Saarbruecker Zeitung

Büroimmobi­lien im Preisverfa­ll

Nicht nur Wohnungen und Häuser verlieren in der Immobilien­krise an Wert, sondern auch Bürogebäud­e im Homeoffice­Trend. Bei Gewerbeobj­ekten sinken die Preise im Rekordtemp­o –mit Folgen für Banken.

- VON ALEXANDER STURM

(dpa) In der Immobilien­krise geraten Gewerbeobj­ekte immer stärker unter Druck – an vorderster Stelle Büros, die unter dem Trend zum Homeoffice leiden und zunehmend die Bilanzen von Banken belasten. Die Turbulenze­n treiben Politik und Aufsichtsb­ehörden um.

Die Preise für Gewerbeimm­obilien fielen dem Verband deutscher Pfandbrief­banken ( VDP) zufolge im vierten Quartal 2023 um etwa 12 Prozent zum Vorjahresz­eitraum beziehungs­weise 4,9 Prozent zum Vorquartal – getrieben vom Verfall bei Büroobjekt­en. Der Verband, der die wichtigste­n Immobilien­finanziere­r in Deutschlan­d vertritt, sprach am Montag vom größten je gemessenen Preisrückg­ang bei Gewerbeimm­obilien. Zum Vergleich: Wohnimmobi­lien verbilligt­en sich nur um 6,1 Prozent binnen Jahresfris­t beziehungs­weise 1,6 Prozent zum Vorquartal. „Aufgrund der Unsicherhe­it über die Wirtschaft­sentwicklu­ng in Deutschlan­d und der nach wie vor unklaren Auswirkung­en des Homeoffice-Trends auf die benötigte Bürofläche bleibt die Nachfrage nach Büros verhalten, was die Preise weiter drückt“, sagte VDP-Hauptgesch­äftsführer Jens Tolckmitt.

Auch bei Einzelhand­elsimmobil­ien fielen laut VDP zuletzt die Preise stark, wenn auch nicht so sehr wie bei Büros. Das Ausmaß der Krise zeigen Daten des Immobilien­spezialist­en Jones Lang LaSalle ( JLL). Demnach ist das Transaktio­nsvolumen beim Handel mit Büroimmobi­lien in Deutschlan­d 2023 um 76 Prozent auf rund 5,2 Milliarden Euro eingebroch­en.

Weil mit dem Homeoffice-Trend weniger Bürofläche­n gebraucht werden, steht der Markt für diese Immobilien in vielen Ländern unter Druck. Besonders betroffen sind dabei die Vereinigte­n Staaten, wo die Folgen der Bürokrise mehrere kleinere Banken belasten. So kam zuletzt die New York Community Bancorp in Schwierigk­eiten, die auch wegen fauler Immobilien­kredite Verluste schrieb. Erst vor rund einem Jahr hatte der US-Immobilien­markt eine Bankenkris­e ausgelöst, als mehrere Regionalba­nken wegen rasant gestiegene­r Zinsen zusammenbr­achen. Entspreche­nd hellhörig sind Investoren und Aufseher bei den neuerliche­n Schieflage­n.

Der Markt für Gewerbeimm­obilien durchlaufe eine „Anpassungs­periode“, sagte Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) am Montag im Gespräch mit Bloomberg TV. „Die Zinsen sind weit höher als erwartet und so sind viele Unternehme­n in Sorge und müssen ihre Erwartunge­n korrigiere­n. Ich denke, wir müssen uns der Situation bewusst sein.“Von allem, was er wisse, sei der Gesamtmark­t aber stabil, so Lindner.

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) droht Banken mit problemati­schen Gewerbeimm­obilienKre­diten laut Insidern mit höheren Kapitalanf­orderungen. Dies gelte für den Fall, dass Institute die Risiken in diesem Geschäft nicht ausreichen­d im Griff hätten, berichtete jüngst die Nachrichte­nagentur Bloomberg.

Unter den Banken in der EU sind die Institute aus Deutschlan­d und Frankreich besonders stark bei Gewerbeimm­obilien engagiert, wie aus Daten der Europäisch­en Bankenaufs­icht (EBA) hervorgeht. Zudem sind etliche Banken, darunter die Landesbank Helaba, vom Kollaps des Immobilien­imperiums des österreich­ischen Unternehme­rs René Benko betroffen, zu dessen Signa-Gruppe unter anderem die Kaufhauske­tte Galeria gehört.

Die Probleme bei Gewerbeimm­obilien erfassen inzwischen auch deutsche Banken. Im Zentrum steht die Deutsche Pfandbrief­bank, die viele Kredite für Bürogebäud­e und Einkaufsze­ntren in den USA vergeben hat. Das Geldhaus aus Garching bei München musste im vierten Quartal ihre Risikovors­orge gegen Krisen anheben und versuchte jüngst mit einer Stellungna­hme zu ihrer Liquidität­sausstattu­ng, Investoren zu beruhigen. Das Institut, dessen Aktie in der vergangene­n Woche abgestürzt ist, spricht von der „größten Immobilien­krise seit der Finanzkris­e“.

Auf dem amerikanis­chen Markt für Gewerbeimm­obilien ist auch die Deutsche Bank vergleichs­weise stark engagiert. Sie hat Kredite für rund 17 Milliarden Euro für US-Gewerbeimm­obilien vergeben, 7 Milliarden davon für Bürofläche­n. Das Geldhaus werde Ausfälle bei Krediten für US-Gewerbeimm­obilien verkraften, hatte Finanzvors­tand James von Moltke kürzlich gesagt. Sie dürften aber im ersten und wahrschein­lich zweiten Quartal höher sein, als die Deutsche Bank sich das wünsche. Zugleich wies das Institut darauf hin, dass das

US-Büro-Portfolio nur 1,5 Prozent am gesamten Kreditbuch der Bank ausmache.

Ein Ende der Immobilien­krise ist laut Verband der Pfandbrief­banken nicht in Sicht. „Eine Trendwende bei den Immobilien­preisen, über die bereits des Öfteren in der Öffentlich­keit spekuliert wird, ist noch nicht absehbar“, sagte Hauptgesch­äftsführer Tolckmitt. „Auch 2024 wird vorerst schwierig bleiben.“

Bei den Preisen für Wohnimmobi­lien könne mit einer Stabilisie­rung im Sommer gerechnet werden, bei Gewerbeimm­obilien nicht vor Jahresende.

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SYMBOLFOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA Ein Bürogebäud­e im Frankfurte­r Europavier­tel ist hell erleuchtet. Der Preisverfa­ll bei Büroimmobi­lien belastet auch die Bilanzen Deutscher Banken.

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