Die Legende vom Geberland und Bayern-Unterstützer
Die Eigenständigkeit des Saarlandes war Thema beim Politischen Aschermittwoch. Wir unterziehen einige Aussagen dem Realitäts-Check.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat beim Politischen Aschermittwoch der CSU das Thema Länderneugliederung wieder zum Kochen gebracht. Die Debatte ist hypothetisch, weil die Hürden für Länderfusionen im Grundgesetz derart hoch sind, dass es zu einem Zusammenschluss nicht kommen wird – auch wenn laut SR-Saarlandtrend von 2023 immerhin ein knappes Drittel der Saarländer für eine Fusion wäre. Dennoch lohnt ein genauerer Blick auf die Argumente.
Markus Söder sagte über das Saarland und Bremen: „Dann sparen wir die halt auch ein. Dann wird es billiger für den Länderfinanzausgleich. Wir müssen eh mal ein bisschen sparen in Deutschland.“
Das ist eine ziemlich schlichte Argumentation. Welcher Polizist, welcher Lehrer, welcher Richter, welcher Finanzbeamte, welche Hochschule, welche Investition oder welche Klinik würden eingespart, wenn das Saarland künftig von Mainz aus regiert würde? Welche Zinszahlungen würden dadurch verschwinden?
Sparen ließe sich durch eine Fusion zweifellos beim Landtag (51 Abgeordnete plus 130 Beschäftigte in der Verwaltung) und bei der Regierung (Minister, Staatssekretäre plus 1800 Beschäftigte in den Ministerien), weil die Kosten dafür in kleinen Ländern naturgemäß überproportional hoch sind. Doch diese Zusatzkosten übernimmt im Saarland der Bund, der dafür pro Jahr 66 Millionen Euro nach Saarbrücken überweist – was der Regierung des Freistaats allerdings ebenfalls ein Dorn im Auge ist.
Mit welchen Mitteln in der Debatte zuweilen gearbeitet wird, zeigte sich 2023 in einer Regierungserklärung von Söders Finanzminister. Dieser behauptete: „Der Landkreis Ansbach ist etwa so groß wie das Saarland. Im Landkreis Ansbach gibt es vier Abgeordnete, im Saarland 51.“Die Wahrheit ist: Der Kreis Ansbach hat weniger Einwohner als der Kreis Saarlouis; die Fläche ist nicht der Maßstab für Repräsentation.
Bayern behauptet, es habe seit 1950 über 108 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich eingezahlt und als zeitweiliges Nehmerland nur drei Milliarden Euro bekommen.
Diese Zahlen stimmen mit den Daten des Bundesfinanzministeriums überein. Ebenfalls richtig ist, dass die Zahlungen Bayerns in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, von 5,9 Milliarden Euro im Jahr 2016, als eine Reform des Systems vereinbart wurde, auf 9,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr – weshalb nicht nur die CSU-Regierung, sondern zum Beispiel auch die oppositionellen Grünen Handlungsbedarf sehen; sie favorisieren aber eine Verhandlungslösung statt einer Klage.
Die Saar-Regierung weist allerdings, was ebenso richtig ist, darauf hin, dass der aktuelle Länderfinanzausgleich wesentlich von Bayern mitverhandelt, mitbeschlossen und von der Staatsregierung überschwänglich gelobt wurde. Dass mit steigenden Steuereinnahmen auch die Steuerabschläge der finanzstarken Länder in absoluten Beträgen steigen, könne nicht überraschen.
Die saarländische SPD-Landesregierung verweist gerne darauf, dass Bayern selbst 37 Jahre lang Gelder aus dem Länderfinanzausgleich bekommen habe – auch vom Saarland. Innenminister Reinhold Jost sagte beim Aschermittwoch der Saar-SPD, Bayern habe „auch aus Mitteln des Saarlandes den Arsch gewärmt und die Infrastruktur aufgebaut“bekommen und solle daher „ein Stück weit demütig sein, anstatt über die herzuziehen, die dafür gesorgt haben, dass man heute so weit ist, wie man ist“.
Richtig ist, dass Bayern von 1950 bis 1986 Nehmerland im Länderfinanzausgleich war. Falsch ist allerdings, dass das Saarland jemals in den Finanzausgleich eingezahlt hat. Die Geschichte vom kleinen Saarland, das dank hart arbeitender Bergleute und Hüttenarbeiter früher mal über den Länderfinanzausgleich das große, arme Agrarland Bayern mit aufgepäppelt hat, ist zu schön, um wahr zu sein. Die Legende hält sich in der saarländischen Politik seit Jahrzehnten, ist aber falsch. Das zeigen die Statistiken des Bundesfinanzministeriums.
Das Saarland nahm, nachdem es als jüngstes Bundesland der Bundesrepublik am 6. Juli 1959 die D-Mark eingeführt hatte, ab 1961 als Nehmerland am Länderfinanzausgleich teil. Seither sind laut den vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten jahresbezogenen Abrechnungen knapp zehn Milliarden Euro aus anderen Bundesländern an die Saar geflossen. Betrachtet man nur den Zeitraum von 1961 bis 1986, in dem Bayern und das Saarland zeitgleich Nehmerländer waren, so hat das Saarland in absoluten Zahlen etwas mehr Geld erhalten als das Freistaat.