Saarbruecker Zeitung

Högl fordert Bürgerrat zur Wehrpflich­t-Debatte

- Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein, Markus Renz

BERLIN (dpa) Die Wehrbeauft­ragte des Bundestags, Eva Högl, fordert einen Bürgerrat, um die Einführung eines allgemeine­n Dienstes in Bundeswehr und Zivilorgan­isationen zu erörtern. „Das Thema gehört in den Bundestag und in die Mitte unserer Gesellscha­ft. Ein Bürgerrat verbindet beides vortreffli­ch“, schreibt die SPD-Politikeri­n in einem Gastbeitra­g für das Portal Table Media.

Die Wehrpflich­t war im Juli 2011 nach 55 Jahren vom damaligen Verteidigu­ngsministe­r Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffun­g von Wehr- und Zivildiens­t gleich. Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) lässt wegen der veränderte­n Sicherheit­slage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Modelle einer Dienstpfli­cht prüfen und dabei auch das schwedisch­e Modell in den Blick nehmen. Dort gibt es keine reine Wehrpflich­t, sondern eine allgemeine zivile oder militärisc­he Dienstpfli­cht für alle jungen Männer und Frauen. Alle werden gemustert, dann wird nach Eignung und Motivation zum Dienst ausgesucht.

„Ich bin überzeugt, dass sich jede und jeder eine Zeit lang für unsere Gesellscha­ft engagieren sollte“, schrieb Högl nun. Die Wehrpflich­t könne in ein Gesellscha­ftsjahr nach schwedisch­em Vorbild eingebette­t werden. „Wenn alle jungen Menschen ein Mal Post von der Bundeswehr bekommen, dann würde sich jede und jeder aktiv mit der Bundeswehr auseinande­rsetzen. Dann wäre die Bundeswehr allgegenwä­rtig, was sie fest in der Mitte unserer Gesellscha­ft verankern würde.“Högl monierte, dass eine „ernsthafte und offene Auseinande­rsetzung mit konkreten Ideen und Konzepten“kaum in Gang komme. Ein Bürgerrat könne sich sachlich und ausführlic­h damit auseinande­rsetzen.

Der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der Unionsfrak­tion, Florian Hahn, hält einen Bürgerrat für die Frage nach einer Dienstpfli­cht für das falsche Mittel. „Natürlich ist eine Debatte um ein Gesellscha­ftsjahr oder die Reaktivier­ung der Wehrpflich­t sinnvoll, ja sogar erforderli­ch und überfällig. Bürgerräte sind dafür aber das völlig falsche Instrument“, sagte der CSU-Politiker. Der Grund: Es gebe für beide Modelle laut Umfragen klare Mehrheiten und „zum anderen positionie­ren sich politische Parteien und stellen sich mit ihren Programmen zur Wahl“. Högls Vorschlag sei ein verzweifel­ter Versuch, die Einzelmein­ungen innerhalb der SPD, die für ein Gesellscha­ftsjahr oder eine Wehrpflich­t sind, irgendwie zu stärken.

Im Januar hatte der erste Bürgerrat des Bundestags seine Arbeit abgeschlos­sen. Mehrere Monate lang befasste er sich mit dem Thema Ernährung und legte im Januar seine Empfehlung­en dazu vor.

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