Habeck sieht auch 2024 kaum Wachstum
Die Bundesregierung und die EU-Kommission senken ihre Konjunkturprognosen für Deutschland kräftig nach unten, in Europa ist die größte Volkswirtschaft in diesem Jahr weiterhin Schlusslicht.
Die Bundesregierung begräbt die Hoffnung auf einen baldigen Aufschwung: Im Jahreswirtschaftsbericht, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kommende Woche vorlegen wird, erwartet die Regierung für 2024 nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bisher war sie von 1,3 Prozent ausgegangen. Auch die EU-Kommission senkte ihre Prognose für Europa insgesamt auf 0,9 Prozent (bisher 1,3) und für Deutschland auf 0,3 Prozent (bisher 0,8), womit die größte Volkswirtschaft das Schlusslicht in der EU sein werde. Dennoch löste Deutschland Japan am Donnerstag als drittgrößte Volkswirtschaft der Erde ab. Denn Japan leidet unter einer noch hartnäckigeren Flaute.
Das geringe Wachstum sei „in keinster Weise befriedigend“, gestand Habeck ein. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, die Prognose sei „peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich“. Beide sehen in der Prognose den klaren Auftrag für die Bundesregierung, rasche Maßnahmen zu entwickeln. Im Frühjahr wollen sie einen gemeinsamen Plan für mehr Wachstum vorlegen. Allerdings liegen die Auffassungen, wo die Ursachen für die Wachstumsschwäche liegen und wie man sie löst, weiterhin auseinander. Zudem werden die Analysen der beiden im SPD-geführten Kanzleramt nicht in Gänze geteilt. Hier verweist man auf externe Faktoren wie den Ukraine-Krieg und die Schwäche Chinas, die der ExportWirtschaft zu schaffen machten.
Habeck sagte, es müsse schnelle Entscheidungen darüber geben, was die Regierung tun könne. Er nannte eine schnellere Entbürokratisierung und eine schnellere Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Der Fachkräftemangel sei eine Wachstumsbremse. Er bekomme viele Anfragen von Unternehmen, die gerne eine Fabrik in Deutschland bauen wollten – sie sagten ihm aber, sie bräuchten gleiche Bedingungen wie in den USA. Habeck verwies auf staatliche Milliardensummen, mit denen die USA Firmen anlockten. Deutschland habe sich aber entschieden, Gelder restriktiver auszugeben. „Wenn es mehr Gelder gibt, dann gibt es keinen, der sich mehr freut als ich.“Das von Habeck ins Spiel gebrachte milliardenschweres, schuldenfinanziertes Sondervermögen, lehnt die FDP ab.
Deren Chef Lindner sieht eher strukturelle Nachteile als Ursache der Schwäche. Dazu gehören die hohe Bürokratielast, hohe Energiekosten und Unternehmenssteuern sowie der Fachkräftemangel und die Alterung der Gesellschaft. Auch der Föderalismus ist hinderlich: Die Länder stoppten das Wachstumschancengesetz im Bundesrat. Von der geplanten Entlastung der Firmen um fast acht Milliarden Euro bleibt wohl weniger als die Hälfte übrig.
Zu den äußeren Faktoren, die die Wachstumsschwäche erklären können, zählt der Ukraine-Krieg, der Energie für Unternehmen deutlich verteuert hat. Zudem hat die Europäische Zentralbank wegen der hohen Inflation die Zinsen erhöht, weshalb die Unternehmen für Kredite mehr bezahlen müssen. Die Verbraucher haben mit Kaufzurückhaltung auf die Inflation reagiert. Da die Rezession andauert, hat Habeck auch die Vorhersage für 2025 von bisher 1,5 auf 1 Prozent gesenkt.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) malte ein noch düstereres Bild. Nach der Befragung von mehr als 27 000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen erwartet der Verband ein Minus von 0,5 Prozent im laufenden Jahr. 2023 ging das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent zurück.
„Die Wachstumsschwäche lässt sich nicht nur mit Faktoren erklären, die von außen kommen, sondern auch mit hausgemachten Problemen“, sagte Ifo-Chef Clemens Fuest.
„Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche Deutschlands ist nicht überraschend und kein Grund zur Panik“, sagte dagegen DIW-Präsident Marcel Fratzscher. „Das Gerede von Deutschland als ,kranker Mann Euro
„Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche Deutschlands ist nicht überraschend und kein Grund zur Panik.“Marcel Fratzscher Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
pas´ ist fehl am Platz, denn Deutschland leidet stärker als fast alle anderen Industrieländer unter dem UkraineKrieg und den globalen Faktoren, da die deutsche Wirtschaft viel stärker von Exporten und fossilen Energieträgern abhängig ist, als die meisten anderen“, betonte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).