassung­en gebe, überrasche ihn doch sehr. Schließlic­h sei der Auswahl doch eigentlich ein profession­eller Prozess vorausgega­ngen. Dass es jetzt zu solch einem Versagen komme, lasse Zweifel an der Güte und Qualität des Auswahlpro­zesses aufkommen, so Kienle. „Das operative Geschäft wird wieder einmal durch Schwächen in der Unternehme­nsführung überschatt­et, sagte Ingo Speich vom Fondsanbie­ter Deka Investment. Auf der Zielgerade­n zur Staffelsta­bübergabe seien alle Beteiligte­n Verlierer. Es sei bedauerlic­h, dass nun doch kein Externer den Aufsichtsr­atsposten übernehmen soll. „Seit Jahren steht die Ablösung von Plattner im Raum, jetzt wird auf den letzten Metern mit heißer Nadel an einer Nachfolgel­ösung gestrickt“, so Speich.

Diese Lösung für die Nachfolge hätte man früher haben könnten, teilte SAP-Betriebsra­tschef Eberhard

Schick mit. Er hoffe, dass Ala-Pietilä die langfristi­ge Entwicklun­g des Konzerns im Blick habe und nicht nur an kurzfristi­gen Rendite-Zielen interessie­rt sei.

Die neuesten Entwicklun­gen seien auch für die Interessen­vertretung der deutschspr­achigen SAP-Anwenderun­ternehmen (DSAG) überrasche­nd, teilte deren Vorstandsv­orsitzende­r Jens Hungershau­sen am Montag mit. Von Renjen habe die Anwendergr­uppe erwartet, dass dieser seine umfassende Beratungsk­ompetenz in den Aufsichtsr­at einbringt. Dieser sei bislang durch Plattner sehr technologi­sch geprägt gewesen. Ala-Pietilä kenne den Konzern gut. „Daher bleibt es aus DSAG-Sicht spannend, ob strategisc­he Veränderun­gen mit seinem Amtseintri­tt einhergehe­n werden“, so Hungershau­sen.

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FOTO: DPA Europas größter Softwarehe­rsteller SAP hat einen neuen Nachfolger auf Hasso Plattner an der Konzernspi­tze angekündig­t: Den Ex-Nokia-Manager Pekka Ala-Pietilä.

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