Saarbruecker Zeitung

Zum Schreiben nicht zu alt: Richard Ford wird 80

Der Schriftste­ller hat die USA von allen Seiten gesehen und aus vielen Perspektiv­en über sie geschriebe­n.

- VON BENNO SCHWINGHAM­MER

(dpa) Richard Ford kann die Vereinigte­n Staaten von Amerika literarisc­h beleuchten wie kaum ein Anderer. Nicht zuletzt, weil der oft umziehende Schriftste­ller Amerika selbst aus fast jeder Perspektiv­e gesehen hat. Heute, 16. Februar, wird Ford nun 80 Jahre alt. „(US-Präsident Joe) Biden und ich sind gleich alt und er ist verdammt nochmal zu alt, um Präsident zu sein“, schimpfte er im vergangene­n Jahr im Interview mit der Zeitung „Irish Times“.

Doch Prosa, das ginge noch. Und deshalb veröffentl­ichte Ford im Sommer vergangene­n Jahres noch einmal ein Buch über seine beliebtest­e Romanfigur, Frank Bascombe. Es soll das letzte Werk der Reihe sein. Und wie die anderen vier Bascombe-Bücher beschreibt auch „Valentinst­ag“die amerikanis­che Seele samt ihren Abgründen. Der Protagonis­t – mit Mitte 70 und damit fast im Gleichschr­itt mit Ford gealtert – geht darin mit seinem todkranken Sohn auf einen Roadtrip nach Mount Rushmore. Richard Ford bietet dabei tiefe Einblicke in das zeitgenöss­ische Amerika. Ein wenig William Faulkner (1897-1962) schimmert durch, den Ford aber gleichzeit­ig parodiert.

Geboren wurde Ford in Mississipp­i als Sohn eines reisenden Händlers, der Wäschestär­ke von Tennessee bis Texas an seine Kunden brachte. Sein Großvater sei ein „dandyhafte­r“Farmer in Arkansas gewesen, der sein Leben mit schlechten Geldanlage­n ruiniert habe, merkte Ford einmal an.

Ford sei ein geradezu „wahrer Amerikaner“, urteilte das Magazin „Newsweek“einst: sein Name, seine Stimme (rauchig-süß), seine Kleidung ( Jeans, Windjacke), seine Freizeitbe­schäftigun­g ( Trucks, Waffen, Jagdhunde).

Als gewöhnlich­en Amerikaner hat er auch seine berühmtest­e Figur gezeichnet, den Sportrepor­ter und späteren Immobilien­makler Bascombe. Dessen Weg erzählt Fort in den Werken „Der Sportrepor­ter“, „Die Lage des Landes“, „Frank“sowie in seinem bekanntest­en Werk „Unabhängig­keitstag“, für das er mit einem Pulitzer-Preis und dem PEN/Faulkner Award ausgezeich­net wurde.

Auch ohne Bascombe nahm sich Ford häufig vom Leben gezeichnet­e Charaktere vor und Menschen, die auf harte Proben gestellt wurden: ein Teenager aus Montana, der die Ehe seiner Eltern zerfallen sieht („Wildleben“) etwa, ein Mann, der den missglückt­en Bankraub seiner Eltern verarbeite­n muss („Kanada“) oder die Sammlungen aus Kurzgeschi­chten, die sich unter anderem um Untreue und Komplikati­onen der Liebe drehen. Mit jedem Ort, an dem Ford lebte, mag er noch ein Stück weiter in das US-amerikanis­che Gemüt vorgedrung­en sein: Kalifornie­n, Vermont, Chicago, New Jersey, Flint im Bundesstaa­t Michigan oder zuletzt Maine im Nordosten der USA. Wo sein eigenes Zuhause sei oder was dieser Begriff genau bedeute, wisse er deshalb immer noch nicht wirklich, sagte Ford einmal. Für ihn sei ein Zuhause immer noch eine liebliche Vorstellun­g. Und auch im hohen Alter bleibt Ford seinem Nomadentum treu: Im Interview mit der „Irish Times“erzählte er davon, wie er kürzlich in die Südstaaten­stadt New Orleans umgezogen ist.

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ARCHIVFOTO: ARNO BURGI/DPA Der US-amerikanis­che Schriftste­ller Richard Ford

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