Der Druck auf Tuchel wird größer
Angeschlagener Rekordmeister will beim VfL Bochum wieder in die Spur finden. Gerüchte um Mourinho und Flick.
(sid) Die Gerüchteküche brodelt intensiv. „The Special One“José Mourinho würde bereits deutsch lernen, heißt es in München. Und über die Rückkehr von „Sextuple-Coach“Hansi Flick wird beim FC Bayern angeblich auch schon gesprochen. Oder vielleicht Thomas Müller als Spielertrainer an der Seite von „Tiger“Hermann Gerland? Solche (verrückten) Spekulationen, ob realistisch oder nicht, zeigen nur eins: Die Lage beim Rekordmeister ist explosiv, die Alarmstufe längst rot.
Noch hält bei den Bayern trotz der schweren Dämpfer mit den Pleiten in Leverkusen und Rom die berühmte Wagenburg. Wie lange, wird sich zeigen. Weitere Rückschläge darf sich Trainer Thomas Tuchel aber kaum leisten. Schon am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) beim VfL Bochum, wo Außenverteidiger Neuzugang Sacha Boey mit einen großen Faserriss im linken, hinteren Oberschenkel wie auch die nächsten Wochen fehlen wird, wäre alles andere als ein Sieg verheerend. Dann müssten die Bosse um Vorstandschef Jan-Christian Dreesen ihren Plan, mit Tuchel mindestens bis Sommer weiterzumachen, wohl überdenken.
Was in der aktuellen Krise bleibt, sind die üblichen Durchhalteparolen. Tuchel kämpfe „natürlich mit der Situation, die für uns alle sehr schwierig ist. Unser Ziel ist aber, dass wir uns da gemeinsam rauskämpfen. Wir sitzen alle in einem Boot“, sagte Sportdirektor
Christoph Freund. Präsident Herbert Hainer wünscht sich derweil eine „Initialzündung, um auf dem Platz den viel zitierten Bock umzustoßen“. Aufgeben, ergänzte er bei Münchner Merkur/tz, gebe es „bei uns nicht. Der FC Bayern glaubt immer an sich, bis zur letzten Minute.“
Doch auch Hainer muss feststellen, dass im Moment „Leichtigkeit und Selbstverständnis“fehlen. Warum das so ist, weiß keiner so genau. „Wir analysieren die Situation“, betonte Routinier Müller, fügte aber auch in Richtung Medien entschlossen an: „Ihr braucht nicht erwarten, dass wir uns selbst zerfleischen.“
Hainer betonte deshalb auch, dass der in der Kritik stehende Tuchel und dessen Trainerteam „akribisch und engagiert arbeiten. Und die Mannschaft hat in dieser Saison schon gezeigt, was sie kann.“In diesem Jahr aber noch nicht. Man müsse deshalb, sagte Sky-Experte Lothar Matthäus, „vieles hinterfragen. Die Spieler sind verunsichert. Die Frage ist nur: Warum?“Seine Forderung: „Tuchel muss die Spieler hinter sich bekommen, er muss eine Mannschaft formen.“Momentan sei „kein Miteinander zu spüren“.
Auch über mögliche Abgänge von Stars im Sommer und einen Kaderumbau wird genüsslich spekuliert. Laut kicker würden die Bosse die Auftritte von Serge Gnabry, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Matthijs de Ligt und Leroy Sané genau beobachten. Außerdem werde diskutiert, ob Noussair Mazraoui, Konrad Laimer, Dayot Upamecano und Raphael Guerreiro Bayern-Format besitzen.
Die große Frage, die über allem schwebt, lautet: Wie lange geht es mit Tuchel und dem FC Bayern noch gut? Der 50-Jährige scheint zunehmend genervt von Fragen nach seiner Zukunft, aber auch ratlos über die oft leblosen Auftritte seiner Stars. Zehn Niederlagen in bisher 43 Spielen als Bayern-Trainer musste Tuchel schon hinnehmen, bei seinem Vorgänger Julian Nagelsmann waren es erst nach 84 Partien zehn Pleiten gewesen. Noch scheuen sich die Bayern aber davor, nach der Zeit mit Pep Guardiola den bereits sechsten Trainer seit 2016 zu verschleißen. Wohlgemerkt noch.
„Ihr braucht nicht erwarten, dass wir uns selbst zerfleischen.“Thomas Müller FC Bayern München