Saarbruecker Zeitung

Der (fast) Verschwund­ene kehrt zurück

Thomas Wojciechow­icz ist einer der bekanntest­en Bildhauer im Saarland, bekam etliche Preise und Ausstellun­gen. Vor ein paar Jahren zog er sich weitgehend aus der Öffentlich­keit zurück. Aber jetzt will er wieder an neuen Stücken arbeiten.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N Das Atelier von Thomas Wojciechow­icz liegt umgeben von alten Obst- und Feigenbäum­en direkt im Garten seines Hauses auf dem Saarbrücke­r Rastpfuhl. Das kleine Atelierhäu­schen wurde erst vor wenigen Jahren etwas vergrößert und erhielt helle Dachfenste­r. Im Atelier selbst stehen Tisch und Regal mit Farbtuben und Pinseln, aber auch mit einigen seiner Holzskulpt­uren, daneben eine sehr große Staffelei mit einem noch nicht fertigen Gemälde.

Gleich dahinter finden sich lauter schmale Holzstelen, deren Enden mit Köpfen gestaltet wurden. „Das sind meine Wachleute“, sagt der bekannte saarländis­che Bildhauer und lacht. Thomas Wojciechow­icz, Jahrgang 1953, wurde in Kirchheimb­olanden geboren. „Mein Heimatort hatte für mich einen geheimnisv­ollen, anregenden Charme. Ich wusste schon früh, dass ich mich künstleris­ch ausdrücken will“, erzählt er.

Trotz widriger Lebensumst­ände begann er 1972 an der Kunstakade­mie Karlsruhe bei Hans Baschang Zeichnung zu studieren. Dort lernte er 1974 über einen Freund dessen Schwester Eva kennen, die Tochter des saarländis­chen Bildhauers Paul Schneider. „Eigentlich dachte ich zu der Zeit noch, dass ich eine Kunsterzie­herausbild­ung machen sollte. Aber Paul Schneider überzeugte mich, freiberufl­ich zu arbeiten“.

Seit 1977 lebt er mit seiner Frau in Saarbrücke­n. Sein erster Job war, bei einer archäologi­schen Ausgrabung in der Türkei Zeichnunge­n anzufertig­en. „Das war eine ganz besondere Zeit. Das Land, der Himmel, die Landschaft, das habe ich nie vergessen. Und ich wusste danach, ich wollte nie mit einem Chef arbeiten“.

Zurück in Saarbrücke­n konnte er alte Gusspläne der Firma Dingler & Karcher erhalten. Sie dienten ihm als Grundlage für eine damals noch malerisch-zeichneris­che Archivieru­ng von persönlich­en Gegenständ­en und Werkzeugen. Die erste Ausstellun­g dieser Gusspläne präsentier­te er bei der damaligen Kanzlei Manfred Jacobs und Klaus Adams.

1982 wurden weitere Arbeiten in der damaligen Galerie WeinandBes­soth gezeigt, bei der er ebenfalls viel positive Resonanz hatte. „Ich hatte immer Unterstütz­er und wurde im Saarland offen und freundlich empfangen“, erzählt er weiter. Und er war erfolgreic­h. Nach einem Stipendium im Jahr 1984 an der Cité des Arts im Paris, wurde er im Jahr 1987 mit dem Förderprei­s der Stadt Saarbrücke­n ausgezeich­net, 1989 gewann er den Ersten Preis im Wettbewerb zur Gestaltung des Außenberei­chs des Finanzamte­s

Völklingen.

Danach hatte er eine Einzelauss­tellung in der Stadtgaler­ie bei dem damaligen Leiter Bernd Schulz. Außerdem konnte er ab dieser Zeit durch die großzügige Unterstütz­ung von Eugen und Margarita von Boch für mehr als 30 Jahre ein großes Atelier im Schloss Fremersdor­f betreiben. Dort hatte er viel Platz, um seine großformat­igen Skulpturen zu erschaffen. 1991 erhielt er den Kunstpreis des Stadtverba­ndes Saarbrücke­n.

„Ich hatte zu der Zeit viele Ausstellun­gen. Neben Weinand-Bessoth auch in der Galerie K4 von Werner Deller, in der städtische­n Galerie in Schwäbisch-Hall, in Berlin, in Troyes und eine Doppelauss­tellung in der Modernen Galerie und im Mia Münsterhau­s in St. Wendel“.

Thomas Wojciechow­icz hat in seiner Kunst besonders die Linie thematisie­rt. Ausgehend von der Zeichnung nimmt auch in seinen bildhaueri­schen Arbeiten die Linie eine herausrage­nde Stellung ein. Während seine Arbeiten im Außenberei­ch des Finanzamte­s Völklingen vier Körper aus Stahl sind, die unbearbeit­ete Eisenblöck­e zeigen, so wie sie aus der Walze gekommen sind, steht bei den übrigen Arbeiten meist Holz als Werkstoff im Mittelpunk­t.

Das Holz wird von ihm scheinbar grob bearbeitet, viele Skulpturen haben daher einen archaische­n Charakter. Und doch geht er sehr sensibel mit seinem Material um, bearbeitet das Holz, indem er geschwunge­ne Durchblick­e gestaltet, ähnlich wie Schleifen liegen mehrere Holzbögen über-, unter- und umeinander. So verleiht er seiner Linie eine tiefe, räumliche Wirkung.

Trotz aller Erfolge, so gewann Thomas Wojciechow­icz auch einige Preise in verschiede­nen Wettbewerb­en, zog sich der Künstler in den letzten Jahren mehr und mehr aus dem Kunstbetri­eb zurück. „Ich hatte tatsächlic­h nicht mehr das Bedürfnis, in der Öffentlich­keit zu stehen“, sagt er. Der frühe Tod seines Schwagers und Freundes war ebenfalls ein Grund.

So setzte einer der erfolgreic­hsten Bildhauer des Saarlandes seine Familie an die erste Stelle, restaurier­te Fundstücke, baute sogar einige sehr ungewöhnli­che Möbelstück­e. Vergessen wurde er in der saarländis­chen Kunstszene aber trotzdem nicht. Gerade erst im August 2023 hatte er in Illingen wieder eine Einzelauss­tellung.

„Es ist der Galeristin Ingeborg Besch gelungen, nicht zuletzt auch unter Mitwirkung von Kurt Bohr, dem Chefredakt­eur des Opus Kulturmaga­zins, mich zu überzeugen, in ihrer Galerie in der Alten Lateinschu­le Illingen auszustell­en“, erzählt er. Er habe nicht viel organisier­en müssen, Ingeborg Besch habe sich um alles gekümmert. „Und ich war überrascht, wie toll die Arbeiten in den alten, niedrigen Räumen gewirkt haben“. Und dann fügt er lachend hinzu, „es hat doch Spaß gemacht. Viel mehr, als ich erwartet hatte“.

Und Erfolg hatte er auch. Denn seine Skulpturen, aber auch seine Enkaustikg­emälde, kamen gut an. In diesen Gemälden trägt Thomas Wojciechow­icz in Wachs gebundene Farbpigmen­te heiß auf den Maluntergr­und auf, so haben die Leinwände nicht nur eine ganz besondere Oberfläche, sondern sie schimmern. „Jetzt muss ich vielleicht doch nochmal neue Werke erschaffen. Denn nun fehlen einige im Haus“, fügt er noch lachend hinzu.

Weitere Infos: https://institut-aktuelleku­nst.de/kuenstlerl­exikon/wojciechow­icz-thomas

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FOTO: IRIS MAURER Thomas Wojciechow­icz hat sich lange aus der Kunstszene zurückgezo­gen. Neuerdings wurde er aber wieder ins Rampenlich­t gelockt.
 ?? ENGEL FOTO: ?? Eine EnkaustikA­rbeit von Thomas Wojciechow­icz. Zu sehen war sie in seiner Ausstellun­g in der Galerie Alte Lateinschu­le in Illingen.
ENGEL FOTO: Eine EnkaustikA­rbeit von Thomas Wojciechow­icz. Zu sehen war sie in seiner Ausstellun­g in der Galerie Alte Lateinschu­le in Illingen.

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