Was die Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine bedeutet
Der Kanzler spricht von einem historischen Schritt. Präsident Selenskyj nennt ihn lebenswichtig. Beide Länder sind jetzt langfristig miteinander verbunden.
am Freitag Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Kanzleramt empfängt, werden sie überrascht. Überrascht von der Nachricht, dass Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in seinem Straflager in Russland ums Leben gekommen ist. Die beiden Staatsmänner zeigen sich entsetzt bei der Pressekonferenz – und nur noch entschlossener, Russlands Präsident Wladimir Putin die Stirn zu bieten. Die Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen die russischen Aggressoren und Scholz als wichtigster europäischer Unterstützer.
Bei Selenskyjs Besuch unterzeichnen sie ein Sicherheitsabkommen, das auf Langfristigkeit ausgerichtet ist. Zudem hat die Bundesregierung der Ukraine weitere Waffen im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro für ihren Abwehrkampf zugesagt. Der Pakt enthalte unter anderem die Lieferung von 36 Haubitzen aus Industriebeständen, 120 000 Schuss Artilleriemunition, zwei weitere Luftverteidigungssysteme sowie Flugkörper vom Typ Iris-T, sagt Scholz.
Doch mit der Sicherheitsvereinbarung geht man über diese weiteren Waffenlieferungen hinaus. Es ist zurückzuführen auf einen Beschluss der Staats- und Regierungschefs der Nato bei ihrem Gipfeltreffen im litauischen Vilnius im vergangenen Juli. Dort wurde vereinbart, dass alle Mitgliedstaaten bilaterale Vereinbarungen abschließen, um die Sicherheit der Ukraine langfristig zu gewährleisten. Großbritannien hat im Januar den Anfang gemacht. Die anderen Nato-Staaten sollen nun nach und nach mit ihren Zusagen folgen. Am Abend wollte auch der französische Emmanuel Macron ein Abkommen mit Selenskyj in Paris unterzeichnen.
Im Abkommen mit Deutschland ist eine Zusicherung enthalten, dass man die Ukraine so lange wie nötig mit Waffenlieferungen unterstützen wird. Scholz spricht von einem historischen Schritt. Das Dokument dürfe in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden. „Wichtig ist:
Putin hat kein einziges seiner Ziele erreicht“, sagt Scholz. Die ukrainischen Streitkräfte hätten dagegen mehr als die Hälfte der Gebiete, die Russlands Truppen besetzt hätten, befreien können. „Die Widerstandskraft der Menschen in der Ukraine ist bewundernswert.“
Für die militärische Unterstützung der Ukraine habe Deutschland 2024 rund 7,1 Milliarden Euro und 6 Milliarden Euro als Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre bereitgestellt. Insgesamt habe Deutschland für die militärische Unterstützung der Ukraine mittlerweile Leistungen und Mittel sowie Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 28 Milliarden Euro erbracht. Damit sei Deutschland der zweitgrößte militärische Unterstützer der Ukraine.
Selenskyj dankt der Bundesregierung und dem deutschen Volk für die Unterstützung seines von Russland angegriffenen Landes. Die deutsche Hilfe sei „lebenswichtig für die Ukraine, für unsere Kämpfer an der Front“, so Selenskyj. „Unser Sicherheitsabkommen ist wirklich ein präzedenzloses Dokument, das spiegelt nicht nur das Niveau der bilateralen
Beziehungen wider, sondern auch die fundamentale Rolle Deutschlands für die Wahrung der Normalität in Europa und der Welt.“
CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul begrüßt die Vereinbarung. „Es ist gut, dass sich die Bundesregierung auf eine langfristige Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine verständigt hat. Diese gibt der Ukraine nachhaltige Rückendeckung in ihrem wichtigen Kampf gegen den russischen Aggressor“, sagt Wadephul. „Wir haben immer gesagt, dass eine solche substanzielle Vereinbarung die Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion hat. Eine von uns geführte Bundesregierung wird sich daran gebunden fühlen“, so Wadephul. Zugleich unterstreicht er aber seine Forderung nach einer Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine.