„Olfas Töchter“– Was zwei Mädchen am Dschihad fasziniert
Der Film erzählt eine reale Geschichte – zwei junge Mädchen schließen sich dem IS an. Der für den Oscar nominierte Streifen läuft in Saarbrücken.
(wes) Wie werden Menschen zu Extremisten? Worin besteht die Verführungskraft des Dschihad? Wie können Mädchen und Frauen in einer Welt überleben, die nur Gewalt kennt? Davon erzählt der Film „Olfas Töchter“der tunesischen Regisseurin und Drehbuchautorin Kaouther Ben Hania; bekannt wurde sie 2020 mit dem oscarnominierten Spielfilm „Der Mann, der seine Haut verkaufte“. In „Olfas Töchter“greift sie die reale Geschichte der Tunesierin Olfa Hamrouni und ihrer vier Töchter auf, die 2016 Schlagzeilen machte: In den Wirren des Arabischen Frühlings hatten sich ihre Töchter Ghofrane (damals 16) und
Rahma (damals 14) dem Dschihad angeschlossen – sie verschwanden in einem Ausbildungslager des IS in Libyen. Die Mutter warf den Behörden öffentlich Untätigkeitvor.
Die Filmemacherin nähert sich der Geschichte auf ungewöhnliche Weise: „Olfas Töchter“verbindet dokumentarische Aufnahmen mit Spielszenen, wobei die Grenzen zunehmend fließen. Die Töchter Eya und Tayssir spielen sich im Film selbst, die Darstellerinnen Nour Karoui und Ichraq Matar übernehmen die Rollen von Ghofrane und Rahma, der Verschwundenen. Eya und Tayssir begegnen den Darstellerinnen sehr offen und erraten sofort, wer welche Schwester spielen wird. Die Mutter muss im dokumentarischen Teil des Films mit den Tränen kämpfen, viele alte Wunden werden aufgerissen. Olfa wird im Film-im-Film von Hend Sabri verkörpert, einem ägyptisch-tunesischen Superstar. Das hat Olfas Bereitschaft zur Mitarbeit maßgeblich beeinflusst, ist die Prominente doch das bestmögliche Sprachrohr für ihr Anliegen. Die Dreharbeiten für den Film beginnen, und die Kamera fängt abwechselnd inszenierte Szenen und die Interaktionen der Darsteller in den Pausen ein. Die Familiengeschichte beginnt mit Olfas Jugend, in der sie lernen muss, sich gegen Männer zu verteidigen. In der Hochzeitsnacht kommt es zur ersten Auseinandersetzung mit ihrem Mann; zwischen 1998 und 2005 bringt sie vier Kinder zur Welt. Immer wieder mit Gewalt und Missbrauch konfrontiert, halten die Töchter zusammen – eine Schicksalsgemeinschaft. Doch irgendwann schlagen Ghofrane und Rahma seltsame Wege ein. Der Film, eine Koproduktion von ZDF und Arte, ist für einen Oscar in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“nominiert.
„Olfas Töchter“läuft im Saarbrücker Kino Achteinhalb, im Original mit Untertiteln: Sonntag, Montag und Dienstag, jeweils um 20 Uhr.