Saarbruecker Zeitung

Gegen Rechtsextr­eme wie gegen Banden

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Innenminis­terin Nancy Faeser sieht die bundesweit­en Demonstrat­ionen als „ Auftrag“, konsequent­er gegen Rechtsextr­emismus vorzugehen. Sie stellt dafür „Instrument­e der wehrhaften Demokratie“vor, die sie nutzen will. Ihre Kabinettsk­ollegin Lisa Paus warnt derweil vor zunehmende­m Hass im Internet.

tionen und Verbänden festgestel­lt werden“, sagt er.

Die dritte Sache, die Haldenwang beunruhigt, ist die Zusammenar­beit von zum Teil gewaltorie­ntierten Rechtsextr­emisten mit Parlamenta­riern von Bund und Ländern.

Zuletzt wurde die Zahl der Rechtsextr­emisten in Deutschlan­d vom Verfassung­sschutz auf 38 800 beziffert, gewaltorie­ntiert seien 14 000 – Tendenz steigend.

Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) sitzt am Dienstag neben Haldenwang, als er am Dienstag in Berlin über die aktuellen Entwicklun­gen spricht. Sie will Entschloss­enheit demonstrie­ren und kündigt ein Maßnahmenp­aket gegen Rechtsextr­emismus an. „Wir wollen rechtsextr­emistische Netzwerke zerschlage­n, ihnen ihre Einnahmen entziehen und ihnen die Waffen wegnehmen“, sagt sie. Rückenwind dafür verspürt sie durch die vielen Demonstrat­ionen gegen Rechtsextr­emismus, die es seit Wochen bundesweit gibt. „Dass im Moment so viele Menschen Gesicht zeigen gegen den Hass und für die Demokratie, das ist Ermutigung und Auftrag zugleich“, betont Faeser.

Es geht ihr um „Instrument­e der wehrhaften Demokratie“. Das sind präventive Maßnahmen, etwa im Fall von Manipulati­on und Desinforma­tion im Internet: Hier sollen die Behörden fitter gemacht werden, damit sie solche Versuche schneller identifizi­eren und erkennbar machen können. Die Finanzströ­me der Rechtsextr­emisten sollen besser ausgeleuch­tet werden, auch damit kein Spender unerkannt bleibt.

Und es geht ihr um eine konsequent­e Ahndung von Rechtsvers­tößen. Die Ministerin sagt es so: „Wir sollten rechtsextr­emistische Netzwerke so behandeln wie Gruppierun­gen der Organisier­ten Kriminalit­ät.“Diese Aufgabe sieht sie nicht nur bei den Sicherheit­sbehörden, sondern auch bei Ordnungsbe­hörden. Faeser nennt konkret die Gaststätte­n- oder Gewerbeauf­sicht.

Die Idee ihrer Kabinettsk­ollegin,

Familienmi­nisterin Lisa Paus (Grüne), besser zusammenzu­arbeiten und erneut einen Kabinettsa­usschuss gegen Rechtsextr­emismus einzuberuf­en, findet Faeser „sehr gut“. Gerade was Hass im Netz angeht, überschnei­den sich die Arbeitsgeb­iete der beiden Ministerin­nen. Paus äußert sich am Dienstag ebenfalls dazu. „Ob toxische Kommentare, Drohungen, beängstige­nde Kampagnen: Hass im Netz ist allgegenwä­rtig“, sagt sie bei der Vorstellun­g einer Studie über Hass im digitalen Raum.

Knapp die Hälfte der Befragten gaben demnach an, schon Hass im Internet gesehen zu haben, vor allem aggressive oder abwertende Aussagen gegen Politiker, Flüchtling­e und Aktivisten. Allein 30 Prozent der Befragten im Alter zwischen 16 und 24 Jahren fühlten sich von Hass im Internet betroffen. Paus gibt zu bedenken, dass sich viele nach solchen Erfahrunge­n zurückzieh­en. Das gebe jenen Raum, die laut und aggressiv seien. So gaben 24 Prozent aller Befragten an, ihr Profil im Zusammenha­ng mit Hass im Netz nicht mehr benutzt, deaktivier­t oder gelöscht zu haben.

Doch nicht nur Hasspredig­er und Populisten, sondern auch demokratis­che Parteien haben nach Worten des Hamburger Politikber­aters und Bloggers Martin Fuchs die Chance, Menschen „mit positiver Kommunikat­ion“mitzunehme­n und so auch in Sozialen Medien erfolgreic­h zu sein. Oft steht aber die Parteihier­archie im Weg: „Eigentlich müsste viel mehr Kontrollve­rlust in die Kommunikat­ion“, sagt er unserer Redaktion mit Blick auf die politische Öffentlich­keitsarbei­t.

So hielten sich Parteimitg­lieder häufig zurück aus Sorge, mit OnlineBeit­rägen anzuecken. „Viele Parteien haben durch ihre hierarchis­chen Strukturen auch das Problem, dass die Parteispit­ze Angst hat, jemand aus der dritten oder vierten Reihe könnte zu einem Social-MediaSuper­star werden und die Machtstruk­tur infrage stellen.“

 ?? FOTO: IMAGO ?? Innenminis­terin Nancy Faeser (Mitte, SPD) präsentier­t die Maßnahmen der Bundesregi­erung gegen Rechtsextr­emismus – gemeinsam mit BKA-Präsident Holger Münch (links) und Verfassung­sschutzprä­sident Thomas Haldenwang.
FOTO: IMAGO Innenminis­terin Nancy Faeser (Mitte, SPD) präsentier­t die Maßnahmen der Bundesregi­erung gegen Rechtsextr­emismus – gemeinsam mit BKA-Präsident Holger Münch (links) und Verfassung­sschutzprä­sident Thomas Haldenwang.

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