FC Bayern taumelt in Richtung titelloser Saison
Münchner verlieren Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Lazio Rom mit 0:1. Rot für Upamecano, Tuchel unter Druck.
(dpa) Ein gezeichneter Thomas Tuchel lauschte am VorstandsTisch aufmerksam der Bankettrede des obersten Bayern-Bosses. JanChristian Dreesen wollte in der römischen Nacht „nichts schönreden“nach dem nächsten Wirkungstreffer für den FC Bayern. Die Münchner taumeln nach dem 0:1 (0:0) in der Champions League beim Achtelfinal-Außenseiter Lazio Rom der ersten titellosen Saison seit zwölf Jahren entgegen. „Das sind so Tage, da muss man auch mit umgehen lernen“, sagte Vorstands-Chef Dreesen stöhnend vor Spielern und Edelfans.
Die Bilder und Worte im Teamhotel Walldorf Astoria oberhalb des Petersdoms gaben aber keine Hinweise, dass der immer mehr in Bedrängnis geratende Tuchel eine Kurzschlussreaktion des FußballRekordmeisters fürchten muss. Auf die Frage, ob er sich Sorgen um seinen Trainer-Job mache, reagierte er vier Tage nach dem 0:3 im Liga
Topspiel beim Tabellenführer Bayer Leverkusen mit einem Wort: „Nein!“Es gab kein Ultimatum, Tuchel wird auch am Sonntag in Bochum als Trainer auf der Bank sitzen.
Die Trainer-Diskussion könnten
die Medien gerne führen, befand Nationalspieler Thomas Müller angesprochen auf die Frage, ob Tuchel noch der richtige Coach sei. „Da sind wir Spieler erstens die völlig falschen Ansprechpartner“, sagte
Müller, ehe er laut und gereizt zu den Tuchel-Fragen anschloss: „Das ist auch ein Stück weit respektlos.“
Sportdirektor Christoph Freund rückte auch nicht vom Trainer ab. „Wir sitzen alle in einem Boot. Es ist jetzt nicht einfach, aber wir werden da gemeinsam rauskommen, das ist unser großes Ziel“, sagte der Österreicher. Spieler, Trainer, Bosse – im Bayern-Notstand gibt es keinen Alleinschuldigen, auch wenn Tuchel im Zentrum des Sturms steht. „Er kämpft auch mit der Situation, weil er die Mannschaft anders sehen will auf dem Platz“, sagte Freund zur mentalen Verfassung des Trainers.
Tuchel hat dem Team mit seinen taktischen und personellen Experimenten in Leverkusen nicht geholfen. Und die Rolle rückwärts in Rom mit Thomas Müller und Joshua Kimmich sowie dem gewohnten Spielsystem führte gegen einen limitierten Gegner unterhalb der Leverkusener Güte auch nicht zum Erfolg. „Im Moment fällt vieles einfach sehr schwer“, sagte Kapitän Manuel Neuer. Tuchel und das Team sind in einen Teufelskreis geraten.
Der Trainer scheint an seinen Stars zu verzweifeln. TV-Bilder zeigten ihn, wie er auf der Bank sitzend nach einem Ballverlust fassungslos das Gesicht in den Händen vergrub. Er war geschockt vom „krassen Leistungsabfall in der zweiten Halbzeit“. Und dann sei „on top“noch der Fauxpas von Abwehrspieler Dayot Upamecano gekommen. Das Foul des Franzosen mit offener Sohle gegen Lazio-Angreifer Gustav Isaksen führte zum verwandelten Foulelfmeter durch den Ex-Dortmunder Ciro Immobile inklusive Roter Karte.
Tuchel muss nun unter Zeitdruck einen Ausweg aus der Münchner Abwärtsspirale finden. Und das mit einer verunsicherten, verkrampften Mannschaft, in der Offensiv-Stars wie Harry Kane oder Leroy Sané gerade Schatten ihrerselbst sind.