Beschädigt, vernachlässigt: Kunst ohne Pflege
Kunst am Bau, Kunst im öffentlichen Raum: Das ist oft eine schöne Sache. Aber viel zu wenig beachtet wird, dass sich hinterher auch jemand darum kümmern muss, diese Kunst zu bewahren. Der Landesrechnungshof mahnte in seinem jüngsten Bericht, dass etliche
Vor ein paar Wochen erschien eine Pressemitteilung des Landesrechnungshofs mit einer Liste, in der der Zustand verschiedener öffentlicher Kunstwerke im Regionalverband moniert wurde. Gleichzeitig wurde aber auch darauf hingewiesen, dass es nur bei einem Teil der untersuchten Werke zu Beanstandungen gekommen war. Wir haben uns auf den Weg gemacht und ein paar Kunstwerke in Augenschein genommen.
Die meisten der aufgelisteten Kunstwerke befinden sich an der Universität – und davon ist der Großteil glücklicherweise in einem recht guten Zustand. Nicht aber der „Rosengarten“von Otto Hajek, der sich zwar nicht auf der Rechnungshof-Liste befindet, trotzdem dringend restauriert werden muss. Bei der aus 400 quadratischen, gestaffelten und teils geknickten Betonpfeilern bestehenden Großskulptur vor der Mensa aus dem Jahr 1970 blättert die Farbe ab, Fehlstellen und Abplatzungen im Beton sind unübersehbar, die Großskulptur wie auch die Mensa als Gesamtkunstwerk sind dringend sanierungsbedürftig.
Man muss auch gar nicht auf die Liste des Rechnungshofs zurückgreifen, um in Saarbrücken Kunstwerke zu finden, die in einem bedauerlichen Zustand sind. Sie finden sich mitten im Stadtbild. So existiert an der Außenwand der Aula des Technisch-Gewerblichen Berufsbildungszentrums, TGBBZ II, Hauptstelle Mügelsberg, in der Dudweilerstraße/Kreuzung Brauerstraße ein Wandobjekt aus dem Jahr 1957 von Helmut Collmann, das kaum noch als solches zu er
kennen ist. Seit Jahren wird es von einem grünlichen Netz umschlossen, um Passanten vor herabfallenden Mosaiksteinen zu schützen. Am unteren Rand des Kunstwerks kann man genau erkennen, dass einige Steine bereits fehlen.
Dazu kommt, dass die grüne Farbe des sich überlappenden Netzes das Kunstwerk entstellt und farblich unkenntlich macht. Das Mosaik zeigt eine Komposition von ungegenständlichen Formen, die von spitzen Kanten betont werden. Es wirkt aufgrund der Komposition sehr plastisch und lebendig, die Farbgebung – sofern man das beurteilen kann – ist in gedämpften Farben gehalten, wie man sie in den späten 50er-Jahren gern verwendete und auch an anderen Stellen der Stadt noch zu sehen sind.
Dieses Wandobjekt hätte weitaus mehr Zuwendung verdient, auch weil der Umriss des Mosaiks laut der Kunsthistorikerin Elisabeth Feilen ursprünglich vom Künstler anders konzipiert war. In dem Buch „Kunst im öffentlichen Raum Saarbrücken“aus dem Jahr 1999 schreibt sie, „der damalige Stadtbaudirektor hat den Umriss des Mosaiks nach Gutdünken verändert“.
Ein weiteres Kunstwerk, das mehr Pflege verdient hätte, ist weitaus bekannter. Es handelt sich dabei um die „Mühle an der Saar“. Sie ist eines von mehreren Kunstwerken rund um das Kraftwerk Römerbrücke am Osthafen. Als im Jahr 1985 der Erweiterungsbau des 1964 gebauten Kraftwerks begonnen wurde, sah die Konzeption vor, das Gebäude auch künstlerisch zu gestalten.
Man gewann den damaligen Leiter der Frankfurter Städelschule, Kasper König, als Berater, der im Jahr 1990 fünf Kunstschaffende auswählte, Werke für den Ort zu entwerfen. Eine davon war Katharina Frisch. Sie erschuf damals „Die Mühle“, einen stilisierten Mühlenbau unweit des Kraftwerks an der Spitze einer Landzunge gegenüber dem Osthafen.
Das Kunstwerk ist weithin sichtbar und auf Fernwirkung angelegt, nimmt Bezug auf die moderne Architektur des Kraftwerks sowie auf das Thema der Energieversorgung, hier im Motiv einer romantischen Verklärung. „Die Mühle“von Katharina Fritsch entstand im Jahr 1990, sie besteht aus gegossenem Beton und Holz, ist rund sieben Meter hoch. Und sie ist derzeit das beliebte Ziel von mehr, leider aber auch weniger begnadeten Urban Art Künstlern. Die Wände des Kunstwerks sind über und über mit knallbunten Tags, Bildern und symbolischen Kürzeln überzogen.
Ein Wunder ist es nicht, sind doch ganz in der Nähe auch legale Gestal
tungsflächen für Sprüher. Allerdings lenken die heutigen Malereien nicht nur von der ursprünglichen Konzeption der Mühle ab. Sie ist in diesem Zustand als eigenständiges Kunstwerk kaum wahrnehmbar.
Dass es auch anders gehen kann, zeigte im Oktober vorigen Jahres die Stadt Saarbrücken. Einer der Steine der Skulptur „Sieben Stelen“von Karl Prantl in der KatholischKirch-Straße am St. Johanner Markt war Mitte September wohl von einem Auto angefahren worden und damit aus dem Boden gelöst. Die Stele lag halb auf dem Boden, zudem waren die Pflastersteine um sie herum aufgeworfen. Nach einer E-Mail an die Pressestelle der Stadt sah dieser Ort Anfang Oktober aber ganz anders aus. Zuerst noch von einer Barke umgeben steht die Stele heute wieder aufrecht und frisch einbetoniert an ihrer Stelle.
Und nicht nur das. Da auch verschiedene Begrenzungspoller und Verkehrsschilder wegen der Vergrößerung der Fußgängerzone um den St. Johanner Markt entfernt wurden, kann das gesamte Ensemble der „Sieben Stelen“heute wieder seine ganze Wirkkraft entfalten und den Ort aufwerten. So kann es eben auch gehen. Und es zeigt, dass auch bürokratische Institutionen Kunstwerke, die ihnen anvertraut wurden, verantwortlich betreuen können.
„Die Mühle“von Katharina Fritsch ist derzeit das beliebte Ziel von mehr, leider auch von weniger begnadeten Urban Art Künstlern.