Mutter und Sohn sanieren Gräber in Scheidt
Auf dem Scheidter Friedhof präsentierten sich 35 Gräber von Kriegsopfern in erbärmlichem Zustand. Sabine Carl-Minor und ihr Sohn Steffen haben die Gräber saniert – ehrenamtlich.
Beispielgebender kann ehrenamtliche Arbeit kaum sein: Mit viel Schweiß und Muskelkraft, eigenen Gartenwerkzeugen und ohne einen Cent Aufwandsentschädigung haben die 53-jährige Sabine Carl-Minor und ihr Sohn Steffen Carl auf dem Friedhof in Scheidt seit Sommer vergangenen Jahres 35 verwilderte Kriegsopfergräber freigelegt, sie mit Steinen eingefasst und Kerzen versehen – und sie pflegen die Gräber nun regelmäßig.
Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) hat sich kürzlich selbst vor Ort darüber informiert. Er war voll des Lobes für die beiden Ehrenamtler und spendete seitens der Stadt jetzt eine zwischen zwei weißen Birken stehende grüne Ruhebank für die sanierte Kriegsopferstätte. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ( VDK), der im Auftrag des Bundes die vielen Kriegsgräber im Ausland – nicht jedoch die im Inland – pflegt, verlieh der Saarbrückerin mit ihrem Sohn eine anlässlich des Elysée-Vertrages geschaffene Verdienstmedaille. Susanne Silkenbeumer, eine Freundin von Sabine Carl-Minor und Grundschullehrerin, hatte den VDK auf die Spur der engagierten Ehrenamtler gebracht. Der Volksbund-Verein informierte dann OB Conradt und lud ihn ein.
„Für uns ist die Pflege der Kriegsgräber eine Herzensangelegenheit“, sagen Mutter und Sohn, als sie beim Termin mit der SZ vor der Säule des Kriegerdenkmals für die Opfer des 1. und 2. Weltkriegs auf dem Scheidter Friedhof stehen und ihre Arme und Hände demonstrativ zu einem gemeinsamen Herz formen. „Mein Sohn und ich waren letzten Sommer am eigenen Familiengrab, sind dann über den Friedhof spaziert und haben die damals völlig mit Moos, Efeu, Farnen und Unkraut überwucherten Kriegsgräber gesehen, auf denen man oft nicht mal mehr die Namen lesen konnte“, erzählen sie: „Das war absolut kein schöner Anblick, und wir dachten, da haben die Opfer, die mal für unser Vaterland gekämpft haben, darunter viele ganz junge Menschen und auch eine Frau, mehr Würde verdient.“
So enstand die Idee für das Ehrenamtsprojekt, das die Saarbrückerin mit ihrem Sohn am 4. Juli vergangenen Jahres startete: „Mit Spachtel und Stahlbürsten haben wir angefangen. Haben dann, außer wenn es regnete, täglich drei bis vier Stunden gearbeitet, bis zum 17. November.“Auf eigenen Farbfotos ist die mühevolle Kleinarbeit dokumentiert, bei der Sabine Carl-Minor oft tief in die Hocke oder Tieflage gehen musste und mit ihrem Sohn, einem gelernten Maurer, die verwurzelten und schweren Grabplatten freilegte. Mit Dampfstrahler und Hochdruckreiniger wurden die 35 Grabinschriften wieder sichtbar gemacht, darunter neben den vielen Namen deutscher gefallener Soldaten auch eine Russin namens Helene ohne Geburtsdatum, aber mit Sterbetag 3.12.1944. „Viele meinen, es könnte eine Helferin vom Roten Kreuz gewesen sein, aber bestätigt ist das nicht“, sagt Carl-Minor.
Drei mit Waschbetonplatten und Rindenmulch versehene Kriegsgräberreihen hat sie mit ihrem Sohn akkurat frei- und neu angelegt – dazu eine zugewachsene kleine Treppe, die zu dem etwas tiefer gelegenen übrigen Friedhof führt, auf dem bis heute Verstorbene im Sarg oder in der Urne bestattet werden. Bei den schwierigsten Aushub- und Einebnungsarbeiten halfen den beiden Ehrenamtlern Baggerfahrer, die das Friedhofsamt Dudweiler ihnen unterstützend bereitstellte. „Wir haben uns mit ihnen und auch dem Friedhofswärter super verstanden“, betonen die beiden: „Das Friedhofsamt hat nur einen einzigen Mann hier, der für den ganzen Friedhof zuständig ist, der kann ja nicht ständig überall sein.“Ein lobender Dank von ihnen geht an die Leitung des Friedhofsamtes Dudweiler und den Bezirksbürgermeister Ralf-Peter Fritz.
Für Sabine Carl-Minor und ihren 33-jährigen Sohn Steffen geht es spätestens im März mit der ehrenamtlichen Arbeit an der Kriegsgräberstätte wieder richtig los. Gärtnerische Aufgaben gegen Unkraut, Moos und Maulwurfshügel sowie das Pflanzen von neuen Lavendelund Rosenstöcken warten dann auf sie, dazu die Reinigung und Pflege der Grab- und Wegeplatten.
Steffen Carl hat hierzu noch eine verblüffende Idee. Er meint, Hilfe für die Verlegung ganz neuer Platten, die der Kriegsgräberstätte noch mehr Glanz verleihen würden, könnte von der oft nur in einer Halle arbeitenden Ausbildungsstätte der Bauwirtschaft für Lehrlinge ausgehen. „Vielleicht kann man da ja was für Jugendliche im zweiten oder dritten Lehrjahr machen, dass die mal rauskommen zum Friedhof“, sagt Steffen. Erste Gespräche dazu will er in Kürze mit dem zuständigen Arbeitgeberverband der Bauwirtschaft führen.
Und der saarländische VDK-Landeschef Alwin Theobald lobt: „Am Beispiel der Ehrenamtler in Scheidt zeigt sich wieder einmal, was alles aus Eigeninitiativen entstehen kann. Vielleicht gibt es ja für viele andere einen Anstoß, selbst ehrenamtlich tätig zu werden.“
„Für uns ist die Pflege der Kriegsgräber eine Herzensangelegenheit.“Sabine Carl-Minor und Sohn Steffen Ehrenamtliche