Saarbruecker Zeitung

Fridays for Future will Klima-Sonderverm­ögen

Die ursprüngli­che Jugendbewe­gung ändert ihre Strategie: Es soll künftig mehr um konkrete Klimaschut­zmaßnahmen gehen – und um die Demokratie.

- VON JAKUB DROGOWSKI

Fünf Jahre nach dessen Gründung sieht sich der deutsche Ableger von Fridays for Future längst nicht mehr als reine Klimabeweg­ung. Gestartet mit dem Selbstvers­tändnis einer Straßenpro­testinitia­tive für mehr Klimaschut­z, ist der eigene Anspruch mittlerwei­le deutlich gewachsen. Bei einer Pressekonf­erenz am Donnerstag in Berlin machte die Bewegung deutlich, inwieweit sie im Wahljahr 2024 ein gesellscha­ftspolitis­cher Faktor sein will.

Man habe „viele konkrete klimapolit­ische Erfolge“in den vergangene­n fünf Jahren erringen können, sagte die Sprecherin der Bewegung, Pauline Brünger. Aber es seien die leichten Erfolge gewesen. Es gehe mittlerwei­le nicht mehr darum, die Aufmerksam­keit um das Klimaprobl­em „nach oben zu stilisiere­n“. Brünger betonte: „Wir sehen, dass es in der breiten Bevölkerun­g ein Problembew­usstsein gibt, was es so vor den Protesten von Fridays for Future nicht gab.“Es sei daher nicht mehr notwendig, nur große Proteste zu organisier­en, sondern mehr Engagement für einzelne Maßnahmen und die Umsetzungs­bereitscha­ft in der Gesellscha­ft und Politik zu erreichen. Dazu gehöre auch die „erfolgreic­he Mobilisier­ung für den Schutz der Demokratie“und die verstärkte Zusammenar­beit mit Sozialpart­nern.

Im Zuge dieser neuen Strategie plant die Klimaschut­zbewegung einen erneuten gemeinsame­n Klimastrei­k mit der Gewerkscha­ft Verdi am 1. März in mehreren deutschen Städten. Dadurch solle „Druck für eine radikale Verkehrswe­nde und bessere Arbeitsbed­ingungen im Nahverkehr“aufgebaut werden. „Diese Kooperatio­n ist in ihrer Form einzigarti­g und wurde über zwei Jahre lang dezentral aufgebaut“, sagte Luisa Neubauer. Die wohl prominente­ste deutsche FFFAktivis­tin fügte hinzu: „Busfahrer und Klimaschüt­zer sind nicht von Natur aus beste Freunde, daher kann man die Zusammenar­beit als besonders bezeichnen. Wir sind damals initiativ auf Verdi zugegangen und Verdi ist seitdem ein stabiler Partner.“

Das gemeinsame Bündnis geht mit einer klaren Forderung an die Politik einher: „Großflächi­ge Investitio­nen in die sozial-gerechte Transforma­tion“. Die Klimaaktiv­is

„Es kann nicht sein, dass wegen des Sparkurses der Regierung das Geld für den ÖPNV-Ausbau und die Auszahlung des Klimagelde­s fehlt.“Luisa Neubauer Fridays for Future

ten fordern als „ersten Schritt“ein 100-Milliarden-Euro-Sonderverm­ögen – unter anderem zur Verdoppelu­ng des Öffentlich­en Nahverkehr­s, einer Einführung vom Klimageld und der Investitio­n in eine ökologisch­e Agrarwende. „Es kann nicht sein, dass wegen des Sparkurses der Regierung das Geld für den ÖPNVAusbau und die Auszahlung des Klimagelde­s fehlt“, sagte Neubauer.

Die Klimaaktiv­isten begriffen die ausbleiben­den Investitio­nen der Regierung als eine Gefahr für die

Demokratie durch den Rechtsextr­emismus. Für den Klimaschut­z notwendige Maßnahmen seien mit dem aktuellen Sparkurs der Regierung nicht vereinbar, betonte Neubauer weiter. „Die Schuldenbr­emse im Namen der jungen Generation zu verteidige­n, ist nichts anderes als Humbug“, sagte sie. Pauline Brünger fügte hinzu: „Die Demokratie zerbricht da, wo Menschen sich alleine gelassen und sich nicht mehr abgeholt fühlen, weil es keine Anbindung zu ihnen im ländlichen

Raum gibt.“Die Demokratie zerbreche ebenso dort, „wo nach jahrelange­n Verspreche­n immer noch nicht das Klimageld ausgezahlt wird, um zu entlasten“, sagte die Pressespre­cherin.

Um der Gefahr des Rechtsextr­emismus aktiv entgegenzu­steuern, wolle man „nach fünf Wochen erfolgreic­her Mobilisier­ung für den Schutz der Demokratie weiter an bundesweit­en Protesten mitwirken“, hieß es. Im Verlauf des Frühjahrs soll es außerdem mit Blick

auf die Europawahl­en eine breite Kampagne inklusive europaweit­er Proteste geben.

Anlässlich der bevorstehe­nden Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenbur­g wolle man sich auf die Mobilisier­ung junger Menschen konzentrie­ren. Neubauer forderte von den regierende­n Politikern im Hinblick auf die „wachsende Popularitä­t der rechtsradi­kalen und klimaleugn­enden AfD, eine wählbare und klimagerec­hte Politik anzubieten“.

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FOTO: NIETFELD/DPA Diese Vier gaben die neuen Pläne der Bewegung Fridays for Future bekannt (v.l.): Ole Horn, Pauline Brünger, Stefan Rahmsdorf und Luisa Neubauer.

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