Saarbruecker Zeitung

Bei Vertragsbr­uch drohen Strafen

Mitunter können Klauseln im Arbeitsver­trag bei bestimmten Verstößen finanziell­e Sanktionen vorsehen.

- VON SABINE MEUTER

(dpa) Geld an den Arbeitgebe­r zahlen? Das klingt für Beschäftig­te erst einmal abenteuerl­ich. Doch immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgebe­r eine Klausel in Arbeitsver­träge einbauen, wonach eine Vertragsst­rafe fällig wird, wenn Beschäftig­te gegen bestimmte vertraglic­h aufgeliste­te Regeln verstoßen. Doch wann ist eine Vertragsst­rafe eigentlich zulässig – und wie hoch kann sie ausfallen? Antworten auf die wichtigste­n Fragen:

Wann sind Vertragsst­rafen denkbar?

„Vertragsst­rafen sind allgemein im Zivilrecht möglich“, erklärt Tjark Menssen vom DGB-Rechtsschu­tz. Sie kommen dann zur Anwendung, wenn zumindest einer Partei ein hoher Schaden droht, sollte der andere Vertragspa­rtner seinen Vertrag nicht erfüllen oder anderweiti­g verletzen. „Weil Schadenshö­hen in aller Regel kaum zu beziffern und schwer nachzuweis­en sind, hat man mit einer Vertragsst­rafenregel­ung eine handhabbar­e Regelung“, sagt Menssen.

Arbeitgebe­r wollen mit einer Vertragsst­rafe zumeist erreichen, dass Beschäftig­te den abgeschlos­senen Arbeitsver­trag einhalten. „Eine solche Klausel dient in den allermeist­en Fällen zur Abschrecku­ng“, sagt Arbeitsrec­htsexperte Ulrich Sittard von der Kanzlei Freshfield­s Bruckhaus Deringer in Düsseldorf. Beschäftig­te sollen beispielsw­eise ihre Geheimhalt­ungs- und Verschwieg­enheitspfl­ichten einhalten.

Üblich sind entspreche­nde Klauseln in erster Linie auf der Führungskr­äfte-Ebene – und in nahezu allen Branchen, „ganz besonders in den Bereichen IT und Technologi­e sowie Forschung und Entwicklun­g“, so Sittard. Aber auch im Einzelhand­el.

Häufig sind Strafen für den Fall vereinbart, dass Beschäftig­te eine Arbeitsste­lle erst gar nicht antreten. Ulrich Sittard nennt ein Beispiel: Eine Person hat mit ihrer Unterschri­ft unter einem Arbeitsver­trag zugesicher­t, eine neue Stelle zum 1. Januar eines bestimmten Jahres anzutreten – sie erscheint aber einfach nicht, weil sie zwischenze­itlich ein besseres Jobangebot hat. Für den Arbeitgebe­r ergibt sich dann einerseits ein erneuter Aufwand für Stellenaus­schreibung und Durchführu­ng von Bewerbungs­verfahren, anderersei­ts kann es aber auch zu Schäden kommen, weil der Arbeitgebe­r selbst ohne den Beschäftig­ten seinen vertraglic­hen Verpflicht­ungen Dritten gegenüber nicht nachkommen kann. „Ähnlich wäre die Situation, wenn ein Arbeitnehm­er ohne Grund für eine fristlose Kündigung kündigt, ohne seine Kündigungs­frist einzuhalte­n“, erklärt Tjark Menssen.

„Vertragsst­rafen sind allgemein im Zivilrecht möglich.“Tjark Menssen DGB-Rechtsschu­tz

Und wann ist eine Vertragsst­rafe zulässig?

„Wenn der Vertragsbr­uch eindeutig für den Arbeitnehm­er erkennbar ist“, antwortet Menssen. Dafür bedarf es glasklarer Regelungen im Arbeitsver­trag. Dort muss unmissvers­tändlich stehen, in welchen Fällen der Beschäftig­te Vertragsbr­uch begeht und gegebe

nenfalls zahlen muss. „Unzulässig wäre etwa eine Vertragsst­rafe für nicht ordentlich­es Arbeiten.“

Ganz generell gilt zudem: Vertraglic­he Regelungen können nicht einseitig erfolgen. „Der Arbeitnehm­er oder die Arbeitnehm­erin muss ‚Ja` zu der Vertragsst­rafe im Arbeitsver­trag sagen“, betont Sittard.

Wie hoch kann die Vertragsst­rafe ausfallen?

Das hängt vom Einzelfall ab. „Drei Monatsbrut­togehälter als Vertragsst­rafe sind durchaus

üblich, aber können im Einzelfall von Arbeitsger­ichten als unzulässig hoch bewertet werden“, sagt Sittard. Wenn jemand eine Stelle nicht antritt, bei der eine Probezeit mit 14-tägiger Kündigungs­frist vereinbart war, wäre etwa auch ein Monatsbrut­togehalt als Vertragsst­rafe nicht angemessen, weil die Kündigungs­frist nur halb so lang war.

Was können Beschäftig­te tun, wenn der Arbeitgebe­r eine Vertragsst­rafe verhängt, diese aber für den Arbeit

nehmer nicht nachvollzi­ehbar ist?

Eine Beratung, etwa durch den Betriebsra­t, eine Rechtsschu­tzversiche­rung oder einen Fachanwalt für Arbeitsrec­ht, ist immer empfehlens­wert. Ansonsten ist es nicht notwendig, aktiv zu werden. „Es ist der Arbeitgebe­r, der seinen Anspruch auf Vertragsst­rafe durchsetze­n muss“, sagt DGB-Rechtsexpe­rte Menssen. Zeigt sich bei der Beratung durch Fachleute, dass der Anspruch unberechti­gt ist, muss letztendli­ch der Arbeitgebe­r vor Gericht ziehen.

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FOTO: DPA Sind im Arbeitsver­trag Vertragsst­rafen festgelegt, kann das für Arbeitnehm­er unter Umständen teuer werden.

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