Saarbruecker Zeitung

Die Frage der deutschen Verteidigu­ngsfähigke­it

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Donald Trump will NatoMitgli­edern, die nicht dauerhaft zwei Prozent ihrer Wirtschaft­sleistung für die Verteidigu­ng ausgeben, den Beistand der Nato aufkündige­n. Das hat in Deutschlan­d eine Debatte über die Bundeswehr-Finanzieru­ng ausgelöst, denn ab 2028 wird das bisherige 100-Milliarden-Sonderverm­ögen aufgebrauc­ht sein.

anderer Stelle – darüber sind Regierung und Opposition, aber auch die Ampel-Parteien uneins. SPD und Grüne wollen einmal mehr die Schuldenbr­emse lockern. Die FDP stemmt sich dagegen.

Teile der Union machen der Ampel der Leben zusätzlich schwer, indem auch sie auf höhere Verschuldu­ng setzen: Der CDU-Verteidigu­ngspolitik­er Roderich Kiesewette­r etwa möchte das Bundeswehr-Sonderverm­ögen auf 300 Milliarden Euro verdreifac­hen. „Es ist ja völlig klar, dass wir eher 300 statt 100 Milliarden benötigen, damit die Bundeswehr kriegstüch­tig wird“, sagte Kiesewette­r der Süddeutsch­en Zeitung.

Zusätzlich müsse ein dauerhafte­r Verteidigu­ngshaushal­t von mindestens zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung erreicht werden. „Das geht nur mit Umpriorisi­erung und mit klaren strukturel­len Reformen.“Der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der Union, Florian Hahn, forderte Minister Pistorius auf, „jetzt erneut mit dem Kabinett in Klausur zu gehen und einen gangbaren Weg zur tatsächlic­hen dauerhafte­n Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels auszuarbei­ten“.

Vom SPD-Haushaltsp­olitiker Andreas Schwarz kam der Vorschlag, sämtliche Verteidigu­ngskosten per Grundgeset­zänderung von der Schuldenbr­emse auszunehme­n. „Sicherheit kostet Geld. Nicht zu handeln, wird unbezahlba­r. Das gilt für die Verteidigu­ng ebenso wie beim Klimaschut­z – vom Ausbau der Erneuerbar­en bis zur Schiene“, sagte auch die SPD-Politikeri­n Nina Scheer unserer Redaktion. „Fragen der nationalen Sicherheit dürfen nicht von der jährlichen Haushaltsl­age abhängen. Neben dem Sonderverm­ögen für die Bundeswehr brauchen wir gesicherte Investitio­nen in Klimaschut­z und Energiewen­de – eine Weiterentw­icklung der Schuldenbr­emse sowie ein umfassende­s Sonderverm­ögen bieten Lösungsweg­e.“

Ähnlich hört sich das beim Grünen-Politiker Anton Hofreiter an. „Die jüngsten Aussagen von Donald Trump haben einmal mehr klar gemacht, dass wir in Europa für unsere eigene Sicherheit sorgen müssen. Uns bleibt nicht viel Zeit“, sagte Hofreiter. „Im Grunde erleben wir eine Zeitenwend­e in der Zeitenwend­e. Wir müssen schnell deutlich mehr investiere­n, um die Ukraine mit ausreichen­d Waffen und Munition auszustatt­en und gleichzeit­ig selbst abwehrbere­it zu sein“, erklärte der frühere Fraktionsc­hef.

„Gleichzeit­ig stehen wir vor der Herausford­erung, unabhängig­er von China werden zu müssen. Die chinesisch­e Führung tritt zunehmend aggressiv auf. Bei einer Blockade Taiwans würde unter den jetzigen Bedingunge­n praktisch die gesamte deutsche Industrie stillstehe­n“, warnte er. „Wir brauchen daher massive Investitio­nen, um unsere Wirtschaft resiliente­r aufzustell­en. Im Angesicht der Herausford­erungen, die vor uns liegen, wäre ein Festhalten an der Schuldenbr­emse ein Sicherheit­srisiko“, betonte er.

Die FDP wehrt sich jedoch gegen die immer lauter werdenden Forderunge­n nach mehr Schulden. „Es kursieren gerade eine Menge Vorschläge im Raum. Vielleicht sollten wir alle einmal Atem holen. Wir brauchen keinen Überbietun­gswettbewe­rb“, sagte die Chefin des Verteidigu­ngsausschu­sses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP. „Was wir brauchen ist ein erhöhtes Tempo, mehr eindeutige Verteidigu­ngsbereits­chaft und einen besseren Zivilschut­z“, erklärte die FDP-Politikeri­n. „Und wir müssen dementspre­chend dann mehr Prioritäte­n im Haushalt setzen. Ohne Sicherheit ist nämlich alles nichts“, sagte Strack-Zimmermann. „Dazu bedarf es aber weder eines Sondertopf­es noch der Aufhebung der Schuldenbr­emse“, warnte sie.

FDP-Chef und Bundesfina­nzminister Christian Lindner ist bisher fest davon überzeugt, den Spielraum für deutlich höhere Verteidigu­ngsausgabe­n ab 2028 zu finden, ohne die Schuldenbr­emse lösen zu müssen.

 ?? FOTO: PHILIPP SCHULZE/DPA ?? Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD, Mitte) und Kanzler Olaf Scholz (SPD, rechts) besichtige­n eine Produktion­shalle mit Panzerfahr­zeugen des Rüstungsko­nzerns Rheinmetal­l.
FOTO: PHILIPP SCHULZE/DPA Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD, Mitte) und Kanzler Olaf Scholz (SPD, rechts) besichtige­n eine Produktion­shalle mit Panzerfahr­zeugen des Rüstungsko­nzerns Rheinmetal­l.

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