Ein besonderes Gedenken an die Opfer von Hanau
Im Schatten der derzeitigen Proteste gegen Rechtsextremismus wird am Samstag der Opfer des rassistischen Anschlags vor vier Jahren gedacht.
(dpa) Nach Ansicht der Opferfamilien des Anschlags von Hanau steht die für diesen Samstag geplante Demonstration zum vierten Jahrestag des rassistischen Anschlags in der Stadt unter besonderen Vorzeichen. Grund dafür seien die zuletzt zahlreichen Kundgebungen gegen rechts. „Wenn man gegen Rechtsextremismus auf die Straße geht, dann muss man auch für Hanau auf die Straße gehen“, sagt Newroz Duman, Sprecherin der Initiative 19. Februar, in der sich Angehörige und Betroffene des Anschlags sowie Unterstützer zusammengeschlossen haben. Der Anschlag habe gezeigt, wohin Hetze und Rassismus führen könnten.
In Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.
Zum vierten Jahrestag des Anschlags sind eine offizielle Gedenkstunde auf dem Hauptfriedhof am 19. Februar und eine Demonstration zwei Tage zuvor geplant, zu der die Initiative aufgerufen hat. Mit der Demonstration solle an die Opfer erinnert und ein „starkes Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus“gesetzt werden, heißt es in dem Aufruf. Für die Kundgebung hätten sich bereits viele Besucherinnen und Besucher aus ganz Deutschland angekündigt, berichtete Duman. Angemeldet wurde die Demonstration für 3000 Menschen.
Die Angehörigen der Opfer hätten mit ihrem Kampf um Aufklärung und zur Erinnerung an die Toten einiges in der Gesellschaft erreicht, betonte die Sprecherin. „Die Namen der Opfer werden überall gesagt, auch in der Politik.“Das sei bei anderen Anschlägen nicht der Fall gewesen.
Zugleich bekräftigte Duman die Kritik der Initiative, dass nach den Anschlägen niemand die politische Verantwortung übernommen habe und es keine Konsequenzen gegeben habe. So habe es der Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag unter anderem versäumt, die Verantwortlichen für den nicht ausreichend besetzten Polizeinotruf in der Tatnacht und den verschlossenen Notausgang in der Arena-Bar im Stadtteil Kesselstadt, einem der Tatorte, beim Namen zu nennen.
Nach Ansicht des Hanauer Oberbürgermeisters Claus Kaminsky (SPD) ist der 19. Februar nicht nur ein Hanauer oder ein hessisches Ereignis. „Der Tag sollte uns jedes Jahr in ganz Deutschland dazu bringen, uns zu fragen: Wie weit sind wir im Kampf gegen rechts gekommen? Wir bewegen uns im Moment in die falsche Richtung, wenn man an die Berichte über ein Geheimtreffen radikaler Rechter in Potsdam denkt.“
Kaminsky kommt in diesem Zusammenhang zu einem enttäuschten Zwischenbefund. „Wir stehen im Kampf gegen rechts eher schlechter da als am 19. Februar 2020. Die gute Nachricht ist: Wir sehen bei den bundesweiten Demonstrationen, dass viele Menschen dagegen aufstehen.“
Unbeantwortet bleibt auch am vierten Jahrestag die Frage nach dem Standort des geplanten Mahnmals zur Erinnerung an die neun Ermordeten. „Eine große Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung ist gegen ein Mahnmal am Marktplatz. Dieser Platz ist vor allen anderen den Brüdern Grimm gewidmet“, erklärt der OB. Diese Haltung stößt bei den Angehörigen auf Unverständnis. „Auf dem Marktplatz ist genug Platz“, kritisiert Duman. „Wieso darf der 19. Februar nicht auf dem Marktplatz sichtbar sein?“Kaminsky macht sich für einen Standort ein paar Gehminuten vom Marktplatz entfernt stark. „Es wird ein besonderer Ort, der über Hanau hinaus seine Wirkung entfalten wird. Und vielleicht können wir den Platz davor auch ‚Platz des 19. Februar` nennen, um die Bedeutung zu unterstreichen.“
„Wir stehen im Kampf gegen rechts eher schlechter da als am 19. Februar 2020.“Claus Kaminsky (SPD) Oberbürgermeister von Hanau