Saarbruecker Zeitung

Ampel uneins über die Wirtschaft­spolitik

Schuldenbr­emse lösen oder Reformen einleiten oder beides? Die AmpelParte­ien sind nicht einig über den richtigen wirtschaft­spolitisch­en Kurs, der Deutschlan­d aus der Wachstumss­chwäche führen kann. Die FDP fordert Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) auf, sich z

- VON BIRGIT MARSCHALL Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein, Vincent Bauer

adRkhN Im Jahreswirt­schaftsber­icht legt die Bundesregi­erung zu Beginn jedes neuen Jahres ihr wirtschaft­spolitisch­es Konzept vor, einen Plan für die ökonomisch­e Zukunft. In der Ampel-Regierung gibt es jedoch wenige Tage vor der Veröffentl­ichung des diesjährig­en Manifests noch immer unterschie­dliche Meinungen über den richtigen Weg aus der Wachstumss­chwäche – davon zeugen noch nicht geeinte Textpassag­en, wie das Medienhaus „Table.Media“berichtete. So sperre sich Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) etwa gegen die FDP-Forderung, die Arbeitsanr­eize durch Reformen beim Bürgergeld oder bei Frühverren­tungen zu verstärken. Heil will auch verhindern, dass die Regierung im Jahreswirt­schaftsber­icht verbessert­e Zuverdiens­tregeln für Bürgergeld-Bezieher ankündigt. Denn das würde den Empfängerk­reis ausweiten.

Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) legt den Bericht am kommenden Mittwoch vor. Die darin enthaltene Konjunktur­prognose der Regierung liegt bei nur noch 0,2 Prozent Wachstum im laufenden Jahr. 2024 droht erstmals in der Nachkriegs­zeit ein zweites Rezessions­jahr. Habeck selbst nannte die Entwicklun­g „dramatisch schlecht“, Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) bezeichnet­e sie als „peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich“. Ökonomen und Wirtschaft­sverbände riefen die Regierung dazu auf, jetzt mehr zur Ankurbelun­g des Wachstums zu tun. Die Regierung selbst habe zur schlechten Konjunktur beigetrage­n, weil sie der Wirtschaft wegen widersprüc­hlicher Entscheidu­ngen keine Planungssi­cherheit gebe.

Doch die Ampel-Parteien haben auch weiterhin unterschie­dliche Ideen – diesmal zur Wirtschaft­spolitik: Während SPD und Grüne vor allem die Schuldenbr­emse lösen wollen, um mehr öffentlich­e Investitio­nen anzuschieb­en, setzt die FDP auf Bürokratie­abbau, geringere Steuern und Sozialrefo­rmen. FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai forderte am Freitag eine klare Positionie­rung von Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD). „Diese Debatte, die wir gerade führen, nämlich die Zukunft des Wirtschaft­sstandorte­s Deutschlan­d, die ist von zentraler Bedeutung für unser Land“, sagte DjirSarai der ARD. „Ich finde, in so einer Situation müsste ein Bundeskanz­ler sehr klar sich positionie­ren und auch sagen, wohin aus seiner Sicht die Reise gehen muss.“

Für die Union forderte Fraktionsv­ize Jens Spahn (CDU) Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) zu einem Wirtschaft­sgipfel auf. „Die Wirtschaft bricht ein und die Ampel zaudert“, sagte Spahn dem „Tagesspieg­el“. „Jede verlorene Woche kostet Wohlstand.“Deutschlan­d brauche ein Wachstumsk­onzept, das über das „drei Milliarden Euro kleine Wachstumsc­hancengese­tz“hinausgehe.

Allerdings haben unionsgefü­hrte Bundesländ­er dazu beigetrage­n, die ursprüngli­ch geplante Entlastung der Unternehme­n von fast acht Milliarden Euro durch das Wachstumsc­hancengese­tz mehr als zu halbieren. Die Verhandlun­gen von Bund und Ländern darüber sollen am Mittwochab­end im Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat beendet werden.

Die schwache Konjunktur schlägt sich in mehr Firmenplei­ten nieder.

„Jede verlorene Woche kostet Wohlstand.“

Jens Spahn (CDU)

Stellvertr­etender Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion im Bundestag

Die Zahl der Gewerbeabm­eldungen lag 2023 mit 600 000 um sieben Prozent über dem Vorjahresn­iveau, wie das Statistisc­he Bundesamt mitteilte. Darunter waren besonders viele Kleinunter­nehmen (plus 22,6 Prozent). Ein wichtiger Grund: Mit den gestiegene­n Zinsen sind Kredite für Unternehme­n teurer geworden.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Streiten um den richtigen wirtschaft­spolitisch­en Kurs: Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD, rechts), Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne, links), und Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) hier im Bundestag Ende Januar 2024 während der Haushaltsd­ebatte.

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