„In Saarbrücken wird niemand vergessen“
In der Neuen Halle auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof gab es jetzt zum zweiten Mal eine Gedenkfeier für Verstorbene, für die sonst niemand eine Feier ausgerichtet hätte. Menschen, die ohne Angehörige, Freunde und Bekannte gestorben sind.
SAARBRÜCKEN Regen trommelt leise auf das Dach der neuen Einsegnungshalle auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof.
Das Innere der Halle ist geschmückt mit Kränzen und weißen Kerzen. Deren Flammen tauchen den Altar und seine Umgebung in ein weiches Licht. Die Bänke vor dem Altar sind fast voll: Rund dreißig Menschen sind gekommen, um 27 Verstorbener zu gedenken. Diese Männer und Frauen sind im Jahr 2023 in Saarbrücken „unbedacht verstorben“: Das heißt, sie sind meist einsam gestorben, ohne Angehörige, Freunde, Bekannte. Um ihre Bestattung musste sich die Stadtverwaltung kümmern. Die Urnen dieser Menschen finden Platz im Waldgemeinschaftsgrab, wo auch „bedacht“Verstorbene beigesetzt werden.
Die Gedenkfeier, zu der die Stadt Saarbrücken eingeladen hat, findet an diesem Abend bereits zum zweiten Mal statt. Die große Anteilnahme im vergangenen Jahr hatte die Veranstalter darin bestärkt, sie erneut auszurichten.
Möglich ist sie dank der Unterstützung vom Bestatterverband Saarland, des Evangelischen Kirchenkreises Saar-West, des Pastoralen Raums Saarbrücken der Katholiken, der Saarbrücker Wärmestube und der städtischen Musikschule. Die Saarbrücker Bürgermeisterin Barbara Meyer begrüßt die Trauergäste. Tenor des Abends: In unserer Stadt wird niemand vergessen. Anschließend spricht Christian Duchene, der erste Vorsitzende des Bestatterverbands Saarland: „Ich bin froh, hier zu sein – und zwar nicht nur in meiner Rolle als Vorsitzender, sondern vor allem als Mensch.“Denn: „Die Würde des Menschen endet nicht mit dem letzten Atemzug.“Die Gedenkfeier macht deutlich: Die Menschen, von denen man sich hier verabschiedet, hatten bewegende Lebenswege – und sie haben genau wie andere für schöne Momente bei ihren Mitmenschen gesorgt.
Freundliche Musik trägt durch die Gedenkfeier und sorgt für sanfte Übergänge. Nach jeder Ansprache verliest der Redner die Namen von Verstorbenen. Für jede Person wird eine Kerze angezündet.
Diakon Gerd Fehrenbach und Superintendent Christian Weyer verlesen gemeinsam Psalm 31. Darin geht es viel um Gottvertrauen und um den Herrn als sichere Zuflucht in schwierigen Zeiten: „In Kummer schwindet mein Leben dahin, / meine Jahre verrinnen im Seufzen.“Diese Worte mögen die Lage vieler Menschen beschreiben, die zum Zeitpunkt ihres Todes alleine waren.
So erging es zum Beispiel den Obdachlosen Marc und Helga. Von ihnen spricht der Geschäftsführer der Saarbrücker Wärmestube, Hermann Schell, im Anschluss: „Ich kannte Marc jahrelang und habe erst kürzlich erfahren, dass er Vater war. Es schmerzte ihn sehr, dass er keinen Kontakt zu seinem Sohn hatte.“Helga wiederum verbrachte ihre letzten Jahre hauptsächlich vor der Saarbrücker Hauptpost: „Unsere Bemühungen, sie von der Straße zu holen, scheiterten leider.“Es sind oft Obdachlose, die einsam sterben. Aber auch psychisch kranke oder drogenabhängige Menschen, junge wie ältere, die am Ende ihres Lebens keine oder kaum soziale Kontakte mehr hatten. Von manchen Menschen, die an diesem Abend bedacht werden, ist nicht mehr als der Name bekannt. Die Gedenkfeier endet draußen – vor dem anonymen Grabmal auf dem Hauptfriedhof. Ausnahmslos alle versammeln sich unter Regenschirmen in der Dunkelheit. Ein letzter Vers wird verlesen. Zwei Männer schirmen den Geistlichen vor dem Regen ab, seine Bibel wird mit Taschenlampen beleuchtet. Damit endet die Feier vor dem Findling. Inschrift des Gedenksteins: „Das Schönste, was ein Mensch hinterlassen kann, ist ein Lächeln im Gesicht derjenigen, die an ihn denken.“