Warum bekommen die Grünen so viel Hass ab?
Die Ampel-Regierung ist unpopulär, die Parteien kämpfen mit sinkenden Umfragewerten. Einzig die Grünen müssen in den Befragungen im Vergleich zu ihrem Wahlergebnis nicht so viele Stimmen abgeben. Warum bekommen gerade die GrünenPolitiker dann so viel ab v
Ricarda Lang macht gute Miene zum bösen Spiel. In ihrem Account in den sozialen Medien postet sie Bilder mit ihrem Verlobten zum Valentinstag und den Beginn der Berlinale in Berlin. Doch die Grünen-Chefin hat schwierige Tage hinter sich.
Die Grünen hatten am Mittwoch ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach aus Sicherheitsgründen abgesagt. Vorausgegangen waren massive Proteste und Blockaden unter anderem von Landwirten. Nach Angaben der Polizei kam es zu aggressivem Verhalten, Polizisten wurden verletzt. Beamte setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein.
An der Veranstaltung wollten neben Lang auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Ministerpräsident Winfried Kretschmann teilnehmen. Lang wurde später auch bei einer weiteren Veranstaltung in Schorndorf bei Stuttgart ausgepfiffen, beschimpft und an der Abreise gehindert. Neben „Hau ab“- und „Pfui“-Rufen musste sie weiter harte Beschimpfungen ertragen.
Anfang Januar hatten Landwirte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an der Nordseeküste am Verlassen einer Fähre gehindert, er kam von einem Urlaub auf Hallig Hooge. Nach Angaben der Polizei handelte es sich damals insgesamt um mehr als hundert Demonstranten.
Warum immer die Grünen? „Die Grünen sind eine stark milieugebundene Partei, und noch stärker werden sie als eine solche wahrgenommen und beschrieben“, sagt Robert Vehrkamp, der sich bei der Bertelsmann Stiftung mit Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt beschäftigt. Ihre Kernwählerschaft sei relativ stabil, ihre Anhänger vor allem Menschen, „die einer ökologischen und kulturellen Modernisierung positiv gegenüberstehen“. Gleichzeitig zeigten Untersuchungen der Stiftung, dass die Grünen in einigen Milieus der Gesellschaft stark polarisieren. Betrieben werde diese Polarisierung vor allem von der AfD, aber auch von Teilen der Freien Wähler, der Union und der FDP. Die zunehmenden Verbalattacken einiger Politiker gegen die Grünen befeuerten diese Polarisierung. Zudem seien die Grünen mit ihren Themen und Personen momentan sehr stark öffentlich präsent.
Was macht das mit den Politikern selbst? Lang hat mittlerweile Personenschützer und kann mit den Angriffen, denen sie sich auch im Netz ausgesetzt sieht, in der Regel gut umgehen. Doch die Attacken der vergangenen Tage gehen auch am grünen Spitzenpersonal nicht spurlos vorbei.
Bei der Veranstaltung von Grünen-Chef Omid Nouripour am Aschermittwoch in Landshut gab es auch Proteste und lauten Unmut. Auch bei seiner Rede wurde von Landwirten, die von den Grünen selbst eingeladen wurden, laut gebuht. Nouripour sagt einen Tag später dazu, dass sich seine Partei von Störern bei politischen Veranstaltungen nicht einschüchtern lassen werde. „Angst ist keine Option“. Die Leute, die gegen Parteiveranstaltungen vorgingen, hätten die Einschüchterung der anwesenden Politiker als Ziel. „Und wir werden uns nicht einschüchtern lassen“, betont Nouripour. „Wir werden nicht weichen.“
Nouripour zeigt Verständnis für die Anliegen vieler friedlicher Demonstranten. Er betont aber, dass diese Anliegen durch die Anwendung von Gewalt beschädigt würden. Deshalb sage er all den Leuten, die über solche Methoden auch nur nachdenken würden: „Ihr zerstört einfach euer gesamtes Anliegen, ihr zerstört eure Legitimität und ihr zerstört den Diskurs.“
Der Grünen-Chef sagt auch, dass die Störer nicht nur ein Problem seiner Partei seien. „Wenn unsere
„Und wir werden uns nicht einschüchtern lassen.“Omid Nouripur Co-Bundesvorsitzender der Grünen
Veranstaltungen nicht stattfinden können, dann ist das ein Problem der demokratischen Parteien an und für sich. Und wenn es der SPD passiert, dann ist es genauso auch unser Problem.“Das gelte auch für CDU, CSU oder FDP.
Übergreifend nahmen dann andere Parteien auch die Grünen in Schutz. Wenn Protest derart „ag
gressiv“sei und „einschüchternd“wirken solle, dass Veranstaltungen abgesagt werden müssten, dann seien „Grenzen überschritten“, betont NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). „Wir müssen alle miteinander zu einem respektvollen Umgang wieder zurückkommen, wenn Protest zu artikulieren ist.“
Auch bei den Auftritten des SPD
Vorsitzenden Lars Klingbeil am Aschermittwoch in Bayern gab es Proteste von Landwirten, die jeweils friedlich abliefen. Allerdings blieben die Forderungen der Protestierenden in Teilen unklar. Denn die politischen Gespräche laufen bereits, in der kommenden Woche wird der Dialog mit den Bundestagsfraktionen der Ampel-Parteien fortgesetzt.