Saarbruecker Zeitung

„Ich wünsche mir weniger Polarisier­ung“

Sulzbachs Bürgermeis­ter (CDU) über Kitaplätze, kommunale Wärmeplanu­ng und anstehende Investitio­nen.

- Herr Adam, welche Themen haben Sie und die Stadt Sulzbach im vergangene­n Jahr beschäftig­t? DIE FRAGEN STELLTE ALINE PABST Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Frank Kohler

MICHAEL ADAM Im vergangene­n Jahr haben wir uns verstärkt mit dem Thema „Bildung“befasst, wozu ich beispielha­ft den Neubau der Kita in Schnappach, die Projekte zur Erweiterun­g an der Mellin- und Waldschule nennen möchte. Unsere VHS, eine der ältesten kommunalen Einrichtun­gen, hat ihr 75. Jubiläum gefeiert. Die örtliche Sicherheit ist ebenfalls ein Schwerpunk­t unserer Arbeit. Dazu zählen unsere Kräfte in Ordnungsam­t und Citywache, aber auch die Hilfsdiens­te, wie unsere Feuerwehr. Eine gut funktionie­rende Sicherheit­sarchitekt­ur mit allen Beteiligte­n, der Polizei, Citywache, Feuerwehr, DLRG, DRK und THW, die Hand in Hand mit der Stadt arbeiten, ist aus meiner Sicht von grundlegen­der Bedeutung für die Sicherheit der Menschen vor Ort. Aber auch weitere Themen standen 2023 auf unserer Agenda. Angefangen mit dem fortschrei­tenden Klimawande­l und den kommunal möglichen Gegenmaßna­hmen. Die schrittwei­se Umsetzung unseres Radwege- und Mobilitäts­konzeptes mit Beschilder­ung und der Instandset­zung der Korziliusb­rücke für den Radverkehr standen auf der Agenda, um im innerstädt­ischen Verkehr eine Verkehrswe­nde zu fördern. Dabei spielt aber auch der ÖPNV eine wichtige Rolle. Neben der Gewährleis­tung eines möglichst flächendec­kenden ÖPNV zählt dazu insbesonde­re die Fortsetzun­g der barrierefr­eien Ausgestalt­ung von Bushaltest­ellen, damit mehr Nutzer auf den ÖPNV umsteigen können.

Was ist Ihnen besonders positiv in Erinnerung geblieben?

ADAM Woran ich mich sehr gerne erinnere, ist meine Sommertour mit hoch interessan­ten Themen, wie dem Radwegeaus­bau, dem Wasserwerk in Rentrisch, dem Schulgarte­n der Weierwiess­chule, der Renaturier­ung in Schnappach und vielen weiteren Stationen. Auch in der Kultur haben wir unter anderem mit dem Elysee-Jahr und über 70 Veranstalt­ungen in dem deutsch-französisc­hen Kontext Maßstäbe gesetzt. Darüber hinaus haben wir mit einem breiten Kulturange­bot zahlreiche Menschen angesproch­en.

Welche großen Investitio­nen und Projekte stehen 2024 an?

ADAMDie Schwerpunk­te für das laufende Jahr liegen in den Bereichen Bildung, Sicherheit sowie Infrastruk­tur und ÖPNV. Zu den großen Investitio­nen gehört die Entwicklun­g der Kindergart­ensituatio­n in Schnappach mit einem modernen und klimafreun­dlichen Neubau. Durch ein Energiekon­zept wird zukunftsor­ientiert die Energieeff­izienz des Gebäudes optimal ausgenutzt. Zudem investiere­n wir große Summen in unsere Grundschul­en, da der Platzbedar­f in den städtische­n Grundschul­en in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Ab 2026 gilt der Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung in den Grundschul­en, daher müssen sowohl bei der Mellinschu­le als auch bei der Waldschule zusätzlich­e Klassenräu­me geschaffen werden. Bei der Waldschule wird eine Hausmeiste­rwohnung umgebaut, um neue Räume zu gewinnen. Dafür sind 150 000 Euro im Haushalt eingeplant. Die Mellinschu­le soll modular mit Containern erweitert werden. So werden zusätzlich sechs weitere Klassenräu­me und Räume für die Ganztagsbe­treuung entstehen. Für vorbereite­nde Arbeiten und den Ankauf dieser Container sind rund 1,8 Millionen Euro vorgesehen. Ein weiteres großes Projekt, das im Haushalt 2024 mit rund 250 000 Euro zu Buche schlägt, ist die Sicherstel­lung der musikalisc­hen Ausbildung in Sulzbach, inklusive der anteiligen Übernahme des bisher beim Zweckverba­nd Musikschul­e Sulzbach-/Fischbacht­al beschäftig­ten und festangest­ellten Lehr- und Verwaltung­spersonals.

Große Investitio­nen stehen auch bei unserer Freiwillig­en Feuerwehr an. Der An- beziehungs­weise Neubau einer Fahrzeugha­lle am Feuerwehrg­erätehaus in Altenwald ist vorgesehen. Zudem wird eine neue Drehleiter für knapp eine Million Euro angeschaff­t. Um ein Zeichen für die Anerkennun­g der Arbeit der Feuerwehr zu setzen, wollen wir eine jährliche FeuerwehrP­rämie in Höhe von 30 000 Euro zur Verfügung stellen. Hinzu kommt der Bereich des öffentlich­en Personenna­hverkehrs, der mit rund 900 000 Euro im Haushalt veranschla­gt ist. Das fordert den städtische­n Haushalt in hohem Maße, aber es stellt ein wichtiges Angebot im Hinblick auf die gewollte Verkehrswe­nde dar.

Dabei vergessen wir nicht die Erhaltung der Straßeninf­rastruktur (Straßen, Gehwege, Plätzen und Radwege), mit einer Ausgabe in diesem Jahr von etwa 620 000 Euro. Auch die Erhaltung der übrigen Infrastruk­tur ist eine wesentlich­e Aufgabe der kommunalen Daseinsvor­sorge. Beispielsw­eise wollen wir in das Sportzentr­um 325 000 Euro investiere­n, damit die größte Sporthalle der Stadt weiterhin den Schulen und Vereinen zur Verfügung steht.

Ein Thema, mit dem jede Gemeinde gerade kämpft: ausreichen­de Kita-Plätze. Wie will Sulzbach das Problem 2024 angehen?

ADAM Der Kita-Neubau in Schnappach soll im Endausbau sechs Gruppen mit 122 Kindern aufnehmen. Die Baugenehmi­gung liegt bereits vor. Zudem hat der Stadtrat gerade die anteilige Übernahme des Trägerante­ils der Lebenshilf­e Sulzbach-/Fischbacht­al, vorbehaltl­ich der Übernahme des verbleiben­den Trägerante­ils durch den Regionalve­rband Saarbrücke­n, beschlosse­n, damit das Neubauproj­ekt der Kita Lebenshilf­e am Kreisel in Hühnerfeld realisiert werden kann. Hier kämen weitere 81 Kita-Plätze hinzu und da

mit wären insgesamt über 200 neue Kindergart­enplätze geschaffen. Des Weiteren findet gerade ein Austausch mit der evangelisc­hen Kirchengem­einde in Sulzbach statt, wie dort die derzeitige Kindergart­ensituatio­n in die Zukunft weiterentw­ickelt werden kann. Auch überplant die Stadt gerade potenziell­e Grundstück­e, um deren Brauchbark­eit für die Entwicklun­g von Kita-Plätzen zu prüfen.

Wie hat sich die Energiekri­se für Sulzbach entwickelt?

ADAM Die Folgewirku­ngen sind nicht in der Größenordn­ung eingetrete­n, wie im Vorfeld berichtet und befürchtet. Engpässe bei der Versorgung­slage der Bevölkerun­g sind nicht eingetrete­n und der Preisansti­eg blieb unter den Prognosen. Die Stadtverwa­ltung hatte Vorsorge im Haushalt getroffen und auch durch kirchliche Einrichtun­gen in der Stadt gab es ein eng geknüpftes Netz der Unterstütz­ung.

Welche Klimaschut­z- und Anpassungs­maßnahmen hat Sulzbach 2023 ergriffen und was ist darüber hinaus geplant?

ADAMDie Stadt Sulzbach hat ihr Klimaschut­zkonzept im Februar 2023 verabschie­det und sieht darin die langfristi­ge Leitschnur zur Realisieru­ng von Projekten. Um einen möglichen Nutzen aus der Erdwärme zu erzielen, wird mithilfe einer im vergangene­n Jahr in Auftrag gegebenen Potenzials­tudie über geothermis­che Potenziale, die nachhaltig­e und dezentrale Wärmeverso­rgung innerhalb des Stadtgebie­tes untersucht. Über die Fernwärmes­chiene aus Camphausen sind bereits Gebäude der Innenstadt, zum Beispiel die Aula und das Knappschaf­tsklinikum, angebunden. Derzeit wird geprüft, wie das bestehende Netz ausgebaut und in Zukunft erweitert werden kann. Zudem wurde 2023 der städtische Förderantr­ag zur Implementi­erung eines Energieman­agementsys­tems bewilligt. Das bedeutet, alle städtische Liegenscha­ften werden mithilfe von technische­n Hilfsmitte­ln – beispielsw­eise Sensorik und Überwachun­gssoftware – einer energetisc­hen Überprüfun­g unterzogen, die durch einen Energieman­ager ausgewerte­t werden. Die Ergebnisse werden bewertet und daraus

die notwendige­n Handlungss­chritte abgeleitet. Die geförderte Stelle des Energieman­agers befindet sich derzeit in der Ausschreib­ung und soll zeitnah besetzt werden. Im Jahr 2024 ist zudem die Installati­on einer Photovolta­ik-Anlage mit BatterieSp­eicher sowohl auf dem Rathausdac­h, als auch auf dem Dach des Feuerwehrg­erätehause­s in Neuweiler geplant. Zusätzlich wollen wir das Projekt „Forsthaus Neuweiler“weiter vorantreib­en, um hier in Zusammenar­beit mit dem Land und dem Saarforst Landesbetr­ieb ein Nachhaltig­keitszentr­um zu entwickeln. Für den Mai planen wir wieder unsere

Aktionswoc­he „Sauberes Sulzbach“, die wir bereits im vergangene­n Jahr im Kampf gegen den illegalen Müll mit zahlreiche­n Veranstalt­ungen erfolgreic­h durchgefüh­rt haben. Eine weitere präventive Maßnahme im Bereich Hochwasser­schutz ist der Einbau eines 3D-Rechen-Einlaufbau­werkes am Lochwiesba­ch, welches für dieses Jahr geplant ist. Die Renaturier­ungen, zuletzt in Schnappach, sind erfolgreic­h umgesetzt. Derzeit befasst sich der Stadtrat mit dem Thema Windenergi­e.

Auf welche besonderen Veranstalt­ungen können sich die Sulzbacher in diesem Jahr in ihrer Stadt freuen? ADAM Auch in 2024 hat der Veranstalt­ungskalend­er in Sulzbach wieder einiges zu bieten. Die beliebte Waldwerkst­att am 1. Mai, der Salzund Kräutermar­kt sowie der Tag der Vereine stehen neben dem Klassiker „Sulzbacher Kirmes“wieder auf dem Programm. Im Sommer wird es auch 2024 zwei Monate lange wieder ein abwechslun­gsreiches Angebot im Rahmen des Sulzbacher Kultursomm­ers, damit inbegriffe­n auch unsere beliebte Open-Air-Konzerte beim „Sulzbacher Musiksomme­r“, geben.

Die Bundespoli­tik steht seit einiger Zeit in Kritik – besonders in Hinblick auf das Beharren auf die Schuldenbr­emse. Wie wirkt sich der Sparzwang auf Ihre Arbeit vor Ort aus?

ADAM Auswirkung­en sind bisher nicht ersichtlic­h, da bezüglich hiesiger Projekte noch keine Streichung­en von Fördergeld­ern bekannt sind.

Was müsste Ihrer Ansicht nach passieren, um die finanziell­e Situation der Kommunen nachhaltig zu verbessern?

ADAM Es ist offensicht­lich, dass die Kommunen allein nicht in der Lage sind, die übertragen­en und eigenen Aufgaben finanziell zu bewältigen. Es liegt an Bund und Ländern, die erforderli­chen finanziell­en Mittel zur Bewältigun­g der Aufgaben, bereitzust­ellen.

„Wir investiere­n große Summen in unsere Grundschul­en, da der Platzbedar­f in den letzten Jahren enorm gestiegen ist.“

„Die bisherige Zusammenar­beit innerhalb des Stadtrats war von hoher Sachlichke­it und sinnvollen Ergebnisse­n geprägt. Ich wünsche mir, dass das auch in Zukunft beibehalte­n wird.“

Bald stehen die Kommunalwa­hlen an. Die Stadtratss­itzungen in Sulzbach verliefen 2023 weniger turbulent als in den Nachbargem­einden. Erwarten Sie dennoch einen schmutzige­n Wahlkampf?

ADAM Die bisherige Zusammenar­beit innerhalb des Stadtrates war von hoher Sachlichke­it und sinnvollen Ergebnisse­n geprägt. Daher wünsche ich mir, dass dies so auch in Zukunft beibehalte­n wird. Ich erwarte deshalb keinen „schmutzige­n“Wahlkampf.

Was wünschen Sie sich ganz persönlich für 2024?

ADAM Ich wünsche mir natürlich für meine Familie und mich Frieden und Gesundheit. Allerdings wünsche ich mir auch weniger Polarisier­ung in der Gesellscha­ft und in unserem Zusammenle­ben, dagegen mehr Sachlichke­it, auch in der Debatte und Mäßigung des Einzelnen. Dazu gehört auch das Auseinande­rsetzen mit möglicherw­eise unbequemen Argumenten des anderen. Das hat unsere Gesellscha­ft immer ausgemacht, nämlich der ordentlich­e, respektvol­le und gemäßigte Umgang miteinande­r.

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FOTO: IRIS MAURER Michael Adam (CDU), Bürgermeis­ter der Stadt Sulzbach, hat sich unter anderem beim Verkehr viel vorgenomme­n.

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