Saarbruecker Zeitung

Mit einem Schlager wurde sie berühmt

Johanna von Koczian war eine sehr erfolgreic­he Schauspiel­erin und ist nun mit 90 Jahren gestorben.

- VON CAROLINE BOCK

(dpa) Mit dem Lied beginnt eine Zeitreise: „Das bisschen Haushalt“war einer der größten Schlager der 1970er-Jahre, ein richtiger Ohrwurm. Johanna von Koczian machte sich darin über Macho-Männer lustig und trat damit in der „ZDF-Hitparade“auf, Dieter Thomas Heck fegte dazu die Showtreppe.

Ihre über 60 Jahre lange Karriere war aber viel mehr als dieses eine Lied über den Haushalt. Die Schauspiel­erin galt als „die deutsche Audrey Hepburn“und hatte schon unter Gustaf Gründgens auf der Bühne gestanden. Im Alter von 90 Jahren ist Johanna von Koczian nun gestorben. Sie sei am Dienstag in Berlin im Kreise ihrer Familie friedlich eingeschla­fen, sagte ihre einstige Agentin am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur unter Berufung auf die Familie.

In ihrer Karriere spiegelt sich ein Stück Nachkriegs­deutschlan­d, von

Wirtschaft­swunderzei­ten bis zur Vorabendse­rie. Was hat sie nicht alles gespielt: „blitzblank­e Fräuleins, Offizierst­öchter, Baronessen, komische Backfische, anmutig-kluge Salondamen, heitere Wirbelwind­e“, so notierte es ein Filmlexiko­n. Ihre Bandbreite reichte von Kleist, Shakespear­e und Lessing bis zu „Praxis Bülowbogen“.

Einen weiteren Erfolg landete sie mit 77 Jahren 2010 am Berliner Kudamm-Theater, wo die ausgebilde­te Sopranisti­n in der Komödie „Glorious!“die „schlechtes­te Opernsänge­rin der Welt“spielte. Kudamm-Bühnenchef Martin Woelffer sagte über von Koczian, sie sei eine „Vollblutsc­hauspieler­in mit komödianti­scher Ader und mit Tiefgang“. Am Kurfürsten­damm schloss sich für die Berlinerin ein Kreis: Dort spielte sie 400 Mal „Die Kaktusblüt­e“. Vor mehr als 60 Jahren, anno 1958, würdigte die Stadt Berlin sie für ihre Darstellun­g der Anne Frank mit dem Preis der Jungen Generation.

Die Filmkarrie­re begann sie, ausgebilde­t am Salzburger Mozarteum, 1957 mit der Komödie „Viktor und Viktoria“. Den Durchbruch schaffte sie in Kurt Hoffmanns „Wir Wunderkind­er“(1958) an der Seite von Hansjörg Felmy. Mit Hoffmann drehte sie auch die Dürrenmatt­Verfilmung „Die Ehe des Herrn Mississipp­i“(1961). Zu ihren Stationen gehörten das Residenzth­eater in München und das Theater in der Josefstadt in Wien.

Das Kinopublik­um erlebte von Koczian als deutsche Stimme des schwedisch­en Filmstars Bibi Andersson („Wilde Erdbeeren“) in deren frühen Filmen. Jeweils einmal synchronis­ierte sie auch Liz Taylor und Brigitte Bardot.

Dass sie in den 1960er-Jahren nach ihren großen Erfolgen in Deutschlan­d das Angebot ablehnte, nach Hollywood zu gehen, hat sie nicht bereut: „Dazu liebe ich das deutschspr­achige Theater zu sehr. Das hätte ich dann möglicherw­eise verloren und damit meine Wurzeln“, sagte die Schauspiel­erin der „Leipziger Volkszeitu­ng“im Jahr 2007. „Außerdem hätte sich mein ganzes Privatlebe­n anders gestaltet. Ich hätte meinen Mann nicht kennengele­rnt und meine Tochter nicht bekommen.“

Von Koczian war fast 40 Jahre lang in zweiter Ehe mit dem 2004 verstorben­en Musikprodu­zenten Wolfgang Kabitzky verheirate­t. 2013 war sie in der Serie „Danni Lowinski“zu sehen. Zuletzt war es still um sie geworden. Nun dürften die Radiosende­r ihr zu Ehren nochmals ihr berühmtes Lied spielen: „Das bisschen Haushalt“.

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FOTO: IMAGO IMAGES Johanna von Koczian

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