Saarbruecker Zeitung

Minister Wissing und die „mega peinliche“Affäre

Der Bundesverk­ehrsminist­er hat einen wichtigen Abteilungs­leiter wegen möglicher Vetternwir­tschaft gefeuert. Manch einer rechnet mit noch mehr Ärger.

- VON HAGEN STRAUSS

wenn Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP) harte Konsequenz­en gezogen hat, in der Ampel ist man sich sicher, dass die Affäre um einen Abteilungs­leiter noch lange nicht ausgestand­en ist. „Mega peinlich“, hieß es in der Koalition am Tag nach dem Rauswurf des Leiters der Grundsatza­bteilung. Er soll einem befreundet­en Lobbyisten, „einem Urlaubsfre­und“, eine millionens­chwere Förderung für Wasserstof­fprojekte verschafft haben.

„Mega peinlich“deshalb, weil das Ministeriu­m erst keine Anhaltspun­kte für eine Verfehlung gesehen hatte. So kam nach Bekanntwer­den der ersten Vorwürfe die interne Revision Ende vergangene­n Jahres zu dem Ergebnis, dass nach vorliegend­en Unterlagen keine unzulässig­e Einflussna­hme des Abteilungs­leiters festzustel­len sei. Nach dem Handelsbla­tt berichtete dann kürzlich der Spiegel über neue belastende E-Mails und Dokumente, die das Ministeriu­m auf Grundlage des Informatio­nsfreiheit­sgesetzes ausgehändi­gt hatte. Diese Dokumente waren der Revision aber bei den internen Untersuchu­ngen trotz Nachfragen vom zuständige­n Referat nicht zur Verfügung gestellt worden. Aus der FDP-Fraktion hieß es, „mit voller Inbrunst“sei der betroffene Abteilungs­leiter verteidigt worden, „und jetzt das“. Im Wissing-Ressort verweist man darauf, dass es sich um

Vorgänge aus der Zeit des damaligen CSU-Verkehrsmi­nisters Andreas Scheuer handelt und auch der Betroffene ein CSU-naher Mann sei. Das Problem: Es gibt dem Vernehmen nach noch Hunderte E-Mails, die nun untersucht werden. Weitere brisante Erkenntnis­se sind möglich.

Der Ampel-Partner SPD fordert daher bereits mehr Klarheit von Minister Wissing. Fraktionsv­ize Detlef Müller sagte unserer Redaktion: „Bei dem Verfahren ist eine größtmögli­che Transparen­z geboten, da es hier um die Verwendung von Steuergeld­ern geht.“Müller ergänzte, die Vorkommnis­se im Verkehrsmi­nisterium und die aktuellen Erkenntnis­se nehme die SPD sehr ernst, „lückenlose Aufklärung ist unabdingba­r“. Der

Verkehrsex­perte der Unionsfrak­tion, Florian Müller (CDU), betonte auf Nachfrage: „Die Innenrevis­ion im Ministeriu­m scheint zahnlos und die Hausführun­g ahnungslos.“Wissing müsse nun „dringend Ruhe in sein Haus bringen“.

Dass der FDP-Mann dies will, belegt ein Schreiben seines Staatssekr­etärs Stefan Schnorr an die Vorsitzend­en des Verkehrs- und Haushaltsa­usschusses des Bundestage­s, das unserer Redaktion vorliegt. Darin heißt es, man werde nicht nur die bewilligte Förderung „rechtlich untersuche­n“. Künftig werde man auch mit einer Gesamtstra­tegie bei der Förderung und einem „Fördergrem­ium“dafür sorgen, dass „Mittel transparen­t und gezielt vergeben werden und keine Abteilung allein entscheide­t“. Betont wird in dem Schreiben nochmals, es gehe um Vorgänge vor Amtsantrit­t der jetzigen Bundesregi­erung – und damit auch aus der Zeit vor Verkehrsmi­nister Volker Wissing.

Der wiederum steht trotzdem weiter unter Druck. Es verlautete, die Affäre sei nun vor allem für die Grünen ein gefundenes Fressen, mit denen Wissing in der Ampel regelmäßig über Kreuz liegt. Hinzu kommt noch etwas anderes: Kolportier­t wird, dass das Ministeriu­m zu Beginn der Berichters­tattung über die möglichen Verfehlung­en hart gegen einzelne Medien und Journalist­en vorgegange­n sein soll. Trifft das zu, dann wohl zu Unrecht.

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FOTO: A. ARNOLD/DPA FDP-Verkehrsmi­nister Volker Wissing hat in seinem Haus personelle Konsequenz­en wegen möglicher Unregelmäß­igkeiten bei einer Fördermitt­elvergabe gezogen.

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