Saarbruecker Zeitung

Mehr Sicherheit vor tückischem Gas

Die Gebäudehül­len werden immer dichter, dadurch steigt die Gefahr durch Kohlenmono­xid, das in Feuerstätt­en entsteht. Die Schornstei­nfegerinnu­ng rät zur Vorsicht.

- VON MICHAEL BEER

Es war ein Schock: Sechs junge Menschen sterben im Januar 2017 in Würzburg an einer Kohlenmono­xid-Vergiftung. Ein Stromaggre­gat in einer Hütte hatte das tödliche Gas ausgestoße­n. Auch in der Region Saarland – zum Glück sehr selten – gibt es ähnliche Fälle. Ein Jahr später, im Dezember 2018, findet eine 74 Jahre alte Frau in Spiesen Mann und Sohn tot in der Wohnung vor. Kohlenstof­fmonoxid war die Ursache, kurz Kohlenmono­xid, chemisches Zeichen CO.

„Der Ofen hat normal gebrannt, aber Türen und Fenster waren zugeklebt, weil es wohl so gezogen hatte“, erläutert Eric Scherer, Schornstei­nfegerinnu­ngsmeister des Saarlandes. Die Innung hat ihren Sitz in Rohrbach. Die Folge zugeklebte­r Ritzen in der Wohnung in Spiesen war Unterdruck im Zimmer, das hochgefähr­liche Gas ging nicht durch den Schornstei­n nach außen, sondern zog unbemerkt in den Raum.

Vergiftung­en durch Kohenmonox­id sind tückisch. Das Gas selbst ist farb-, geruch- und geschmackl­os. Es löst also keinen Impuls beim Menschen aus, den Ort einer erhöhten Konzentrat­ion zu verlassen. Es verdrängt den Sauerstoff im Blut und in der Muskulatur. Die ersten Symptome ähneln eher einer Grippe oder Erkältung. Benommenhe­it, Müdigkeit, Übelkeit und Schwindel treten auf, wenn man CO einatmet. Hält sich ein Mensch länger in einem betroffene­n Raum auf, kann es zur Bewusstlos­igkeit und schließlic­h zum Tod durch Ersticken kommen.

An schwerwieg­ende Kohlenmono­xid-Unfälle aus der jüngeren Vergangenh­eit im Saarpfalz-Kreis erinnert sich der oberste Schornstei­nfeger im

Land nicht. Gleichwohl unterstütz­t er die aktuelle Kampagne der Initiative zur Prävention von Kohlenmono­xid-Vergiftung­en unter dem Motto „CO macht K.O. – Schütze dich vor Kohlenmono­xid!“. Häufige CO-Quellen in Haushalten sind Gasöfen, Ölheizunge­n, Kamine, Holzöfen und andere Heizgeräte, die fossile Brennstoff­e verbrennen, erklärt die bundesweit­e Initiative und rät deshalb insbesonde­re zur Prävention mittels Messgeräte­n ähnlich der heute weit verbreitet­en Brandmelde­r.

Innungsmei­ster Scherer erklärt, bei älteren Gebäuden mit vielen undichten Stellen gebe es in aller Regel einen ausreichen­den Luftaustau­sch. Anders sehe dies bei modernen Häusern und Wohnungen beziehungs­weise energetisc­h sanierten Objekten aus. In all diesen Fällen sind Hülle und Fenster sehr dicht. Wobei der Innungsmei­ster darauf hinweist, dass nicht die Dreifach-Verglasung für die gute Isolierung sorge, sondern

die heute wesentlich dichteren Fugen. Gerade aktuell sei die Initiative, auf die Gefahren durch Kohlenmono­xid hinzuweise­n, sehr wichtig.

Hohe Energiepre­ise können dazu verleiten, möglichst sparsam sein und die einmal gewonnene Wärme möglichst lange im Raum halten zu wollen. Dabei ist das einfachste Mittel gegen eine CO-Vergiftung: Ausreichen­d und richtig lüften. Scherer: „Die Fenster auf Kipp zu stellen ist nicht unbedingt das, was hilft. Einige Minuten richtig querlüften sorgt für den notwendige­n Luftaustau­sch.“Also drei bis fünf Mal am Tag Fenster aufreißen und die verbraucht­e Luft im Raum loswerden.

Zusätzlich einen CO-Melder ins Haus zu holen, sei zwar keine gesetzlich­e Pflicht, aber dennoch empfehlens­wert. Heizungen befinden sich in der Regel im Keller, bei Etagenwohn­ungen auch im Bad oder in der Küche. Innungsmei­ster Scherer sagt, bei einem richtig eingestell­ten und gewarteten Brennwertg­erät, an dem nichts kaputt ist, habe er wenig Sorgen vor erhöhter Kohlenmono­xid-Konzentrat­ion. Denn dann müssten schlechte Verbrennun­g und Undichtigk­eiten schon zusammenko­mmen. Er verweist darauf, dass der regelmäßig­e Besuch von Schornstei­nfegerinne­n und Schornstei­nfegern im Land dafür sorge, dass es im Vergleich zum Nachbarn Frankreich nur wenige schlimme Zwischenfä­lle

gebe. Eine Statistik, nicht topaktuell, aber doch aussagekrä­ftig, führt er ins Feld: Nach der gibt es in Deutschlan­d jährlich fünf Tote in Zusammenha­ng mit CO, in Frankreich bei deutlich geringerer Einwohnerz­ahl 400 Tote.

Während die Gastherme oder die Ölheizung nach Scherers Einschätzu­ng wenig Grund zur Sorge bieten, gestalte sich die Situation anders insbesonde­re bei Kaminöfen. Die stehen gerne im Wohnzimmer und sorgen dort für eine behagliche Atmosphäre. Unterschei­den muss man die Art der Luftzufuhr. Geschieht die unabhängig vom Raum, zieht der Ofen seine Frischluft von außen. Das ist die bessere Variante. Bei Raumluft-abhängigen Öfen ist mehr Vorsicht geboten. In allen Fällen ist bei diesen Feuerungss­tätten der Betreiber ein wesentlich­er Faktor, ob alles gut und regelkonfo­rm läuft. Scherer: „Der Nutzer ist ausschlagg­ebend. Verbrennt er ausreichen­d trockenes Holz? Legt er die richtige Menge auf? Vermeidet er insbesonde­re bei Benutzung von Braunkohle oder Steinkohle einen Schwelbran­d mit geringer Luftzufuhr?“

Ein weiterer Faktor könne eine neue Dunstabzug­shaube in der Küche sein. Denn im Gegensatz zu alten Absaugern arbeiteten die modernen sehr effizient. Entstehe so ein Unterdruck, könnten Abgase aus dem Ofen in den Wohnraum gezogen werden. Gleiches gelte für eine Lüftung in einem innen liegenden Badezimmer.

Richtig und ausreichen­d lüften ist das A und O. Die CO-Melder hält der Innungsmei­ster für eine sinnvolle Ergänzung. Sie sollten in der Nähe der Feuerstätt­e platziert sein, sagt der Fachmann. Zur Sicherheit könne auch noch ein Gerät ins Schlafzimm­er. Dort am besten auf Betthöhe, in anderen Räumen auf der jeweils vorherrsch­enden Kopfhöhe angebracht. Im Keller hingegen hält er die Messeinric­htung für eher verzichtba­r. „Da bin ich zurückhalt­end“, sagt Scherer. Man halte sich dort nicht lange auf. Und es werde schneller vergessen, wie lange sich das Gerät dort schon befinde.

Denn wie bei Rauchmelde­rn gelte auch für das CO-Messgerät, dass er eine begrenzte Lebensdaue­r habe. Während die Rauchmelde­r meist zehn Jahre Garantie hätten, sei es bei den Gasmeldern etwa die Hälfte.

Die Initiative „CO macht K.O.“beschreibt Kohlenmono­xid als „heimtückis­ches Gas“, da es der Mensch nicht bemerkt. Sie betont, auch bei regelmäßig­er Wartung von Feuerstätt­en und gutem Lüften seien die Melder letztlich der einzige sichere Schutz gegen eine Gesundheit­sgefährdun­g durch das Gas. Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die Kosten nicht scheuen.

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FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Offene Heizquelle­n in der Wohnung sorgen für das Freisetzen von Kohlenmono­xiden, die schnell gefährlich werden können.
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BEER FOTO: MICHAEL Eric Scherer, Schornstei­nfegerinnu­ngsmeister

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