Dracula auf See, mit Ausstattung aus dem Saarland
SAARBRÜCKEN Schade um diesen feinen Gruselfilm – schon nach zwei, drei Wochen war er aus den Kinos verschwunden, vom Publikum unbemerkt. Unverdient, aber nicht unerklärlich: „Die letzte Fahrt der Demeter“bietet im besten Sinn klassischen Horror, lässt sich Zeit, seine Figuren vorzustellen, ist eher am Spannungsaufbau denn an schnellen Schocks interessiert (auch wenn es doch ziemlich gruselig wird). Da muss er im Vergleich zum üblichen Horror-Angebot etwas altmodisch wirken – oder doch schon wieder ziemlich modern?
Basis der Handlung ist eine Episode aus Bram Stokers Roman „Dracula“, die dort nur wenige Seiten füllt: die schaurige Schiffsreise des blutsaugenden Aristokraten von seiner Heimat Rumänien nach England im Jahr 1897. Als erst das Proviant-Vieh im Schiffsbauch der „Demeter“ausgesaugt wird und sich Merkwürdigkeiten häufen, dämmert der Besatzung der „Demeter“, dass ihre Ladung von 24 sargähnlichen Kisten damit zu tun hat. Ein Kampf beginnt zwischen der Besatzung und dem Vampir, der hier kein relativ eleganter Blutsauger ist, wie einst Christopher Lee oder zuletzt Claes Bang in der „Dracula“-Version der BBC (aktuell bei Netflix); der Vampir hier ist eher Tier, eine Art große
Fledermaus, ohne Dialoge, aber mit spitzen Zähnen.
Zu der atmosphärischen Wirkung des US-Films des Norwegers André Ovredal („Trollhunter“, „Scary stories to tell in the dark“) trägt maßgeblich die Kulisse bei – hier wähnt man sich als Zuschauer nicht in einem Filmstudio, sondern tatsächlich in einem Schiff, in dessen
Bauch es bedrohlich knarzt und kracht, ob im Laderaum mit den mysteriösen Kisten, in der Kombüse oder in der Kapitänskajüte.
Ausgestattet hat das ein Mann aus Niederwürzbach: Bernhard Henrich, 2016 oscarnominiert für Steven Spielbergs Kalte-Kriegs-Geschichte „Bridge of Spies“. Seine lange Karriere begann der Bergmannssohn einst als Schaufensterdekorateur in Saarbrücken im damaligen PK Kaufhof, gestaltete dann im Berliner Schillertheater als Theaterplastiker Bühnen und landete schließlich beim Film, unter anderem bei „Comedian Harmonists“(1997). Für den StauffenbergFilm „Operation Walküre“(2008) mit Tom Cruise arbeitete er ebenso wie für Roman Pola skis „Der Ghostwriter“(2010) und George Clooneys Kunst-im-Krieg-Film „Monuments Men“(2014).
Für den Film war der Wahlberliner Henrich drei Monate auf Malta, gedreht wurde in Schiffskulissen in mehreren Studios; in der Hauptstadt Valletta wurde die historische
Festung Ricasoli aus dem 17. Jahrhundert zu einem Hafen umgestaltet – unter anderem mit 400 Kisten, Kästen und andere Requisiten, die Henrich „mit fünf 40-Tonnern“heranschaffen ließ, wie er sagt. Das eigens gebaute Schiff, 65 Meter lang und 14 Meter breit, lag in Malta in jenem Film-Tank vor Anker, in dem zuletzt auch die Serie „Das Boot“entstand. Das Schiffsinnere wurde mit einer dunklen Schellack-Mischung „herunter gealtert bis zum Gehtnichtmehr“, sagt Henrich, passend zur düsteren Stimmung des Ganzen. „Demeter“ist wohl der letzte große Film des 71-Jährigen, Henrich will jetzt den Ruhestand genießen – es ist eine würdige Abschiedsarbeit.
„Die letzte Fahrt der Demeter“ist als DVD und Bluray bei Universal erschienen.
Extras: Begleitender Audiokommentar mit Regisseur André Ovredal und Produzent Bradley Fisher, nicht verwendete Szenen, kurze Berichte zum Dreh und den digitalen Effekten.