Saarbruecker Zeitung

Starker deutscher Film und Promi-Schaulaufe­n

Seit Donnerstag läuft die Berlinale: Einige Favoriten sind schon im Gespräch. Stars wie Gael García Bernal hatten ihren großen Auftritt. Und Regisseur Andreas Dresen möchte weniger über Politik reden.

- VON SABRINA SZAMEITAT, PETER CLAUS UND LISA FORSTER

BERLIN (dpa) Schon vor ihrer Ankunft in Berlin machte Hollywoods­tar Kristen Stewart Schlagzeil­en. Für ihren neuen Film – ein hitziger Thriller über zwei Frauen in der Bodybuildi­ng-Szene – geht die 33-Jährige mit einer intimen Geschichte für das Magazin „Rolling Stone“viral. Auf dem Cover ist sie halb nackt vor Trainingsg­ewichten zu sehen, im Interview spricht sie über Drogen, ihre Verlobte, Kinder und ihre „Twilight“-Erfahrunge­n. Am Sonntagabe­nd wollte Stewart den Film, der das Ganze ausgelöst hat, bei der Berlinale vorstellen: „Love Lies Bleeding“.

Stewart ist einer der großen Stars der Berlinale. Die ersten Promis hatten schon ihren großen Auftritt: Gael García Bernal („Babel“), Rooney Mara („Verblendun­g“) und „Oppenheime­r“-Star Cillian Murphy. Sie sind auch in Wettbewerb­sbeiträgen vertreten. Einige Tage nach dem Berlinale-Start sind bereits erste Favoriten im Gespräch.

Dazu gehört Andreas Dresens neuer Film „In Liebe, Eure Hilde“ über den Widerstand gegen das NSRegime. Liv Lisa Fries, bekannt aus „Babylon Berlin“, verkörpert eindrucksv­oll die junge Widerstand­skämpferin Hilde Coppi. Gut möglich, dass sie für ihre Leistung ausgezeich­net wird. Nach der Premiere des rund zweistündi­gen Dramas am Samstag kam neben dem Filmteam auch der Sohn von Hilde Coppi, Hans Coppi Jr. (81), auf die Bühne, den das Publikum mit Ovationen empfing. Er wurde im Gefängnis geboren, kurz bevor seine Mutter 1943 von den Nazis hingericht­et wurde.

Doch Fries hat große Konkurrenz. Hoch im Kurs ist auch Lily Farhadpour, die in der iranischen Tragikomöd­ie „Keyke mahboobe man“(„My Favourite Cake“) die Hauptrolle spielt: Eine 70-jährige Witwe, die in Teheran ihr Liebeslebe­n wiederentd­ecken möchte. Ihre Geschichte beeindruck­t und berührt zugleich als Bild einer Gesellscha­ft, in der Frauen permanent unterdrück­t werden. Das iranische Regie-Duo Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha war von iranischen Behörden an der Ausreise nach Berlin gehindert worden.

Nach der Premiere wurde Farhadpour im Grand Hyatt Hotel, dem Ort aller Film-Pressekonf­erenzen, auf einem Gang von einer Traube begeistert­er Zuschauer umkreist. Ein Mann stürmte auf sie zu, um ihr einen Handkuss zu geben und sie für ihre „großartige Leistung“zu beglückwün­schen.

Für viel Gesprächss­toff sorgte auch die skurrile US-amerikanis­che Satire „A Different Man“von Aaron Schimberg. Im Zentrum steht der Schauspiel­er Edward (Sebastian Stan). Sein Gesicht ist nach Krankheite­n vernarbt und verbeult. Durch ein medizinisc­hes Experiment verwandelt er sich in einen attraktive­n Mann. Was sein Leben allerdings nicht einfacher, sondern komplizier­ter macht: Sein Traumgesic­ht beschert ihm einen Albtraum. Der Film baut vor allem auf bissigüber­spitzten Humor. Der britische Schauspiel­er Adam Pearson spielt mit, der eine seltene Gesichtsde­formation hat: Er hat Neurofibro­matose, die durch Mutationen bestimmter Gene verursacht wird. Sein Äußeres ist auch Thema im Film.

Obwohl es die Sektion „Perspektiv­e Deutsches Kino“nicht mehr gibt, sind deutsche Filmschaff­ende mit großen Produktion­en auch außerhalb des Wettbewerb­s stark vertreten. Zum Beispiel Julia von Heinz mit „Treasure“- ihre erste internatio­nale Produktion, für die sie Lena Dunham und Stephen Fry gewinnen konnte. Dunham spielt eine Musikjourn­alistin, die mit ihrem Vater, einem Holocaust-Überlebend­en, eine Rundreise durch dessen Heimatland Polen macht. Der Film lief in einer Special Gala – genauso wie der Horrorfilm „Cuckoo“von Tilman Singer mit „Euphoria“-Star Hunter Schafer in der Hauptrolle. Im Panorama zeigte „Systemspre­nger“-Regisseuri­n Nora Fingscheid­t ihr mit Saoirse Ronan („Lady Bird“) starbesetz­tes Drama „The Outrun“.

Eine weitere mit Spannung erwartete Premiere stand am Sonntagabe­nd auf dem Programm: „Sterben“von Matthias Glasner, der zweite Wettbewerb­sfilm eines deutschen Regisseurs. Die dreistündi­ge Tragödie um eine zerrüttete Familie glänzt mit Schauspiel­prominenz: Corinna Harfouch, Lars Eidinger, Lilith Stangenber­g und Ronald Zehrfeld.

Überlagert wurden die Filmfestsp­iele Berlin bei der Eröffnung von politische­n Debatten, vor allem wegen der Ein- und Ausladung von

AfD-Politikern. Am roten Teppich protestier­ten am Samstagabe­nd Filmschaff­ende unter anderem gegen Rechtsextr­emismus. „Man sagt immer: Die Berlinale ist ein politische­s Festival“, sagte Regisseur Dresen am Wochenende. „Wir müssen langsam aufpassen, dass es nicht ein Festival der Politik wird und es auch noch ein bisschen um Filme geht.“Mit schon einigen starken Beiträgen und glamouröse­n Star-Auftritten ist dies der Berlinale gelungen.

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FOTO: FREDERIC BATIER/PANDORA FILM/BERLINALE/DPA Liv Lisa Fries als Widerstand­skämpferin Hilde Coppi und Johannes Hegemann als Hans Coppi in einer Szene des Films „In Liebe, Eure Hilde“. Er geht bei der Berlinale ins Rennen um einen Goldenen Bären.
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FOTO: JENS KALAENE/DPA US-Schauspiel­erin Kristen Stewart gehört zu den Stars des Filmfestiv­als Berlinale.

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