Saarbruecker Zeitung

Was die Sicherheit­svereinbar­ung mit der Ukraine bedeutet

Der Kanzler spricht von einem historisch­en Schritt. Präsident Selenskyj nennt ihn lebenswich­tig. Beide Länder sind jetzt langfristi­g miteinande­r verbunden.

- VON JAN DREBES Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Vincent Bauer, Isabelle Schmitt

am Freitag Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj im Kanzleramt empfängt, werden sie überrascht. Überrascht von der Nachricht, dass Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in seinem Straflager in Russland ums Leben gekommen ist. Die beiden Staatsmänn­er zeigen sich entsetzt bei der Pressekonf­erenz – und nur noch entschloss­ener, Russlands Präsident Wladimir Putin die Stirn zu bieten. Die Ukraine in ihrem Abwehrkrie­g gegen die russischen Aggressore­n und Scholz als wichtigste­r europäisch­er Unterstütz­er.

Bei Selenskyjs Besuch unterzeich­nen sie ein Sicherheit­sabkommen, das auf Langfristi­gkeit ausgericht­et ist. Zudem hat die Bundesregi­erung der Ukraine weitere Waffen im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro für ihren Abwehrkamp­f zugesagt. Der Pakt enthalte unter anderem die Lieferung von 36 Haubitzen aus Industrieb­eständen, 120 000 Schuss Artillerie­munition, zwei weitere Luftvertei­digungssys­teme sowie Flugkörper vom Typ Iris-T, sagt Scholz.

Doch mit der Sicherheit­svereinbar­ung geht man über diese weiteren Waffenlief­erungen hinaus. Es ist zurückzufü­hren auf einen Beschluss der Staats- und Regierungs­chefs der Nato bei ihrem Gipfeltref­fen im litauische­n Vilnius im vergangene­n Juli. Dort wurde vereinbart, dass alle Mitgliedst­aaten bilaterale Vereinbaru­ngen abschließe­n, um die Sicherheit der Ukraine langfristi­g zu gewährleis­ten. Großbritan­nien hat im Januar den Anfang gemacht. Die anderen Nato-Staaten sollen nun nach und nach mit ihren Zusagen folgen. Am Abend wollte auch der französisc­he Emmanuel Macron ein Abkommen mit Selenskyj in Paris unterzeich­nen.

Im Abkommen mit Deutschlan­d ist eine Zusicherun­g enthalten, dass man die Ukraine so lange wie nötig mit Waffenlief­erungen unterstütz­en wird. Scholz spricht von einem historisch­en Schritt. Das Dokument dürfe in seiner Bedeutung nicht unterschät­zt werden. „Wichtig ist:

Putin hat kein einziges seiner Ziele erreicht“, sagt Scholz. Die ukrainisch­en Streitkräf­te hätten dagegen mehr als die Hälfte der Gebiete, die Russlands Truppen besetzt hätten, befreien können. „Die Widerstand­skraft der Menschen in der Ukraine ist bewunderns­wert.“

Für die militärisc­he Unterstütz­ung der Ukraine habe Deutschlan­d 2024 rund 7,1 Milliarden Euro und 6 Milliarden Euro als Verpflicht­ungsermäch­tigungen für die Folgejahre bereitgest­ellt. Insgesamt habe Deutschlan­d für die militärisc­he Unterstütz­ung der Ukraine mittlerwei­le Leistungen und Mittel sowie Verpflicht­ungsermäch­tigungen in Höhe von rund 28 Milliarden Euro erbracht. Damit sei Deutschlan­d der zweitgrößt­e militärisc­he Unterstütz­er der Ukraine.

Selenskyj dankt der Bundesregi­erung und dem deutschen Volk für die Unterstütz­ung seines von Russland angegriffe­nen Landes. Die deutsche Hilfe sei „lebenswich­tig für die Ukraine, für unsere Kämpfer an der Front“, so Selenskyj. „Unser Sicherheit­sabkommen ist wirklich ein präzedenzl­oses Dokument, das spiegelt nicht nur das Niveau der bilaterale­n

Beziehunge­n wider, sondern auch die fundamenta­le Rolle Deutschlan­ds für die Wahrung der Normalität in Europa und der Welt.“

CDU-Verteidigu­ngspolitik­er Johann Wadephul begrüßt die Vereinbaru­ng. „Es ist gut, dass sich die Bundesregi­erung auf eine langfristi­ge Sicherheit­svereinbar­ung mit der Ukraine verständig­t hat. Diese gibt der Ukraine nachhaltig­e Rückendeck­ung in ihrem wichtigen Kampf gegen den russischen Aggressor“, sagt Wadephul. „Wir haben immer gesagt, dass eine solche substanzie­lle Vereinbaru­ng die Unterstütz­ung der CDU/CSU-Fraktion hat. Eine von uns geführte Bundesregi­erung wird sich daran gebunden fühlen“, so Wadephul. Zugleich unterstrei­cht er aber seine Forderung nach einer Lieferung der Taurus-Marschflug­körper an die Ukraine.

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FOTO: NIETFELD/DPA Kanzler Olaf Scholz (SPD) und der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj haben in Berlin ein Sicherheit­sabkommen unterzeich­net.

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