Novum an Homburger Klinik für Herzchirurgie
Prof. Dr. Gloria Färber ist die neue Direktorin der Klinik für Herzchirurgie in Homburg und damit die erste Direktorin überhaupt einer deutschen Klinik für Herzchirurgie. Sie will am Universitätsklinikum des Saarlandes zahlreiche Neuerungen einführen.
Die Professorin Gloria Färber ist neu am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg. Ihre Berufung zu Beginn dieses Jahres ist ein Meilenstein für die Geschlechtergleichheit in medizinischen Führungspositionen: Als neue Direktorin der Klinik für Herzchirurgie ist Färber die erste Frau in Deutschland, die einen Lehrstuhl in diesem Fachbereich übernimmt, in dem bislang sämtliche Professuren mit Männern besetzt waren.
Färber hat sich am Uniklinikum seit Jahresbeginn voll in die Arbeit gestürzt und bereits eine generelle Neuerung eingeführt: Die Chirurgin führt Herzoperationen minimalinvasiv durch. Bislang wurde am Uniklinikum hauptsächlich offen, das heißt mit Durchtrennung des Brustbeins operiert. Färber hingegen verwendet moderne minimalinvasive Zugangswege, die nur zwei bis fünf Zentimeter kleine Schnitte erfordern. Durch die kleine Öffnung führt sie die OPInstrumente in den Brustraum ein, durch ein weiteres kleines Loch wird eine Kamera geschoben. So können Bilder aus dem Inneren des Körpers auf einen Bildschirm übertragen werden, an dem sich die Chirurgin und ihr Team beim Operieren orientieren.
„Ich bin hier sehr herzlich empfangen worden und auf ein sehr gutes Team gestoßen, das auch sehr interessiert und motiviert ist“, sagt Färber. Deshalb seien nur ein kurzes Teamtraining und wenige Vorbesprechungen erforderlich gewesen, um danach sofort die ersten minimalinvasiven Operationen durchführen zu können. Der schnelle Umstieg von offenen zu minimalinvasiven Eingriffen sei kein Hexenwerk, weil die Prinzipien und Grundtechniken bei allen Herzoperationen die gleichen seien, erläutert die Herzspezialistin.
„Minimalinvasive Operationen sollen zu unserem Standard werden“, sagt die Klinikdirektorin. Sie war zuvor als stellvertretende Klinikdirektorin in der Herz- und Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Jena in Thüringen tätig. Für die neue Position im Saarland hat sie sich ge
gen zahlreiche Mitbewerber durchgesetzt. „Die Homburger Herzchirurgie ist für ihre Exzellenz bekannt. Daran will ich nicht nur anknüpfen, sondern unser Angebot und unsere Leistungen auch weiter ausbauen“, sagt Färber.
Einer der Schwerpunkte ist die chirurgische Reparatur geschädigter Mitralklappen. Die Mitralklappe ist ein Einlassventil in die linke Herzkammer, durch die sauerstoffreiches Blut aus den Lungen in die linke Herzkammer fließt, von wo aus es in den Körper gepumpt wird. Die Mitralklappe verhindert, dass das Blut während des Pumpens zurückfließt. „Eine Mitralklappe kann undicht werden, zum Beispiel bei einer Herzschwäche und einem krankhaft vergrößerten Herz“, erklärt Färber.
„Oder wenn die Verankerung vom Herzmuskel abreißt.“
Auch die Rekonstruktion von erkrankten Aortenklappen ist ein Schwerpunkt der Homburger Herzchirurgie. Die Aortenklappe ist das Auslassventil der linken Herzkammer. Durch sie gelangt das sauerstoffreiche Blut in die große Hauptschlagader, die Aorta, von wo es in die kleineren Blutgefäße weitergeleitet wird. „Ist die Aortenklappe geschädigt, kann Blut aus der Aorta zurück in die linke Hauptkammer fließen, wodurch diese sich mit der Zeit krankhaft vergrößert“, erläutert Färber. Für beide Herzklappen bieten Färber und ihr Team in vielen Fällen die Rekonstruktion als Alternative zum Klappenersatz an, oft auch minimalinvasiv. Eine der Neuerungen, die Gloria Färber in Homburg anstrebt, sind kombinierte minimalinvasive Operationen von Mitral- und Aortenklappe über nur einen Schnitt.
Herzerkrankungen, darunter Herzklappen-Defekte, können angeboren sein, doch in der großen Mehrzahl der Fälle entwickeln sie sich erst im Laufe des Lebens. „Dabei
spielt auch der Lebensstil eine Rolle“, sagt Färber. „Gesunde Ernährung, Normalgewicht, regelmäßige Bewegung, normaler Blutdruck sowie der Verzicht auf Alkohol und Nikotin beugen Herzbeschwerden vor.“
Bypass-Operationen wollen Färber und ihr Team künftig ohne Herz-Lungen-Maschine und möglichst minimalinvasiv durchführen. „Der operative Zugangsweg hängt von der Anatomie und der Schwere der Erkrankung ab. In kritischen Situationen müssen alle Herzkranzgefäße erreichbar sein, dann ist die Eröffnung des Brustbeins der bevorzugte Weg“, sagt die Chirurgin. Die koronare Herzerkrankung ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die in ganz Deutschland am häufigsten zu einer Herzoperation führt. Verengen sich durch Arterienverkalkung die Herzkranzgefäße, wird der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt. Letztlich droht ein Herzinfarkt. Mit Arterien oder Venen, die die Ärzte anderswo im Körper entnehmen, werden die Verengungen der Blutgefäße überbrückt.
Die Herzchirurgie in Homburg
ist eine der wenigen Kliniken in Deutschland, in der chronische Lungenembolien, die zu Lungenhochdruck führen, operiert werden. „Das war schon in Jena eines meiner Interessensgebiete“, sagt Färber. Sind Teile von Blutgerinnsel in den Lungengefäßen verblieben, führen sie dort zu einer zunehmenden Einengung. Bei der komplexen Operation, die pulmonale Thrombendarteriektomie genannt wird, schneiden die Chirurgen die betroffenen Lungengefäße auf und entfernen die Ablagerungen.
Färber gilt zudem als Spezialistin für Herzunterstützungssysteme, die bei chronischer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) eingesetzt werden, wenn Medikamente oder Herzschrittmacher nicht mehr ausreichen. Das sind Pumpen, die das kranke Herz unterstützen. „Nur in einem Prozent der Fälle muss das stark geschädigte Herz komplett ersetzt werden“, sagt Färber. Sie wird in ihrer Klinik auch seltene Erkrankungen behandeln, wie zum Beispiel das sogenannte Panzerherz, bei dem der Herzbeutel durch Verkalkungen oder Entzündungen zu steif und zu eng
geworden ist, oder krankhafte Verdickungen der linken Herzkammer.
Neben anderen Fortbildungen und Seminaren organisiert Färber zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie (DGTHG) bald zum vierten Mal ein speziell für Herzchirurginnen ausgerichtetes Seminar, bestehend aus Coaching und chirurgischem Training. Die Klinikdirektorin war 2020 Mitbegründerin des „Netzwerks der Herzchirurginnen“in der DGTHG. „Wir bieten Kolleginnen in allen Karrierestufen Hilfe, Unterstützung sowie Fort- und Weiterbildungen an“, erläutert Färber. „Wir wollen mehr Medizinstudentinnen und junge Ärztinnen für unser Fachgebiet gewinnen.“
Mit einem Augenzwinkern verweist Färber auf eine Aufsehen erregende Studie, die im Februar 2023 in der renommierten Fachzeitschrift Jama erschienen ist: Kanadische und US-amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Patientinnen ein geringeres Komplikationsrisiko und bessere Überlebenschancen haben, wenn sie von Frauen operiert werden.