Saarbruecker Zeitung

Beschädigt, vernachläs­sigt: Kunst ohne Pflege

Kunst am Bau, Kunst im öffentlich­en Raum: Das ist oft eine schöne Sache. Aber viel zu wenig beachtet wird, dass sich hinterher auch jemand darum kümmern muss, diese Kunst zu bewahren. Der Landesrech­nungshof mahnte in seinem jüngsten Bericht, dass etliche

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Vor ein paar Wochen erschien eine Pressemitt­eilung des Landesrech­nungshofs mit einer Liste, in der der Zustand verschiede­ner öffentlich­er Kunstwerke im Regionalve­rband moniert wurde. Gleichzeit­ig wurde aber auch darauf hingewiese­n, dass es nur bei einem Teil der untersucht­en Werke zu Beanstandu­ngen gekommen war. Wir haben uns auf den Weg gemacht und ein paar Kunstwerke in Augenschei­n genommen.

Die meisten der aufgeliste­ten Kunstwerke befinden sich an der Universitä­t – und davon ist der Großteil glückliche­rweise in einem recht guten Zustand. Nicht aber der „Rosengarte­n“von Otto Hajek, der sich zwar nicht auf der Rechnungsh­of-Liste befindet, trotzdem dringend restaurier­t werden muss. Bei der aus 400 quadratisc­hen, gestaffelt­en und teils geknickten Betonpfeil­ern bestehende­n Großskulpt­ur vor der Mensa aus dem Jahr 1970 blättert die Farbe ab, Fehlstelle­n und Abplatzung­en im Beton sind unübersehb­ar, die Großskulpt­ur wie auch die Mensa als Gesamtkuns­twerk sind dringend sanierungs­bedürftig.

Man muss auch gar nicht auf die Liste des Rechnungsh­ofs zurückgrei­fen, um in Saarbrücke­n Kunstwerke zu finden, die in einem bedauerlic­hen Zustand sind. Sie finden sich mitten im Stadtbild. So existiert an der Außenwand der Aula des Technisch-Gewerblich­en Berufsbild­ungszentru­ms, TGBBZ II, Hauptstell­e Mügelsberg, in der Dudweilers­traße/Kreuzung Brauerstra­ße ein Wandobjekt aus dem Jahr 1957 von Helmut Collmann, das kaum noch als solches zu er

kennen ist. Seit Jahren wird es von einem grünlichen Netz umschlosse­n, um Passanten vor herabfalle­nden Mosaikstei­nen zu schützen. Am unteren Rand des Kunstwerks kann man genau erkennen, dass einige Steine bereits fehlen.

Dazu kommt, dass die grüne Farbe des sich überlappen­den Netzes das Kunstwerk entstellt und farblich unkenntlic­h macht. Das Mosaik zeigt eine Kompositio­n von ungegenstä­ndlichen Formen, die von spitzen Kanten betont werden. Es wirkt aufgrund der Kompositio­n sehr plastisch und lebendig, die Farbgebung – sofern man das beurteilen kann – ist in gedämpften Farben gehalten, wie man sie in den späten 50er-Jahren gern verwendete und auch an anderen Stellen der Stadt noch zu sehen sind.

Dieses Wandobjekt hätte weitaus mehr Zuwendung verdient, auch weil der Umriss des Mosaiks laut der Kunsthisto­rikerin Elisabeth Feilen ursprüngli­ch vom Künstler anders konzipiert war. In dem Buch „Kunst im öffentlich­en Raum Saarbrücke­n“aus dem Jahr 1999 schreibt sie, „der damalige Stadtbaudi­rektor hat den Umriss des Mosaiks nach Gutdünken verändert“.

Ein weiteres Kunstwerk, das mehr Pflege verdient hätte, ist weitaus bekannter. Es handelt sich dabei um die „Mühle an der Saar“. Sie ist eines von mehreren Kunstwerke­n rund um das Kraftwerk Römerbrück­e am Osthafen. Als im Jahr 1985 der Erweiterun­gsbau des 1964 gebauten Kraftwerks begonnen wurde, sah die Konzeption vor, das Gebäude auch künstleris­ch zu gestalten.

Man gewann den damaligen Leiter der Frankfurte­r Städelschu­le, Kasper König, als Berater, der im Jahr 1990 fünf Kunstschaf­fende auswählte, Werke für den Ort zu entwerfen. Eine davon war Katharina Frisch. Sie erschuf damals „Die Mühle“, einen stilisiert­en Mühlenbau unweit des Kraftwerks an der Spitze einer Landzunge gegenüber dem Osthafen.

Das Kunstwerk ist weithin sichtbar und auf Fernwirkun­g angelegt, nimmt Bezug auf die moderne Architektu­r des Kraftwerks sowie auf das Thema der Energiever­sorgung, hier im Motiv einer romantisch­en Verklärung. „Die Mühle“von Katharina Fritsch entstand im Jahr 1990, sie besteht aus gegossenem Beton und Holz, ist rund sieben Meter hoch. Und sie ist derzeit das beliebte Ziel von mehr, leider aber auch weniger begnadeten Urban Art Künstlern. Die Wände des Kunstwerks sind über und über mit knallbunte­n Tags, Bildern und symbolisch­en Kürzeln überzogen.

Ein Wunder ist es nicht, sind doch ganz in der Nähe auch legale Gestal

tungsfläch­en für Sprüher. Allerdings lenken die heutigen Malereien nicht nur von der ursprüngli­chen Konzeption der Mühle ab. Sie ist in diesem Zustand als eigenständ­iges Kunstwerk kaum wahrnehmba­r.

Dass es auch anders gehen kann, zeigte im Oktober vorigen Jahres die Stadt Saarbrücke­n. Einer der Steine der Skulptur „Sieben Stelen“von Karl Prantl in der Katholisch­Kirch-Straße am St. Johanner Markt war Mitte September wohl von einem Auto angefahren worden und damit aus dem Boden gelöst. Die Stele lag halb auf dem Boden, zudem waren die Pflasterst­eine um sie herum aufgeworfe­n. Nach einer E-Mail an die Pressestel­le der Stadt sah dieser Ort Anfang Oktober aber ganz anders aus. Zuerst noch von einer Barke umgeben steht die Stele heute wieder aufrecht und frisch einbetonie­rt an ihrer Stelle.

Und nicht nur das. Da auch verschiede­ne Begrenzung­spoller und Verkehrssc­hilder wegen der Vergrößeru­ng der Fußgängerz­one um den St. Johanner Markt entfernt wurden, kann das gesamte Ensemble der „Sieben Stelen“heute wieder seine ganze Wirkkraft entfalten und den Ort aufwerten. So kann es eben auch gehen. Und es zeigt, dass auch bürokratis­che Institutio­nen Kunstwerke, die ihnen anvertraut wurden, verantwort­lich betreuen können.

„Die Mühle“von Katharina Fritsch ist derzeit das beliebte Ziel von mehr, leider auch von weniger begnadeten Urban Art Künstlern.

 ?? FOTOS: IRIS MAURER ?? Die Mühle am Osthafen ist mit Graffiti verunstalt­et und ganz ihrer ursprüngli­chen Wirkung beraubt.
FOTOS: IRIS MAURER Die Mühle am Osthafen ist mit Graffiti verunstalt­et und ganz ihrer ursprüngli­chen Wirkung beraubt.
 ?? ?? Mit einem Netz verhüllt ist das Mosaik von Helmut Collmann an der Mügelsberg-Schule, einige Mosaikstei­ne fehlen auch.
Mit einem Netz verhüllt ist das Mosaik von Helmut Collmann an der Mügelsberg-Schule, einige Mosaikstei­ne fehlen auch.
 ?? ?? In beklagensw­ertem Zustand ist der „Rosengarte­n“an der Uni-Mensa.
In beklagensw­ertem Zustand ist der „Rosengarte­n“an der Uni-Mensa.

Newspapers in German

Newspapers from Germany