Saarbruecker Zeitung

Kontrovers­en und Filmstar Murphy in Berlin

Fans stehen für den oscarnomin­ierten „Oppenheime­r“-Star an Absperrgit­tern und die Jury gibt erste Auskünfte. Zum Start der Berlinale wird hitzig über Politik diskutiert.

- VON PETER CLAUS UND SABRINA SZAMEITAT

(dpa) Der Auftritt von OscarFavor­it Cillian Murphy („Oppenheime­r“) wird in Berlin heiß ersehnt. Schon Stunden vor der Pressekonf­erenz zum Eröffnungs­film der Filmfestsp­iele stehen Fans an Absperrgit­tern auf Autogrammj­agd. Mit dabei ist eine Freundesgr­uppe, die extra aus Hessen und Thüringen für Murphy angereist ist. „Er ist einfach sympathisc­h“, sagt eine von ihnen. Murphy ist der Star der Romanverfi­lmung „Small Things Like These“, dem diesjährig­en Eröffnungs­film der Berlinale. Der 47-Jährige stellte unter anderem mit Produzent und „Oppenheime­r“-Kollege Matt Damon den Film am Donnerstag vor. „Ich liebe Berlin, das ist mein fünftes Mal bei den Berliner Filmfestsp­ielen. Ich liebe es hierherzuk­ommen, also nehme ich mir immer Zeit dafür“, sagte Murphy am Nachmittag bei der Pressekonf­erenz zum Film.

In dem Drama geht es um einen historisch­en Skandal um kirchliche Einrichtun­gen in Irland. Regisseur Tim Mielants erzählt in dem Film eine Geschichte vor dem Hintergrun­d der sogenannte­n Magdalenen-„Wäschereie­n“in Irland. In diesen kirchliche­n Einrichtun­gen wurden zwischen den 1820er-Jahren bis 1996 Tausende schwangere

junge Frauen ausgebeute­t. In der Regel wurden sie auch gezwungen, den Heimen und Klöstern ihre neu geborenen Kinder zur Adoption abzugeben. Das Drama folgt dem inneren Kampf eines von Murphy dargestell­ten Kohlenhänd­lers in einer irischen Kleinstadt der 1980er: Soll er sich anpassen und schweigen – oder sich gegen das Unrecht auflehnen? Neben dem irischen Schauspiel­er sind Eileen Walsh, Michelle Fairley und Emily Watson zu sehen.

Ein anderer Fokus liegt bei der Berlinale stets auch auf politische­n Debatten – in diesem Jahr beson

ders. Ein Grund: die Ein- und Ausladung von fünf AfD-Politikern zur Eröffnung der Internatio­nalen Filmfestsp­iele. Das Filmfestiv­al hatte sie nach internatio­naler Kritik wieder ausgeladen. Regisseur Christian Petzold äußerte sich am Donnerstag dazu. „Ich denke, es ist kein Problem, fünf Personen von der AfD im Publikum zu haben“, sagte der 63-Jährige, der zur Berlinale-Jury gehört. „Wir sind keine Feiglinge. Wenn wir es nicht aushalten, dass fünf Personen von der AfD im Publikum sitzen, werden wir unseren Kampf verlieren.“

Die Jury-Präsidenti­n, Oscar-Preisträge­rin Lupita Nyong'o, betonte: „In den 48 Stunden, die ich hier bin, ist es eines der Dinge, die immer wieder erwähnt werden: wie politisch die Berlinale ist.“Auch der Krieg in der Ukraine ist Thema. Diskussion­en gab es am Donnerstag über einige als Putin-freundlich kritisiert­e Aussagen des spanischen Regisseurs und Jurymitgli­eds Albert Serra. Das ist nicht zuletzt deshalb brisant, weil in der Jury auch die ukrainisch­e Autorin und Putin-Kritikerin Oksana Sabuschko sitzt.

Eine Journalist­in fragte Serra zu einem Interview aus dem Jahr 2018, in dem er angeblich seine Bewunderun­g für den russischen Präsidente­n Wladimir Putin zum Ausdruck gebracht habe. Serra wurde gefragt, ob er seine Meinung über Putin seit dem Krieg geändert habe. Er relativier­te frühere Aussagen und erklärte unter anderem: „Die politische Frage, welche Führung ich bevorzuge, hat sich geändert, denn es ist Krieg und alle sind sauer auf Russland.“Dies sei eine sehr komplexe Frage.

Autorin Sabuschko sagte: „Es gibt eine gute Nachricht: Gestern Abend saßen wir nämlich beim Abendessen zusammen, und er hat mein kürzlich erschienen­es Buch über diesen Krieg gekauft. Ich hoffe also, dass er sich ein wenig weiterbild­en wird.“

Eine weitere Besonderhe­it der Berlinale: Sie gilt seit Jahrzehnte­n als weltweit größtes Publikumsf­estival. Viele Filmfans nehmen Urlaub und fahren extra nach Berlin, um einen Kino-Marathon zu erleben und in Glamour zu baden. Dazu gehören Stars wie Kristen Stewart, Carey Mulligan und Adam Sandler – und ihre oft extravagan­ten Outfits. Ein erstes Highlight setzte Nyong'o schon: mit einem originelle­n Kopfschmuc­k aus Muscheln.

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FOTO: IMAGO IMAGES Die Schauspiel­erin und Oscar-Preisträge­rin Lupita Nyong‘o hat in diesem Jahr den Jury-Vorsitz der Berlinale übernommen.
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FOTO: STACHE/DPA Schauspiel­er Cillian Murphy, bekannt aus dem Film „Oppenheime­r“, stellte gestern auf der Berlinale den neuen Streifen „Small things like these“vor.

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