Saarbruecker Zeitung

Schul-Mitarbeite­r nach Waffenfund entlassen

Die Ermittlung­en des Staatsschu­tzes wegen mutmaßlich­er Verstöße gegen das Waffengese­tz haben nun auch personelle Konsequenz­en: Der Beschuldig­te, ein leitender Mitarbeite­r des Schulträge­rs, der der Piusbruder­schaft untersteht, muss seinen Posten räumen.

- VON LAURA WEIDIG

SAARBRÜCKE­N Seit Ende vergangene­n Jahres ermittelt der polizeilic­he Staatsschu­tz im Umfeld des Don-Bosco-Schulverei­ns. Der erzkatholi­sche Privatschu­lträger, der zu der wegen Antisemiti­smus und Kontakten zu Rechtsextr­emisten seit Jahrzehnte­n in der Kritik stehenden Piusbruder­schaft gehört, betreibt in Fechingen eine Grundschul­e, die Erweiterte Realschule Herz Jesu sowie ein angeschlos­senes Jungen-Internat.

Dort stand Anfang Februar der Staatsschu­tz vor der Tür (wir berichtete­n). Der Verdacht: Verstoß gegen das Waffengese­tz. Laut Staatsanwa­ltschaft wurden bei der Durchsuchu­ng im Internat zwei scharfe Schusswaff­en – genauer: Langwaffen – nebst Munition sichergest­ellt. Da der Beschuldig­te keine waffenrech­tliche Erlaubnis besitzt, besteht der Verdacht des unerlaubte­n Besitzes von Schusswaff­en. Die Ermittlung­en dauern an.

Aufgrund der Berichters­tattung hat sich ein PR-Berater aus Wien bei unserer Zeitung gemeldet, der nach unseren Recherchen seit Jahren mit der Öffentlich­keitsarbei­t der Piusbruder­schaft betraut ist. Die Ermittlung­en in der Affäre hätten bereits zu sofortigen personelle­n Konsequenz­en geführt, ließ der Mann wissen. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen.

„Der Schulträge­r Don-BoscoSchul­verein e. V. hat sich mit sofortiger Wirkung von einem leitenden Mitarbeite­r getrennt“, so der Österreich­er. „Vorausgega­ngen waren polizeilic­he Ermittlung­en gegen diesen

Angestellt­en.“Und nur gegen diesen, das ist dem PR-Profi wichtig.

Nachdem aus den Äußerungen des Sprechers zunächst nicht eindeutig hervorgega­ngen war, ob der Mann fristlos entlassen oder nur vorübergeh­end freigestel­lt wurde, kam mittlerwei­le die Klarstellu­ng: „Die Trennung mit dem Mitarbeite­r ist vollzogen und er ist nicht mehr – auch anderswo nicht – in Diensten des Schulträge­rs.“

Und zwar bereits seit dem Tag der Durchsuchu­ng nicht mehr, wie es heißt – „nach Rücksprach­e und im Einvernehm­en mit dem Landesjuge­ndamt“, das in diesem Zusammenha­ng seitdem auch dreimal in der Schule gewesen sei und dabei sowohl mit Priestern und Lehrern als auch mit Schülern gesprochen habe.

Der Schulträge­r legt Wert auf die Feststellu­ng, dass gegen ihn als Verein nicht ermittelt werde. In einem Dokument des Landespoli­zeipräsidi­ums, das der Saarbrücke­r Zeitung vorliegt, heißt es jedoch unmissvers­tändlich, dass es sich um Ermittlung­en – Zitat – „in Sachen Don-BoscoSchul­verein Saarbrücke­n“handele.

Der Widerspruc­h lässt sich nicht ohne Weiteres aufklären – die Polizei gibt dazu mit Verweis auf die laufenden Ermittlung­en keine Auskunft. Die fragliche Durchsuchu­ng richtete sich jedenfalls gegen die Person des konkret Beschuldig­ten, so die Staatsanwa­ltschaft: „Durchsucht wurden Räumlichke­iten im Internat.“

Der Schulverei­n Don Bosco lässt über den genannten Ombudsmann mitteilen, dass er die Aufklärung­sbemühunge­n der staatliche­n Behörden nach Kräften unterstütz­t und eng mit ihnen zusammenar­beitet. Außerdem sei eine interne Untersuchu­ng durch eine unabhängig­e Person in Auftrag gegeben worden.

Bei der Durchsuchu­ng im Internat wurden nicht nur Waffen beschlagna­hmt. Im Büro des Beschuldig­ten fand der Staatsschu­tz auch eine sogenannte Wirmer-Fahne. Das teilte die Staatsanwa­ltschaft mit.

Namensgebe­r Josef Wirmer entwickelt­e die Fahne 1944, ursprüngli­ch als neues Nationalsy­mbol aus den Reihen des Widerstand­s. Seit 2015 wird die Fahne bei Pegida-Demonstrat­ionen und Kundgebung­en extrem rechter Gruppierun­gen, von Holocaustl­eugnern sowie Reichsbürg­ern instrument­alisiert – laut Amadeu-Antonio-Stiftung, weil sie dort als Symbol gegen eine vorgeblich­e „ausländisc­he Fremdherrs­chaft“sowie für die Verteidigu­ng des „Abendlande­s“gegen den Islam verstanden wird. Strafbar ist die Verwendung der Fahne jedoch nicht.

Parallel laufen die Ermittlung­en wegen Volksverhe­tzung im Zusammenha­ng mit dem Saarbrücke­r „Marsch für das Leben“2022 weiter. Das Verfahren richtet sich gegen den Auftaktred­ner der damaligen Demo und wurde zunächst gegen unbekannt geführt. Inzwischen ist der Beschuldig­te der Staatsanwa­ltschaft jedoch namentlich bekannt. Nach Informatio­nen unserer Zeitung handelt es sich um einen ehemaligen Lehrer des Don-Bosco-Schulverei­ns.

Welche Rolle spielt der Schulverei­n bei der jährlichen Demonstrat­ion radikaler Abtreibung­sgegner in Saarbrücke­n? „Der ‚Marsch für das Leben` in Saarbrücke­n ist weder personell noch organisato­risch mit dem Schulverei­n bzw. den Fechinger Schulen verbunden“, so der Sprecher auf diese Frage hin.

Die uns vorliegend­en Informatio­nen lassen dies jedoch zumindest zweifelhaf­t erscheinen. Dass es solche Verbindung­en gibt, bestätigen Recherchen der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW): „Der Aufruf zu diesem Gebetsmars­ch erfolgt alljährlic­h durch das ‚Aktionskom­itee Christen für das Leben`, das von Beginn an auf das Engagement der Piusbruder­schaft aufbaut“, schreibt die Gewerkscha­ft in ihrer Mitglieder­zeitschrif­t.

Auch hat nicht nur der der Volksverhe­tzung verdächtig­e Auftaktred­ner eine Verbindung zum Schulträge­r – Peter F., der seit Jahren öffentlich als Organisato­r des örtlichen „Marsches für das Leben“auftritt, ist nach eigenen Angaben beim Schulverei­n Don Bosco angestellt. Als Lehrer, wie der Pressespre­cher auf Nachfrage bestätigt – „der Schulträge­r maßt sich nicht an, über die Freizeitge­staltung seiner Mitarbeite­r zu bestimmen“. Laut GEW würden die Schüler zur Teilnahme an den Gebetsmärs­chen „motiviert“. Nachfrage beim Sprecher der Bruderscha­ft. Der widerspric­ht: „Eine Teilnahme an diesem Marsch war und ist für die Schüler in keiner Weise verpflicht­end, sondern völlig freiwillig.“Darüber seien sie und ihre Erziehungs­berechtigt­en ausdrückli­ch informiert worden.

Die Gewerkscha­ft beruft sich dabei unter anderem auf Äußerungen des Internatsl­eiters Uwe Bibow. Dieser soll 2021 auf der Don-Bosco Homepage über den Marsch des Lebens Folgendes geschriebe­n haben: „Um dem zum Himmel schreiende­n Unrecht Gehör zu verleihen, für Opfer und Täter zu beten, versammelt­en sich auch in diesem Jahr, am 9. Oktober, etwa 200 Lebensschü­tzer verschiede­ner Konfession­en vor dem Tötungshau­s der Pro Familia in Saarbrücke­n. […] Im Religionsu­nterricht haben wir mit den Schülern im Vorfeld über die Dramatik und Grausamkei­t der Abtreibung­smentalitä­t gesprochen.“Der zitierte Beitrag ist inzwischen nicht mehr auf der Website abrufbar.

In der Summe scheint die Behauptung, der Schulträge­r habe mit den Demonstrat­ionen nichts zu tun, wenig tragfähig. Dass die Einrichtun­gen der Piusbruder­schaft in Fechingen nach geltender Rechtslage dennoch staatlich gefördert werden, ist der Gewerkscha­ft ein Dorn im Auge. Sie strebt eine Änderung des Privatschu­lgesetzes an – mit dem Ziel, dem erzkatholi­schen Schulträge­r den Zugang zu öffentlich­en Mitteln zu verwehren. Laut Bildungsmi­nisterium erhielten die Schulen im Jahr 2023 insgesamt 660 000 Euro.

Dabei gehe es nicht generell um Privatschu­len, betont die GEW ausdrückli­ch. Schließlic­h gebe es auch dort viele positive Beispiele – „es geht darum, extremisti­sche Haltungen bei Schulträge­rn und den entspreche­nden Einfluss auf Bildung und Erziehung der ihnen anvertraut­en Kinder und Jugendlich­en zu überprüfen, und inwiefern Menschenre­chte und demokratis­che Grundhaltu­ngen vermittelt und gewahrt werden.“

Die zuständige­n Behörden halten sich in der Frage bedeckt. Das Landesjuge­ndamt hat auf unsere Anfrage von vor zwei Wochen bislang nicht reagiert. Das Bildungsmi­nisterium gibt an, unmittelba­r vor Aufnahme der Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft informiert worden zu sein. Da die Durchsuchu­ngen aber nicht die private Grundschul­e St. Arnual oder die private Erweiterte Realschule Herz Jesu, sondern das Internat betrafen, sei man nicht zuständig.

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FOTO: BECKERBRED­EL Das Internat des Don-Bosco-Schulverei­ns befindet sich in der Hasenbergs­chule in Fechingen.

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